Touristen ohne jegliche Ahnung von Fussball, die in diesen Tagen durch Neapel schlendern, erleben in den Altstadtgässchen ihr blaues Wunder. Die Stadt ist geschmückt in Azurblau und Weiss, in den Farben der SSC Napoli – seit genau einem Monat neuer Meister der Serie A. Und seit Sonntagabend, nach dem letzten Spiel gegen Sampdoria, nun auch im Besitz des Pokals. Um 21.15 Uhr stemmt Captain Giovanni Di Lorenzo die Trophäe in den Himmel.
Eine Stadt im Fussballdelirium. Die Euphorie der Fans? Scheinbar grenzenlos. In der Pause des letzten Spiels etwa kommts auf der Tribüne zu einem Heiratsantrag. Blick ist am Tag der Pokalübergabe mittendrin im Napoli-Wahnsinn.
Jeder Balkon, jedes Fenster und jede Gasse ist herausgeputzt mit Girlanden, Pappfiguren und Porträts der Spieler. Und die Einheimischen tragen azurblaue Trikots aller Epochen. Manche mit dem legendären Sponsor Buitoni. «Napoli ist eine Lebenseinstellung», sagt ein Barista, während er einen Kaffee über den Tresen gibt.
Napoli ist im Paradies. Das lange Warten auf den dritten Scudetto der Vereinsgeschichte hat ein Ende. 33 Jahre sind seit dem zweiten Meistertitel vergangen. Dreiundreissig (!). Eine Ewigkeit.
Schweizer Fanklub kann nicht geschlossen ins Stadion
An diesem denkwürdigen Wochenende ist auch der Schweizer Napoli-Fanklub aus Hinwil ZH in der Stadt. Über 80 Mitglieder wollten sich das Fest und das letzte Saisonspiel nicht entgehen lassen. Für alle hat Vereinspräsident Gianluca D’Angelo probiert, ein Ticket für das letzte Spiel gegen Sampdoria zu organisieren.
Weil der Ticket-Andrang so gross war, hatte er erstmals im zehnjährigen Bestehen des Fanklubs schlechte Nachrichten zu übermitteln. Denn lediglich 13 Mitglieder erhielten ein Ticket. «Das ist noch nie passiert», sagt er.
Doch das Feiern kommt für jene, die nicht ins Stadion dürfen, aber beileibe nicht zu kurz. Vor, während und nach dem Spiel toben auch in der Innenstadt grosse Feste. So etwa in der Piazza del Plebiscito, wo eine riesige Bühne aufgestellt worden ist und die ganze Nacht über gefeiert wird.
Anders als etwa in Turin oder Mailand, wo die finanzstarken Klubs des Landes zu Hause sind, wird der Meistertitel hier nicht nur an einem Abend und nach fixem Programm zelebriert. In Kampanien ziehen sich die Feierlichkeiten über Wochen hin. Das wird den ganzen Sommer so bleiben.
Kaffee-Rechnung auf meisterlichem Papier
Selbst in den Restaurants ist der Scudetto allgegenwärtig. Kellner tragen extra angefertigte T-Shirts mit dem Aufdruck «Campioni d’Italia 2022/23». Manche Lokale lassen in diesen Tagen sogar die Rechnungen auf Papier drucken, das den dritten Meistertitel zelebriert.
Doch obschon das Team von Trainer Luciano Spalletti Aussergewöhnliches geleistet hat und es vor der Saison nach einem radikalen Umbruch nur wenig Kredit genoss, wird ein früherer Spieler noch deutlich mehr gehuldigt.
Diego Armando Maradona. Sein Name, das D10S und sein Motiv inklusive Heiligenschein sind allgegenwärtig. Selbst im Sampdoria-Spiel: Torschütze Simeone zeigt beim Jubel ein Dress mit Maradonas Nummer 10.
Für viele Neapolitaner ist der verstorbene Argentinier mindestens so wichtig wie der Stadtpatron San Gennaro. Das soll etwas heissen. Schliesslich pflegen die Einwohner ein sehr persönliches, gar intimes Verhältnis zu San Gennaro.
Die Gazzetta schreibt vom Fest in gigantischem Ausmass
Das Murales (riesiges Wandgemälde) von Maradona in den berühmt-berüchtigten Quartieri Spagnoli ist inzwischen genauso ein Pilgerort wie die Kathedrale von Neapel mit den Reliquien San Gennaros. Hier finden sich zahlreiche Menschen ein.
«Das Largo Diego Armando Maradona hat einige andere Sehenswürdigkeiten in puncto Besucherzahlen überholt», erklärt ein Angestellter auf dem Touristenbüro. Viele der Besucher haben dabei den «Pibe de Oro» nicht einmal erlebt. Trotzdem hallt immer wieder «ho visto Maradona, ho visto Maradona, oh Mamma inamorato sono» durch die Gassen.
Die blau-weissen Gassen. «Ein Fest in gigantischem Ausmass, das es so noch nie gegeben hat», beschreibt es die «Gazzetta dello Sport». Etwas zu übertreiben, gehört in Italien zum guten Ton. Doch in diesem Fall ist es absolut gerechtfertigt. Denn Napoli feiert nicht nur seinen dritten Scudetto, sondern den Fussball und sich selber. Endlich.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | SSC Neapel | 17 | 14 | 38 | |
2 | Atalanta BC | 16 | 22 | 37 | |
3 | Inter Mailand | 15 | 25 | 34 | |
4 | Lazio Rom | 17 | 8 | 34 | |
5 | AC Florenz | 15 | 17 | 31 | |
6 | Juventus Turin | 16 | 14 | 28 | |
7 | Bologna FC | 16 | 5 | 28 | |
8 | AC Mailand | 16 | 9 | 26 | |
9 | Udinese Calcio | 16 | -6 | 20 | |
10 | FC Turin | 17 | -5 | 19 | |
11 | FC Empoli | 16 | -2 | 19 | |
12 | AS Rom | 16 | -5 | 16 | |
13 | Genua CFC | 17 | -12 | 16 | |
14 | US Lecce | 17 | -18 | 16 | |
15 | Como 1907 | 16 | -10 | 15 | |
16 | Hellas Verona | 17 | -19 | 15 | |
17 | Parma Calcio | 16 | -5 | 15 | |
18 | Cagliari Calcio | 16 | -11 | 14 | |
19 | AC Monza | 16 | -7 | 10 | |
20 | FC Venedig | 16 | -14 | 10 |