«Hörst Du, wo ich bin?», fragt Ex-Thun-, GC- und Köln-Trainer Hanspeter Latour (72). Und man kann sich gut vorstellen, wie der Berner sein Handy vom Ohr nimmt, um damit näher an die Geräuschquelle zu gelangen. «Jetzt? Hast Du’s gehört? Ich bin an einem Bergbach.» Latour in der Natur, Latour in seinem Element. «Soeben gelangen mir wunderschöne Aufnahmen von einem Trauermantel!»
Auf Spaziergängen mit seinem Vater Mitte des letzten Jahrhunderts lernte Klein Latour unter anderem Feldlerche oder Trauermantel kennen. Auf Rundgängen mit seinen drei Enkelkindern Annette (7), Alexandre (4)und Louna (3) könne er den Vogel und den Schmetterling heute kaum mehr zeigen. Beide Tierarten sind stark vom Aussterben bedroht – nur zwei von vielen Zeichen für den Rückgang der Biodiversität.
Deshalb hat Natur-Liebhaber Latour in den letzten vier Jahren sein drittes Buch geschrieben. Titel: «Natur mit Latour». Die Corona-Pandemie machte ihm jedoch einen Strich durch die Rechnung: Buchhandlungen waren zu, Vernissagen nicht möglich.
Erst auf Seite 281 kommt der Kult-Trainer im reich bebilderten Buch erstmals auf den Fussball zu sprechen. In die «Felsenschwalbe von Leukerbad» erzählt Latour nochmals, wie er 1997 als Assistenztrainer von Christian Gross bei GC im Trainingslager in Leukerbad VS die vier «Latinos» Kubi Türkyilmaz, Nestor Subiat, Tony Esposito und Viorel Moldowan überzeugte, die 600 Höhenmeter auf den Gemmipass unter die Füsse zu nehmen. Nati-Stürmer Subiat, gebürtiger Argentinier, glaubte dabei am Wegesrand ein Edelweiss entdeckt zu haben. Es handelte sich jedoch um eine Silberdistel. Für Latour ein Steilpass in Sachen Motivationskünste. Er zeigte Richtung Gemmi-Pass und sagte Subiat: «Nein, Edelweiss gibt’s erst dort oben auf der Passhöhe.»
Auf Seite 332 fällt ein besonderer Schnappschuss mit der Bild-Legende «Rauchschwalbennest mit Internet-Anschluss!» auf. In der Scheune von Schwinger Thomas Sempach (vierfacher Eidgenosse mit über 100 Kränzen), den er seit Jahren als Mental-Coach betreut, fand Latour ein Rauchschwalbennest gleich neben einem WLAN-Anschluss.
Wann war Latour letztmals an einem Fussball-Spiel? «2015, beim ersten Länderspiel in Thun. Der SFV dachte, da gehöre ich doch auch dazu und lud mich und meine Frau ein.»