Foto: Inpho Photography

Trainer Mick McCarthy vs Legende Roy Keane
Diese Männer-Feindschaft prägt Irland!

Irlands Nationaltrainer McCarthy und Legende Roy Keane verbindet ein jahrelanger Hass. Dieser prägt den Schweizer Gegner vom Donnerstag bis heute.
Publiziert: 04.09.2019 um 18:38 Uhr
1/6
Die Rückkehr durch den Trainer hat wieder frischen Wind in die Nationalmannschaft Irlands gebracht.
Foto: AFP
Raphael Honigstein

Mick McCarthy muss sich diese Woche keine Sorgen machen, dass ihm der wichtigste Leistungsträger Prügel androht oder sein Assistenztrainer mit unbedachten Äußerungen einen Medien-Sturm lostritt: Roy Keane ist seit November des vergangenen Jahres nicht mehr Teil des Nationalteams. 

So ganz weg ist der Ex-Manchester-United-Weltstar, der erst als Spieler und zuletzt als Nummer zwei von McCarthys Vorgänger Martin O’Neill den irischen Fußball dieses Jahrhunderts wie kein Anderer dominierte, trotz seiner Demission nach den enttäuschenden Auftritten in der Nations League nicht.

McCarthy coacht auf gewisse Art und Weise weiter mit Roy Keane im Rücken, denn die beiden bleiben seit der Weltmeisterschaft in Japan/Südkorea 2002 für immer in einer untrennbaren, kleeblattgrünen Männerfeindschaft verbunden.

Keane fühlte sich ungerecht behandelt 

Ihr Zwist vor mehr als siebzehn Jahren - «die strittigste Situation in der Geschichte des irischen Sports» (Irish Times) - bewegt die Gemüter auf der Insel noch immer. Die tragikomische Geschichte wurde sogar in einem erfolgreichen Theatermusical (“I, Keano”) aufbereitet. 

Keanes Zorn hatte sich damals an logistischen Mängeln entzündet. Dem Ausnahmekönner war missfallen, dass die Nationalspieler in der Holzklasse nach Japan fliegen mussten, während es sich die Vereinsbosse vorne im Business-Abteil gemütlich gemacht hatten.

Zudem erwies sich der Platz im Lager auf der Pazifikinsel Saipan staubtrocken, und den Iren waren auf der Reise auch noch die Trainingstrikots abhanden gekommen. Nachdem sich der Kapitän in einem Zeitungsinterview unerlaubt den Frust von der Seele geredet hatte, wurde er von Nationaltrainer McCarthy vor versammelter Truppe zur Rechenschaft gezogen.

Trainer als «Wichser» beschimpft 

Die Konfrontation lief völlig aus dem Ruder. Keane bezichtigte den im nordenglischen Barnsley geborenen Mann, kein echter Ire zu sein, beschimpfte ihn als «Wichser» und machte aus seiner Geringschätzung keinen Hehl. «Ich halte nichts von dir als Spieler, als Trainer und als Menschen auch nicht», ließ er seinen Vorgesetzten wissen. Der Wutanfall gipfelte in der unter anatomischen Gesichtspunkten interessanten Aufforderung, McCarthy solle sich die WM «in die Eier stecken.»

Keane wurde noch vor Beginn des Turniers nach Hause geschickt, die Iren schafften es trotzdem bis ins Achtelfinale und schieden gegen Spanien erst im Elfmeterschießen aus. Keanes ehemaliger Vereinstrainer Alex Ferguson, glaubte in einer Aussprache mit McCarthy zu wissen, dass die Mannschaft mit dem rebellischen Spielführer auf dem Platz damals sogar ins Halbfinale gekommen wäre.

«Ich erwiderte, dass wir mit Keane nicht mal die Gruppenphase überstanden hätten», sagte McCarthy. «Wir einigten uns darauf, in dieser Sache nicht einer Meinung zu sein.»

Verhältnis trotz Versöhnung angespannt

Keanes kontroverse Ausbootung überschattete letztlich den sportlichen Erfolg und trug erheblich dazu bei, dass McCarthy nach einem schlechten Start in die Qualifikation zur WM 2004 sein Amt verlor. Obwohl sich die Kontrahenten 2006 offiziell versöhnten, blieben die Spannungen spürbar. Kurz vor der Entlassung von O’Neill und Keane bewarb sich McCarthy mehr oder minder offen um den Nationaltrainer-Posten und kritisierte den anhaltenden Rummel um seinen Ex-Kapitän als «verrückt».

Keane hatte den verletzten Spielern, während seinen fünf Jahren im Amt, wiederholt mangelnde Einsatzfreude unterstellt, sich mehrmals mit Mannschaftsmitgliedern geschlagen und dazu mit  vollmundigen Aussagen ununterbrochen die Schlagzeilen bestimmt. «Die Roy-Keane-Show muss ein Ende nehmen», hatte TV-Experte und Ex-Profi Eamonn Dunphy bereits 2014 gefordert.


Für McCarthy dürfte es eine späte Genugtuung sein, dass sich viele Spieler nach seiner Rückkehr erleichtert zeigten. O’Neill hatte sich mit der Aufforderung an seine Spieler, sich in der Freizeit doch mit dem Jonglieren eines Tennisball zu beschäftigen um an ihrer Technik zu arbeiten, wenig Freunde gemacht. Zudem war Keanes unerbittliche Intensität schwer zu ertragen gewesen. «Die Atmosphäre ist definitiv anders», sagte Verteidiger Matt Doherty (Wolverhampton) vor McCarthys Comeback-Sieg in Gibraltar (1:0) vor sechs Monaten. «Alle sind fröhlicher und das Training ist präziser. Das ist Micks Verdienst.»

So richtig aus Keanes Schatten wird er dank der Seifenoper von Saipan wohl nie treten können, doch immerhin ist es bei den Iren nun ruhig wie lange nicht mehr. So lange McCarthy in der Qualifikation weiter vernünftige Ergebnisse einfährt, muss er nicht fürchten, von der Vergangenheit eingeholt zu werden. 

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?