Der Fussball offenbart sein wahres Gesicht! Dank monatelanger Arbeit des Recherchennetzwerks European Investigative Collaboration (EIC) werden die schmutzigsten Vertragsdetails der Grössten des Sports der Öffentlichkeit vor Augen geführt.
Die EIC, die aus rund 60 Journalisten aus zehn europäischen Medienhäusern besteht, hat in den letzten sieben Monaten insgesamt 1,9 Terabyte Daten (was dem Umfang von 500'000 Bibeln entspricht) der Enthüllungsplattform «Football Leaks» unter die Lupe genommen – und Erschütterndes festgestellt.
Am Samstag vor dem Clasico zwischen Barcelona und Real Madrid (1:1.) lässt der «Spiegel» dann die Bombe platzen. Mehrere Fussballstars sollen in den letzten Jahren Steuern im zweistelligen Millionenbereich am Staat vorbeigeschleust haben. Unter den prominenten Namen: Cristiano Ronaldo (31), Mesut Özil (28) und Trainer José Mourinho (53).
Kurioser Deal zwischen Özil und seinem Vater bekannt
So soll der portugiesische Europameister rund 75 Millionen Euro aus Werbeverträgen vor Spaniens Steuerbehörden versteckt haben. Via Jungferninseln seien die Millionen auf der Genfer Privatbank Mirabaud und bei der St. Galler Kantonalbank gelandet. Mit dem Verkauf seiner Bildrechte hat das Beraterteam um Cristiano ein undurchsichtiges Konstrukt hergestellt. Dazu könnte Ronaldo von einer umstrittenen Sonderregelung des spanischen Steuerrechts profitiert haben.
Anders sieht es bei Mesut Özil aus. Der «Spiegel» entnimmt aus den Dokumenten der «Football Leaks», dass der deutsche Weltmeister zwei Millionen Euro Steuern inklusive Verzugszinsen nachgezahlt hat. Bei den Vorwürfen geht um unterschiedliche Berechnungsgrundlagen bei der Bezahlung seiner Berater.
Besonders pikant: Nachdem sich Özil mit seinem Vater vor Gericht gestritten hatte und ihn schliesslich als Berater entliess, kassiert Papa Mustafa satte 8,1 Millionen Euro Abfindung plus einen Ferrari. Diese Einigung half gemäss «Spiegel», den Betrag als «abzugsfähige Abgabe» deklarieren zu können, um weniger an den spanischen Fiskus zu überweisen.
Balotelli hatte Benimm-Klausel im Vertrag
Dank «Football Leaks» werden aber nicht nur Steuertricks durchschaut. Die breite Öffentlichkeit erhält zudem Einblicke in die teils verrückten Vertragsklauseln, welche Vereine mit ihren Spielern vereinbaren. Wie zwischen Mario Balotelli (26) und dem FC Liverpool.
Als der für seine Eskapaden bekannte Italiener 2014 bei den «Reds» unterzeichnet, halten diese einen Benimm-Bonus im Vertrag fest. Diese Klausel besagt, dass Balotelli während jeder Saison nicht öfters als drei Mal mit Rot vom Platz fliegen darf. Er dürfe niemanden verbal oder mit Gesten attackieren und keinen Gegenspieler oder andere Personen anspucken. Hätte Balotelli sich daran gehalten, wären ihm 1,2 Millionen Euro extra zugestanden. Vom Platz geflogen ist er zwar nie, jedoch wurde «Super Mario» noch vor Ablauf der Klausel zurück zu Milan ausgeliehen.
All diese Enthüllungen scheinen aber nur die Spitze des Eisbergs sein. Bei EIC stehen noch massenhaft Datensätze zur Auswertung bereit. Und auch für «Football Leaks» dürfte die Arbeit noch lange nicht erledigt sein. Die nächsten Skandale lassen wohl nicht lange auf sich warten.
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Wer steckt hinter «Football Leaks»?
Die Aktivisten der Enthüllungsplattform «Football Leaks» pflegen ihre Anonymität. Man weiss nicht einmal, wie viele Leute bei der Organisation genau mitmachen. Der Kontaktmann zu den Medien ist ein gebürtiger Portugiese, der sich John nennt. Mehr ist über ihn nicht bekannt. Die Vertreter behaupten von sich, sie seien vollkommen unabhängig und verfolgten selbstlose Motive. Man wolle den Fans zeigen, zu welch «hochkorruptem System» sich der Fussball entwickelt hat. Wie sie in den Besitz der teils brisanten Unterlagen gelangt sind, darüber hüllen sie den Mantel des Schweigens.