Interview mit YB-Trainer Adi Hütter
«Wir sind nicht das Häschen vor der Schlange!»

Adi Hütter (46) über Guillaume Hoarau, Hütter-Fussball, David Alaba und Kritik an Ösi-Trainer Marcel Koller.
Publiziert: 03.07.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 09:30 Uhr
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Adi Hütter geht unbeirrt seinen Weg. Seit er bei YB das Sagen hat, holte der FC Basel nur 2 Punkte mehr.
Foto: Keystone
Interview: Stefan Kreis

Adi Hütter, unter Ihnen hat YB nur zwei Punkte weniger geholt als der FC Basel in dieser Zeit. Wären Sie Meister geworden, wenn Sie von Saisonbeginn an Trainergewesen wären?
Adi Hütter:
Das ist hypothetisch. Wenn der Saisonstart anders verlaufen wäre, wäre ich nicht Trainer bei YB geworden. Am meisten geschmerzt hat der Mannschaft die Verletzung von Guillaume Hoarau. Er hatte praktisch während der gesamten Vorrunde mit Adduktorenproblemen zu kämpfen.

Ist Hoarau Ihr wichtigster Mann?
Alle sind wichtig, aber natürlich ist Gui mit seiner Erfahrung und seiner Persönlichkeit sehr, sehr wertvoll. Auch weil er verletzungsfrei blieb, ist die Maschinerie ins Laufen gekommen. Wir haben eine tolle Rückrunde gespielt und sind verdient Zweiter geworden, was ja auch unser Ziel war.

In der kommenden Saison lautet die Zielsetzung aber der Meistertitel, oder?
Es ist noch zu früh, um über Zielsetzungen zu sprechen. Wir konzentrieren uns auf die Vorbereitung. Sobald die Mannschaft steht, werden wir unsere Ziele kommunizieren.

In der Champions-League-Quali warten bereits in der 1. Runde harte Brocken wie Donezk, Ajax, Fenerbahce, Anderlecht oder Sparta Prag. Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein?
Ich möchte uns nicht kleinerreden, als wir sind. Wir sind nicht das kleine Häschen vor der Schlange, sondern wollen ein Aussenseiter mit Ambitionen sein. Wir werden unsere Chancen bekommen. Diese müssen wir nutzen, dann liegt etwas drin.

Der FC Basel hingegen ist direkt qualifiziert, kassiert 20 Millionen Antrittsgage. Stört es Sie, dass die Basler immer reicher werden? Dass die Schere immer weiter aufgeht?
Da kann man nur gratulieren. Die Basler haben ihre finanziellen Möglichkeiten, wir haben unsere. Wir müssen erst dort hinkommen, wo Basel ist.

Für Breel Embolo kassierten die Basler knapp 30 Millionen. Sind solche Transfers bei YB realistisch?
Auch wir haben junge Spieler, die eine grosse Zukunft vor sich haben. Aber die Dimensionen des Embolo-Transfers sind natürlich gigantisch.

Basel hat Seydou Doumbia verpflichtet. Wie beurteilen Sie diesen Transfer?
Ich bin nicht hier, um über den FCB zu diskutieren. Da bin ich der falsche Ansprechpartner. Natürlich ist es ein Unterschied, ob ich einen Spieler für zehn Millionen oder für eine Million holen kann.

YB hat mit Michael Frey einen Stürmer geholt, der in Bern zur Identifikationsfigur werden kann. Wie wichtig sind solche Spieler, die bereits als Junioren beim Verein waren?
Identität ist etwas vom Zentralsten. Damit meine ich aber auch, dass sich ein Spieler mit einer Spielweise identifizieren kann, dass er ins System passt.

Was stellen Sie sich unter perfektem Hütter-Fussball vor?
Wir wollen begeisternden, attraktiven Fussball spielen. Egal, gegen wen. Wir verstecken uns vor niemanden, wollen immer den Sieg anstreben. Das ist unsere Grundeinstellung. In der Vorrunde haben wir gegen kleinere Mannschaften oft unentschieden gespielt, weil die Siegermentalität gefehlt hat. Das hat sich verändert, auch wenn die sogenannten Kleinen immer für eine Überraschung gut sind.

So wie die Isländer, die England aus dem EM-Turnier geworfen haben.
Für England ist das brutal. Da stehst du mit abgesägten Hosen da. Aber Island ist vom Trainer bis zum Zeugwart eine Einheit. Es ist doch schön, dass es so etwas gibt. Das macht den Fussball doch aus.

Österreich galt bei vielen als Geheimfavorit, scheiterte aber sang- und klanglos
Ich hätte es mir auch anders gewünscht, aber wenn man die Art und Weise sieht, wie wir gespielt haben, dann war das Ausscheiden verdient.

War die Erwartungshaltung zu gross?
Sie war zumindest grösser als das, was die Mannschaft nachher gezeigt hat. Wir sind unserer Favoritenrolle gegen Ungarn und Island nicht gerecht geworden. Aber das ist Fussball, wir haben nicht das gespielt, was wir uns vorgestellt haben. Unsere Schlüsselspieler waren nicht in Bestform.

Lastete zu viel Druck auf Bayern-Star David Alaba?
Möglich. Aber wenn er gegen Ungarn in der ersten Minute das Tor und nicht den Pfostengetroffen hätte, wäre vielleicht alles ganz anders gelaufen.

Können Sie die Kritik an Coach Marcel Koller nachvollziehen?
Das ist nicht mein Thema. Wichtig ist, dass jeder weiss, dass er sich seine Gedanken gemacht hat. Ich gehöre nicht zu jenen, die Österreichs Teamchef kritisieren.

Welche Mannschaft hat Sie an der EM am meisten beeindruckt?
Was die Italiener gegen Belgien und Spanien gezeigt haben, war ganz grosse Klasse. Eine Mischung aus hohem Pressing und defen­siver Kompaktheit. Jeder weiss, was er zu tun hat. Noch selten habe ich gesehen, dass eine Mannschaft die Spanier so beherrscht hat wie Italien im Achtelfinal.

Und was sagen Sie zur Schweizer Nati?
Die Schweiz hat ein gutes Turnier gespielt und bewiesen, dass sie über grosses Potenzial verfügt. Im Achtelfinal gegen Polen stand sie dem Sieg näher, hatte aber im Penaltyschiessen weniger Glück als der Gegner.

Rechnen Sie in der nächsten Saison mit Denis Zakaria?
Ja, er hat zum Ausdruck gebracht, dass er bei uns bleiben will. Ich bin sicher, dass er sich bei YB sehr gut weiterentwickeln wird.

Holen Sie den ersten Titel seit 1987?
Titel gewinnt man nicht durch Ankündigungen, sondern nur durch Taten.

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