Skandal im Calcio
Achtung, Italien wird Europameister!

Der nächste Skandal im italienischen Fussball. Keine gute Nachricht für die europäische Konkurrenz. Immer, wenn der Calcio am Boden ist, schlägt die Nationalmannschaft zu.
Publiziert: 27.01.2016 um 15:06 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:14 Uhr
Immer, wenn er am Boden zerstört scheint, ersteht der Calcio in Glanz und Gloria. Hier der Finaljubel 2006.
Foto: REUTERS
Patrick Mäder

Er kommt für Italien wie gerufen, könnte man bissig anmerken: Gemeint ist der neuste Skandal im Stiefelland. Dieses Mal gehts um mutmasslichen Steuerbetrug im grossen Stil; um Finanztricks mit schwarzen Konten und falschen Rechnungen, mit denen die Klubs der Serie A den italienischen Staat um viele Millionen betrogen haben sollen. 27 Transfers stehen unter Verdacht. Die Staatsanwaltschaft Neapel ermittelt und spricht von einem tief verwurzelten System, von einem generellen Phänomen im italienischen Fussball.

Alles wie gehabt. Und das ist sportlich keine gute Nachricht für die europäische Konkurrenz. Denn immer dann, wenn der italienische Klubfussball am Boden zerstört scheint, ersteht er dank der Nationalmannschaft, der Squadra Azzurra, in neuem Glanz.

Skandale im italienischen Fussball gibts nämlich schon lange. 1927 liess Juve-Verteidiger Gigi Allemandi sich vom Stadtrivalen Torino bestechen. Der Betrug flog auf, Torino musste den Titel abgeben, Allemandi wurde lebenslang gesperrt. Gerade rechtzeitig vor der WM aber begnadigt. Italien wurde mit ihm Weltmeister.

1979, ein riesiger Wettskandal. Stürmer Paolo Rossi wird gesperrt, vorzeitig begnadigt - und schiesst Italien 1982 mit sechs Toren zum Weltmeister. Rossi wurde zum besten Spieler des Turniers gewählt, am Ende des Jahres zu Europas bestem Fussballer.

Paolo Rossi schiesst Italien 1982 zum WM-Titel. Hier trifft er im Viertelfinal gegen Brasilien.
Foto: KEY

2006, ein riesiger Bestechungsskandal, Juve werden zwei Meistertitel abgesprochen – doch alle involvierten Spieler, darunter auch Goalie Gigi Buffon, werden freigesprochen. Italien, natürlich mit Buffon, wird Weltmeister.

Gennaro Gattuso hält den heiss begehrten Pokal hoch. Italien ist 2006 zum 4. Mal Weltmeister.
Foto: ULLSTEIN BILD

2012, der nächste Manipulations-Skandal. Razzia der Polizei im Camp der Nationalmannschaft. Verteidiger Domenico Criscito wird wegen Betrugsverdacht angeklagt und schliesslich aus dem Kader gestrichen. Auch Bonucci und Goalie Buffon stehen im Fokus der Ermittler. Mit Bonucci und Buffon überzeugt Italien an der Endrunde der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine, wird am Ende Vize-Europameister. Und wieder einmal verdrängen die positiven Leistungen die Skandale aus den Schlagzeilen.

Mario Balotelli zeigt nach dem 2:0 gegen Deutschland im WM-Halbfinal seine Muckis. Italien gewinnt am Ende 2:1 und steht im EM-Final.
Foto: KEY

Der Calcio? Tot und triumphiert trotzdem. Skandale werden wieder und wieder unter den Teppich gekehrt, was verhindert, dass der italienische Fussball sich selbst zu retten versucht. Die Zukunft sieht nach dem jüngsten Skandal wieder einmal ganz düster aus. Die Massen wenden sich zunehmend von ihrem einstigen Liebling ab, dem Calcio.

Und wie endet der Skandal? Italien wird im Sommer Europameister. Gut möglich. Es würde jedenfalls nicht verwundern, wenn die Nationalmannschaft wieder einmal rettend eingreifen würde und im Calcio alles so bleibt, wie es immer war.

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