Vom Fussballhelden zum Staatsfeind
Türkei-Legende Hakan Sükür fährt heute Uber in den USA

Hakan Sükür (48) war einst ein grosser Fussballer. Mittlerweile kämpft er in den USA um jeden Rappen. Denn sein Vermögen wurde vom türkischen Präsidenten konfisziert.
Publiziert: 13.01.2020 um 15:34 Uhr
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Aktualisiert: 14.01.2020 um 10:34 Uhr
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Hakan Sükür 2005 im Duell mit dem Schweizer Philippe Senderos.
Foto: Blicksport

Er ist der wohl grösste türkische Fussballer aller Zeiten. Hakan Sükür hat für sein Heimatland über 110 Spiele absolviert. Mit Galatasaray hat er den Uefa Cup und achtmal die türkische Meisterschaft geholt. 2005 steht er bei dem denkwürdigen WM-Barrage-Duell auf dem Platz, bei dem es im Rückspiel in Istanbul, nachdem sich die Schweiz für die WM qualifiziert hat, zu wüsten Schlägereien gekommen ist.

Sükür ist eine Legende. Ein Ausnahmekönner. Ein Fussballheld. Zumindest ist er das noch in den meisten Ländern der Welt. Nicht mehr aber in seiner Heimat. In der Türkei hat man den 48-Jährigen mittlerweile zur persona non grata erklärt, zum Staatsfeind. Ihm wird beispielsweise vorgeworfen, am Putschversuch 2016, der das Ziel hatte, Präsident Recep Tayyip Erdogan zu stürzen, mitgewirkt zu haben. Unsinn, beteuert Sükür in einem Interview in der «Welt am Sonntag». «Was soll meine Rolle denn gewesen sein? Das konnte mir bis heute niemand erklären.»

Erdogan hat sein Leben zerstört

Der ehemalige Profi macht aber kein Geheimnis daraus, dass ihm Erdogans Politik missfällt. «Ich bin ein Feind der Regierung, nicht des Staats und nicht der türkischen Nation. Ich liebe unsere Fahne, unser Land. Ich bin ein Feind der falschen Politik und einer Geisteshaltung, die eine Loslösung vom Westen bezweckt», so Sükür. Kritik gegen den türkischen Präsidenten zu äussern, ist ein gefährliches Unterfangen. Sükür muss es am eigenen Leib erfahren. Erdogan hat sein Leben zerstört.

Alles beginnt 2011, als der schon zurückgetretene Fussballer in die AKP eintritt. In jene Partei des heutigen Präsidenten Erdogans. Man habe von seiner Popularität profitieren wollen, erzählt Sükür. Im Parlament lernt er die türkische Politik kennen. Sie geht nicht in jene Richtung, die sich Sükür erhofft hat, man habe sich «nach dem Mittleren Osten orientiert statt nach Europa», sich immer weiter von der Demokratie entfernt.

2013 tritt Sükür zurück. «Dann begannen die Feindseligkeiten.» Man hat ihn bedroht, die Boutique seiner Frau mit Steinen beworfen, seine Kinder auf der Strasse belästigt, seinen Vater eingesperrt. Sükür flüchtet mit seinen Liebsten in die USA.

Der Kampf um Demokratie

Dort lebt er noch heute. Und verdient seinen Unterhalt als Uber-Fahrer und Buchverkäufer. Sein Geld, das er sich als Fussballer angespart hat, ist weg. «Ich habe mein Vermögen in der Türkei investiert. Alles, was ich hatte, wurde jetzt konfisziert. Ich habe nichts mehr, nirgendwo auf der Welt.»

Dennoch will er sich weiterhin für sein Heimatland einsetzen. Damit sich etwas ändert, müsse man kämpfen. «Dazu bräuchten wir die Unterstützung einflussreicher Länder. Alle müssen zusammen den Kampf um Demokratie und Freiheit führen», sagt Sükür. Und wendet sich in der «Welt am Sonntag» zum Schluss direkt an den türkischen Präsidenten: «Kehre zurück zu Demokratie, Gerechtigkeit und Menschenrechten. Sei einer, der sich für die Probleme der Menschen interessiert. Werde zu dem Präsidenten, den die Türkei braucht. Viele Menschen folgen dir, hören dir zu. Also verbreite Frieden. Das sind Werte, die für die ganze Welt gelten.» (mam)

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