SonntagsBLICK: Gökhan, nächste Woche kommt das Nati-Aufgebot. Würden Sie sich aufbieten?
Gökhan Inler: Ja. Auf jeden Fall.
Verstehen Sie, wenn Trainer Vladimir Petkovic auf Sie verzichtet?
Klar, der Trainer entscheidet. Ich bin der Captain der Mannschaft und will meine Mitspieler und mein Heimatland nicht im Stich lassen. Viele Nati-Kollegen haben mich per SMS aufgemuntert.
Aber man kann zwei Meinungen haben zu diesem Thema. Die eine ist: Ich setze auf den Captain wegen seiner Verdienste und seiner Erfahrung. Oder ich verzichte auf ihn, wenn er ein halbes Jahr nicht spielt.
Ja, das kann man so sehen. Man kann beide Seiten sehen. Sicher ist, dass ich mich für die Schweiz immer voll eingesetzt habe.
Sie hätten auch für die Türkei spielen können.
Korrekt. Aber ich habe bis jetzt 89 Länderspiele für die Schweiz gemacht. Das Land hat mir viel gegeben, und ich bin der Nation noch vieles schuldig. Für mich ist noch nicht Feierabend, ich will die Nati noch lange anführen.
Bis nach der WM 2018, sagen Sie. Realistisch gesehen machen Sie bis Sommer kein Spiel mehr.
Meine Situation ist jetzt leider so nach 12 Jahren, in denen ich praktisch immer konstant gespielt habe. Vielleicht brauche ich das mal, dass ich mich wieder – wie zu meinen Anfängen – richtig durchbeissen muss. Und mein Glück könnte sein: Ich kann noch vier Länderspiele über 90 Minuten spielen bis zum Albanien-Match.
Spielen Sie bei Leicester nicht mehr, weil Sie mit Hamburg und Schalke verhandelten?
Ich wollte das Projekt Leicester nicht schon nach sechs Monaten abbrechen. Hier entsteht etwas Grosses. Ich wollte den Weg gehen, auch wenn er sehr hart ist.
Schalke-Trainer Breitenreiter unterstellte Ihnen andere Motive. Er sagte: «Wenn ich zur EM will, verzichte ich auch mal auf Geld.»
Darum gings überhaupt nicht. Sonst hätte ich ja nach China wechseln können. Im Fussball geht es sehr schnell, und in der nächsten Saison kann wieder alles anders aussehen.
Weil Leicester in der Champions League spielt und rotieren wird. Aber vielleicht haben Sie bis dann die EM verpasst.
Ja vielleicht, darum nervt mich die Situation im Moment ja schon, aber ich bin zuversichtlich, dass ich dabei sein werde.
Englische Zeitungen schrieben von Problemen zwischen Ihnen und Trainer Claudio Ranieri.
Das ist totaler Quatsch. Da wurde ein einziger Schweizer Zeitungsartikel von einigen Boulevardblättern völlig falsch übersetzt.
Zuletzt besuchte Sie Vladimir Petkovic. Hat er Ihnen eine EM-Garantie gegeben?
Das war kein Thema. Er sagte mir, man müsse meine Situation auch nicht dramatisieren. Ich solle positiv bleiben.
Über was redeten Sie sonst?
Über die Spiele im März, die Vorbereitung im Mai. Als Captain ist man das Bindeglied zwischen Trainer und Team. Für mich ist das normal, wir haben viel Kontakt.
Klingt, als werde er Sie aufbieten.
Ich bin bereit. In guten wie in schlechten Zeiten.