Im deutschen, oder europäischen, ja vielleicht globalen Fussball-Verständnis haben die Bayern einen speziellen Status. Zumindest denken sie dies über sich selbst. Wir erinnern uns gerne an die «Menschenrechts»-Pressekonferenz der Bosse Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeness und Hasan Salihamidzic, als Rummenigge nach Kritik an seinem Trainer Niko Kovac auf Artikel eins des deutschen Grundgesetztes verwies: «Die Würde des Menschen ist unantastbar.»
Vor allem Bayern-Präsident Hoeness ist weitgehend dafür bekannt, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. So überrascht es nicht, dass sich der 67-Jährige auch in den aktuellen Goalie-Zoff in der deutschen Nationalmannschaft einschaltet. Hoeness hat natürlich eine klare Meinung, wer im Kasten stehen soll.
Nach dem klaren 3:0-Sieg zum Champions-League-Auftakt gegen Roter Stern Belgrad wettert Hoeness vor den versammelten deutschen TV-Stationen: «Ich finde es einen Witz, wie mit Neuer umgegangen wird. Ter Stegen hat überhaupt keinen Anspruch, dort zu spielen. Bei den Tor-Leuten ist etwas anderes als im Feld. Da muss die Hierarchie klar sein. Manuel Neuer ist die Nummer eins!»
«Werden uns das nicht mehr gefallen lassen»
Mit in der Verantwortung steht auch der DFB: «Ich hätte mehr Unterstützung vom Verband erwartet. Wir kriegen ständig Theater vom DFB. Erst die unmögliche Ausbootung der drei, die Art und Weise, wie die drei Spieler schlecht behandelt wurde. Jetzt dasselbe mit Manuel Neuer.» Die drei? Erst im Frühling 2019 hat Bundestrainer Jogi Löw mit Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng drei Bayern-Spieler abgesägt.
Ein Journalist fragt darauf, ob Hoeness wie im Fall Müller/Hummels/Boateng das Gespräch mit Löw suchen will. Der Bayern-Boss: «Wir haben da eine klare Meinung. Und wir werden uns das in Zukunft nicht mehr gefallen lassen, dass unsere Spieler hier beschädigt werden. Ohne Grund!» Welche Mittel er denn habe? Hoeness: «Wir werden Leuten schon ein bisschen Feuer geben. Das können wir.»
So kams zur öffentlichen Schlammschlacht
Rund um «die Mannschaft» brodelts. Soll nun Manuel Neuer (33) oder Marc-André ter Stegen (27) im Tor stehen? Letzterer musste gegen Holland (2:4) und Nordirland (2:0) zwei Mal die Bank drücken und bezeichnete danach die Länderspielpause als «Tiefschlag». «Es ist nicht einfach, eine Erklärung dafür zu finden», sagte der Barça-Keeper.
Neuer, bei DFB-Trainer Jogi Löw die klare Nummer 1, meinte zum Frust-Kommentar seines Rivalen: «Ich weiss nicht, ob uns das hilft. Wir sind eine Mannschaft und sollten uns auch so präsentieren.» Ter Stegens Retourkutsche kam prompt: «Manu muss sicherlich nichts zu meinen Gefühlen sagen und diese bewerten, meine ich.» Die öffentliche Schlammschlacht war perfekt. (leo/cmü)