Am Donnerstag (nicht vor 14.45 Uhr) verkündet der slowenische Uefa-Präsident Aleksander Ceferin, ob der haushohe Favorit Deutschland (Bundestrainer Jogi Löw: «Wir können das schaffen») oder der klare Aussenseiter Türkei die übernächste EM veranstalten darf.
Am Sitz der Uefa in Nyon VD wird der Sieger in einer geheimen Abstimmung des 20-köpfigen Exekutiv-Komitees bestimmt. DFB-Boss Reinhard Grindel und der Türke Servet Yardimci müssen in den Ausstand treten. Der Schwede Lars-Christer Olsson wird aus gesundheitlichen Gründen wohl fehlen. Unsicher, ist, ob der Italiener Andrea Agnelli anreisen wird, er könnte berufliche Termine als Fiat-Chef vorbringen. Nur: Fiat produziert im türkischen Bursa erfolgreich Autos. Wäre da Agnellis Stimme für Erdogan nicht förderlich? Falls nötig, hat Präsident Ceferin heute den Stich-Entscheid.
Krisen in der Türkei spielen Deutschland in die Karten
Die Uefa bewertete die beiden Kandidaturen. Und gab Deutschland die klar besseren Noten. Die unsichere politische Lage in der Türkei unter Staatschef Recep Tayyip Erdogan und die jüngste Wirtschafts- und Währungskrise spielen Deutschland in die Karten. Kein Geheimnis auch, dass nach dem gescheiterten Militärputsch gegen Erdogan im Juli 2016 und dem drauffolgenden zweijährigen Ausnahmezustand die Menschenrechte mit Füssen getreten werden. Wegen der Missachtung der Menschenrechte ist aber auch Katar in Verruf. Trotzdem erhielt das reichste Land der Welt den Zuschlag für die WM 2022.
In Deutschland müssten die Stadien schon nur gering nachgebessert werden. Dagegen hat Erdogan der Uefa Steuerfreiheit versprochen.
Bereits am Mittwoch gibts von Europa einen Nackenschlag für Erdogan: Die EU-Kommission lehnt Wirtschaftshilfen für die Türkei ab. Für die Deutschen werden heute DFB-Präsident Grindel, Bundestrainer Löw und EM-Botschafter Philipp Lahm ihre Bewerbung präsentieren. Lahm, Captain der deutschen Weltmeister von 2014: «Ich bin überzeugt, dass eine EM bei uns auch Europa mehr zusammenbringen würde.» Der Zuschlag fürs Turnier wäre für CDU-Politiker Grindel, dessen Position nach dem frühen WM-Aus und der Özil-Affäre (der deutsche Nati-Star posierte mit Erdogan ...) arg geschwächt ist, eine Art Job-Garantie.
Europa zu Gast bei Freunden?
Bei einem Besuch von Lahm und Grindel im Kanzleramt in Berlin im März dieses Jahres sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel dem Bewerbungs-Komitee den Rückhalt der gesamten Regierung zu.
Ob Merkel nochmals wie bei der Flüchtlingskrise 2015 «Wir schaffen das!» gesagt hat, ist nicht überliefert. Sicher ist: Unter dem Motto «Die Welt zu Gast bei Freunden» hat Deutschland an der WM 2006 eindrucksvoll bewiesen, wie man ein grosses Turnier organisiert und durchführt.