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Vor einem Jahr beim FCB entlassen
Jetzt lebt Raphael Wicky den amerikanischen Traum

Vor genau einem Jahr wurde Raphael Wicky beim FCB entlassen. Nun trainiert er die U17 der USA und will mit seinen Boys die Welt erobern.
Publiziert: 26.07.2019 um 01:10 Uhr
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Aktualisiert: 26.07.2019 um 07:11 Uhr
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Raphael Wicky lebt in den USA als Trainer der U17 seinen Traum.
Foto: Roy K. Miller/isiphotos.com
Martin Arn

BLICK: Raphael Wicky, Sie sind in Chicago, dem Sitz des US-Verbandes. Wie ist das Wetter?
Raphael Wicky: Sehr schön und im Moment auch gar nicht so heiss. Ich bin gespannt, wie es im Winter ist. Da solls brutal kalt werden.

Haben Sie schon etwas von der Stadt gesehen?
Nicht sehr viel, um ehrlich zu sein. Aber das, was ich gesehen habe, gefällt mir gut. Wir haben den riesigen Lake Michigan und dann ist Chicago natürlich eine absolute Sportstadt, mit Spitzenteams in allen grossen Sportarten.

Sie sind U17-Nationaltrainer der USA. Wie sieht Ihr Arbeitstag aus?
Das ist sehr unterschiedlich. Ich habe das Amt im April übernommen. Gleich darauf fand in Florida das Qualifika­tionsturnier für die WM statt. Wir haben ein erstes Ziel erreicht und uns für die WM qualifiziert. Danach bin ich sehr viel gereist. An regionale Turniere, um Spieler zu sichten. Die USA sind ein riesiges Land. Dazwischen bin ich auch immer wieder im Büro des Verbandes in Chicago. Und im Juni war ich anlässlich des Gold Cup während fünf Tagen im Staff von A-Nationaltrainer Gregg Berhalter.

Vermissen Sie die tägliche Arbeit auf dem Platz nicht?
Doch. Wenn man nach zwei Monaten endlich wieder mit den Spielern trainieren kann, dann freut man sich extrem darauf.

Sie waren lange Jahre Nachwuchstrainer in Basel. Wie ist das Niveau der jungen US-Spieler?
Da gibt es kaum mehr Unterschiede zu Europa. Die Klubs der Profi-Liga haben sich enorm entwickelt. Fast alle Teams haben Nachwuchsleistungszentren, in denen sehr gut gearbeitet wird. Es gab vor wenigen Wochen ein Juniorenturnier in Dallas. Da haben europäische und südamerikanische Spitzenteams teilgenommen. Gewonnen hat Seattle. Es gibt sehr viele sehr gute Spieler in den USA. Das Problem ist halt auch da wieder die Grösse des Landes. Ein Beispiel: Wenn in der Schweiz ein talentierter Spieler bei Solothurn spielt, dann wechselt er nach Bern oder Basel, ohne dass er gleich hundert oder tausend Kilometer von zu Hause weg muss.

Wie ist das Niveau bei den Profis?
Auch dort haben die Teams enorm aufgeholt. Aber natürlich ist auch da die Grösse des Landes ein Problem: Mal spielst du in Dallas oder Houston in der Wüste, dann in Salt Lake City auf 1800 Metern und fünf Tage später bei 90 Prozent Luftfeuchtigkeit in Florida oder im 4000 Kilometer entfernten Vancouver. Das sind schwierige Bedingungen.

Wie lautet die Zielsetzung bei der U17-WM in Brasilien?
Wir haben uns hohe Ziele gesetzt. Wenn man an ein Turnier geht, dann will man es gewinnen. Es wird aber vieles davon abhängen, welche Spieler uns zur Verfügung stehen, wer die Freigabe von seinen Klubs erhält. Giovanni Reyna zum Beispiel, unser Captain, der bei Dortmund Furore macht. Genau. Er ist ein sehr guter Spieler, mit guten Anlagen. Es tut ihm gut, dass er jetzt im Erwachsenenfussball spielt. Aber er braucht noch ein wenig Zeit. Bei Dortmund und Lucien Favre ist er in guten Händen.

Sie haben zuerst in Los Angeles gewohnt. Vermissen Sie die Stadt nicht?
Eigentlich nicht. Klar, das Wetter in Kalifornien ist toll. Es ist kaum je unter 20 Grad. Aber ich bin es seit 20 Jahren gewohnt umzuziehen. Wir haben immer noch ein Haus in Los Angeles. Am meisten vermisse ich ohnehin meine Familie und meine Freunde in der Schweiz.

Sie wurden vor genau einem Jahr in Basel entlassen: Schmerzt Sie das noch?
Nein, ich hatte fünf wunder­bare und auch erfolgreiche Jahre in Basel. Ich behalte die positiven Dinge in Erinnerung.

Sind Sie nicht sauer, dass man Sie schon nach zwei Spielen vor die Tür gesetzt hat?
Das Kapitel ist für mich abgeschlossen. Man muss auch mal die Seite umblättern, wie sie hier in Amerika sagen.

Haben Sie noch Kontakt zum FCB, verfolgen Sie die Schweizer Meisterschaft?
Ja, ich habe noch zu einigen Leuten Kontakt. Es gibt keinen Grund, den Kontakt zu den Leuten abzubrechen, mit denen man jahrelang zusammengearbeitet hat. Und den Schweizer Fussball verfolge ich selbstverständlich nach wie vor.

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