Murat Yakin nach dem Ende in Moskau
Jetzt ist er zurück in der Schweiz

Nach dem Aus in Moskau erzählt Murat Yakin im BLICK exklusiv von seinen Erfahrungen in Moskau, nennt Gründe für das Aus und lässt erste Einblicke in seine Rolle als Vater eines Töchterchen gewähren.
Publiziert: 11.06.2015 um 19:23 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:50 Uhr
Von Sandro Inguscio, Michel Wettstein (Text) und Toto Marti (Foto)

BLICK: Nach einem Jahr sind Sie zurück aus Moskau. Bringen Sie uns die russische Mentalität mit einer Anekdote auf den Punkt.
Murat Yakin (40):
Wir sind beim Abendessen. Da fährt ein Luxusauto beim Restaurant vor. Ein schwarzer Van davor, zwei dahinter. Wie in den James-Bond-Filmen. Plötzlich steigen mehrere Bodyguards aus und sichern die Umgebung. Erst dann steigt der Typ aus seinem Boliden aus und lässt sich in das Restaurant eskortieren. Alle fragen sich, wer das wohl sein wird. Es stellte sich heraus, dass der Typ überhaupt nicht berühmt ist. Alles war nur Show. Das ist typisch: Der Reichtum wird in Russland zelebriert. Das sind Dinge, die wir in der Schweiz von unserer Erziehung her überhaupt nicht kennen.

Jetzt ist das Abenteuer schon wieder vorbei. Sind Sie gescheitert?
Ob ich gescheitert bin oder nicht, müssen andere bewerten. Das ist Ansichtssache. Für mich fühlt es sich definitiv nicht so an. Spartak war eine sehr positive Erfahrung.

Was sind dann die Gründe für das verfrühte Aus?
Es gab viele Einflüsse. Zum Beispiel externe, wie die Wirtschaftskrise. Aber auch interne, unerwartete Ereignisse. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass sich der Präsident zurückzieht. Sein Rückzug führte dazu, dass auch der Vertrag des General-Managers nicht verlängert wurde. Für mich ein klares Zeichen, dass sich der Verein neu organisieren möchte.

Sind Sie also nur Ihrer Entlassung zuvorgekommen?
Der Totomat sprach zwar tatsächlich nicht für mich, aber zuletzt haben sich viele Kleinigkeiten kurzfristig geändert. Die Unruhen waren nach dem angekündigten Abgang des Präsidenten zu gross. Ich habe erkannt, dass sich der Verein neu ausrichten will. In einer solchen Situation kann man warten, bis es zum Knall kommt oder man bespricht die Zukunft proaktiv.

Im Winter wurden Ihnen Neuzugänge versprochen, stattdessen wurde Ihr Kader ausgedünnt. Hat man Sie veräppelt?
Es war sicher nicht glücklich, dass die Mannschaft an Qualität verloren hat. Aber jammern bringt auch nichts. Man kann Tage damit verlieren, sich mit der Klubführung zu bekriegen, oder man versucht, mit dem, was einem zur Verfügung steht, das Beste herauszuholen.

Ein armenischer Spieler warf Ihnen vor, er spiele nicht, weil Sie Türke seien. Ein happiger Vorwurf!
Diese Geschichte mit den Rassismus-Vorwürfen hat mich total überrumpelt. Ich bin kein Sensibelchen, aber das hat mich persönlich sehr getroffen. Dieser erfundene Vorfall war absolut unnötig.

Was hat Sie am meisten beeindruckt?
Dass viele Vorurteile gegenüber dem russischen Volk nicht stimmen. Die Menschen sind sehr offen. Ich wurde schnell integriert und nicht nur als ausländischer Trainer betrachtet. Das hatte ich mir viel schwieriger vorgestellt.

Sie haben gesagt, dass Sie eine Pause einlegen wollen. Fühlen Sie sich ausgebrannt?
Überhaupt nicht. Man muss sich im Leben doch auch einmal Zeit nehmen, um seine Gedanken zu ordnen. Ich fahre jetzt erst mal in die Ferien und lasse alles Erlebte auf mich wirken.

Wie sieht Ihr Alltag jetzt aus? Ihr Töchterchen wird sich freuen, dass Sie jetzt mehr da sein werden.
Sagen wir es in der Fussball-Sprache: Ich kann weder bestätigen noch dementieren, dass sie sich freut, mich mehr zu sehen. Sie kann ja noch nicht sprechen (lacht). Aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich mich extrem auf sie freue und es geniesse, sie täglich zu erleben.

Wie geht es ihr?
Super, es läuft alles so, wie es soll. Sie entwickelt sich prächtig. Ich muss allerdings darauf achten, dass ich vom Schieben des Kinderwagens keine Muskel-Beschwerden kriege.

Was würde Sie reizen? Wieder ein Trainerposten im Ausland oder gibt es auch einen Schweizer Klub, den Sie gern coachen würden?
Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Im Moment habe ich andere Sorgen. Wenn Sie wüssten, was man alles mitschleppen muss, wenn man mit einem Kleinkind in die Ferien fährt, dann wüssten Sie, dass ich diese Tage genug um die Ohren habe.

Ist YB für Sie ein Thema?
Alles, was ich jetzt sage, kann falsch interpretiert werden. Ich traue YB vieles zu und bin überzeugt, dass sie nächste Saison eine wichtige Rolle in der Meisterschaft übernehmen können.

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