Der Vorabdruck der Autobiografie von Köbi Kuhn (75), welchen BLICK veröffentlicht hat, schockiert die Schweiz. Er sei als Kind von einem Fussballerkollegen missbraucht worden, berichtet der Ex-Nati-Trainer. Köbi National beschreibt, wie sich ein älterer Kollege mit ihm angefreundet habe, als er erstmals einem Klub beigetreten sei. «Als wir allein waren, hat er mich benutzt, um sich selbst zu befriedigen, und mich gezwungen mitzumachen.» Jahrzehntelang habe er aus Furcht und Scham geschwiegen, bis er 2016 seiner heutigen Frau Jadwiga vom traumatischen Erlebnis erzählt habe.
Er habe nun endlich allen Mut aufgebracht und sich zusammen mit Jadwiga mit den Klubverantwortlichen getroffen. «Man hat mich abgekanzelt, hinterfragt, warum ich erst nach all den Jahren komme», schreibt der ehemalige Fussball-Star.
«Mir ist nie etwas zu Ohren gekommen»
BLICK fragt bei Köbis erstem Verein, dem FC Wiedikon, nach, möchte wissen, warum man Köbi abgekanzelt habe. Präsident Roger Ansorg zeigt sich erstaunt: «Ich habe aus dem BLICK von der Geschichte erfahren und war schockiert. Ich habe mit Köbi in den letzten Jahren ein paar Mal gesprochen. Doch es ist beim Small Talk geblieben. Mir gegenüber hat er nie etwas von diesem Missbrauch erwähnt, und mir ist von anderen Vereinsmitgliedern auch nie etwas zu Ohren gekommen.»
Ansorg verweist an Junioren-Obmann Peter Spahni, das langjährige Klubmitglied ist damals nur wenige Jahre nach Kuhn zum FC Wiedikon gestossen. Und tatsächlich kann Spahni weiterhelfen. Köbi und Jadwiga hätten ihn vor drei Jahren um ein Treffen gebeten, erzählt er. Weil er annimmt, dass die beiden Informationen über Köbis erste Karriere-Schritte sammeln wollen, nimmt Spahni Köbis ehemaligen Mitspieler Peter Schumacher mit.
Spahni: «Bei diesem Treffen haben uns Köbi und Jadwiga dann aber erzählt, dass Köbi als Junior missbraucht worden sei. Wir waren schockiert!» Den Vorwurf, man habe Köbi abgekanzelt, will er aber nicht stehen lassen. Spahni: «Köbi konnte sich nicht mehr an den Namen des älteren Jungen erinnern.» Aufgrund seiner Erzählungen sei man zur Überzeugung gelangt, dass es sich um Hans* handeln müsse, so Spahni.
«Zudem waren wir damals anhand von Köbis Ausführungen nicht wirklich sicher, ob der Missbrauch beim FC Wiedikon passiert ist oder bereits in der Zeit davor, als Köbi noch ausschliesslich im Quartier auf der Fritschiwiese kickte.» Damals durften Buben erst mit zwölf einem Fussballklub beitreten. Für Klein Köbi gabs eine Extrabewilligung, er wurde bereits mit elf aufgenommen, da er derart talentiert war.
Kuhn will sensibilisieren
Spahni sagt, er und Schumacher hätten Köbi und Jadwiga geraten, Hans, der nur zwei Jahre älter als Köbi ist, aufzusuchen und mit diesem zu reden. «Ob sie sich aber wirklich mit ihm getroffen haben, weiss ich nicht. Seither habe ich nie mehr etwas über diese Angelegenheit gehört, bis ich am Dienstag den BLICK aufgeschlagen habe. Ich war schon ziemlich erstaunt, als ich es gelesen habe.»
Köbi Kuhn will mit seiner Beichte aufrütteln, für das Thema «Sexueller Missbrauch in Vereinen» sensibilisieren. Sein Fall ist strafrechtlich nicht mehr relevant, weil verjährt. Dass Hans noch immer beim FC Wiedikon ehrenamtlich in der Jugendarbeit engagiert sei, wie Köbi schreibt, stimme allerdings nicht, sagt Spahni: «Dieser Mann arbeitet schon viele Jahre nicht mehr im Klub.»
* Name von der Redaktion geändert
Kurt Grünig (75): «Nein, Köbi hat mit mir nie über diesen Fall gesprochen. Er war seit jeher eher ein verschlossener Typ. Und: Wenn man wirklich weiss, dass der von Köbi beschuldigte ehemalige Mitspieler jetzt immer noch im Juniorenbereich arbeitet, müsste dieser sofort entlassen werden.»
Kurt Grünig spielte mit Köbi Kuhn beim FC Zürich (von 1969 bis 72) und in der Nati.
Hermann Burgermeister (71): «Was soll ich nur dazu sagen? Als Masseur habe ich viele Dinge von den Fussballern erfahren, auch private. Köbi hat jedoch nie etwas in diese Richtung gesagt oder auch nur angedeutet. Es war sicher nicht angenehm für Köbi, diese Erfahrung jahrzehntelang mit sich herumzutragen, das hat ihn sicher sehr belastet. Nun konnte er endlich darüber reden, das war sicher nicht einfach. Aber ich kann mir vorstellen, dass es eine grosse Befreiung für ihn ist.»
Hermann Burgermeister arbeitete 42 Jahre (von 1975 bis 2017) beim FCZ, erst als Masseur, dann als Materialchef.
Kurt Grünig (75): «Nein, Köbi hat mit mir nie über diesen Fall gesprochen. Er war seit jeher eher ein verschlossener Typ. Und: Wenn man wirklich weiss, dass der von Köbi beschuldigte ehemalige Mitspieler jetzt immer noch im Juniorenbereich arbeitet, müsste dieser sofort entlassen werden.»
Kurt Grünig spielte mit Köbi Kuhn beim FC Zürich (von 1969 bis 72) und in der Nati.
Hermann Burgermeister (71): «Was soll ich nur dazu sagen? Als Masseur habe ich viele Dinge von den Fussballern erfahren, auch private. Köbi hat jedoch nie etwas in diese Richtung gesagt oder auch nur angedeutet. Es war sicher nicht angenehm für Köbi, diese Erfahrung jahrzehntelang mit sich herumzutragen, das hat ihn sicher sehr belastet. Nun konnte er endlich darüber reden, das war sicher nicht einfach. Aber ich kann mir vorstellen, dass es eine grosse Befreiung für ihn ist.»
Hermann Burgermeister arbeitete 42 Jahre (von 1975 bis 2017) beim FCZ, erst als Masseur, dann als Materialchef.