Milan-Star spricht über Freundin, Familie, Glaube und Ronaldo
Rodriguez privat wie nie

Seit diesen Sommer kickt Ricardo Rodriguez (25) bei Milan. Mit BLICK spricht der Ex-FCZ-Spieler über sein neues Leben.
Publiziert: 01.10.2017 um 00:04 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 01:20 Uhr
Michael Wegmann, Michel Wettstein (Text) und Toto Marti (Fotos) aus Mailand

Wer mit Ricardo Rodriguez durch Mailand streift, braucht Zeit. Hier ein Autogramm, da ein Selfie. Fast alle Tifosi wollen dabei noch kurz mit unserem 25-jährigen Nati-Verteidiger fachsimpeln. «Die Leute wollen oft einfach übers Spiel reden», sagt Rodriguez. Er habe auch schon Mütze und Sonnenbrille aufgesetzt um unerkannt zu bleiben. «Genützt hat es nichts. Erkennt dich einer und kommt zu dir, kommen alle!»

Der Fussball ist in Italien 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr präsent. Die grosse AC Milan. Mailand. Die Tifosi. Daran muss er sich nach fünfeinhalb Jahren beim VfL Wolfsburg erstmals gewöhnen. «Gegen Ende meiner Zeit beim VfL habe ich manchmal gedacht, dass es mir zu ruhig sei, dass ich mal was anderes sehen will. Jetzt, wo immer was läuft, denke ich zwischendurch an die Ruhe in Wolfsburg zurück», sagt Rodriguez und lacht.

Nicht, dass man ihn falsch versteht. Rodriguez liebt das Leben in Italien. Das Essen. Die südländische Begeisterung für den Fussball. Die AC Milan und ihre grosse Geschichte. «Man spürt hier überall die Liebe zum Fussball. Überall warten Fans. Vor jedem Hotel, egal wo wir auftauchen. Der Klub ist grösser, der Druck ist grösser, der Anspruch zu gewinnen auch. Wenn man verliert, spürt man überall, dass es nicht gut war. Für einen Spieler ist es toll, dass der Fussball derart grossen Stellenwert hat.»

Nach Niederlagen bleibt Rodriguez zu Hause. «Wir fühlen uns hier sehr wohl, die Wohnung ist gemütlich.» Er wohnt zusammen mit seiner langjährigen Freundin Nicole im «City life», einem isolierten, luxuriösen Wohnungskomplex mitten in Mailand. Von ihrem Balkon aus sehen sie über ganz Mailand! Ihr Nachbar ist Italiens Popstar Tiziano Ferro.

In 35 Minuten ist er mit dem Auto in Milanello, Milans Trainingszentrum bei Varese, nahe der Schweizer Grenze.

BLICK: Ricardo Rodriguez, was unterscheidet Milanello vom Trai­nings­center in Wolfsburg?
Ricardo Rodriguez: Milanello ist grösser, das Trainingszentrum des VfL moderner. Die Kabinen, das Wellness. Aber das spielt für mich keine Rolle. Die Qualität der Fussballplätze ist das Wichtigste und die ist bei beiden sehr gut. Das Essen hier ist Weltklasse. Und wir schlafen vor jedem Heimspiel in Milanello.

Brauchen sie viel Schlaf.
Nein. Eigentlich reichen mir fünf bis sechs Stunden. Ich bin grundsätzlich der Typ, der später ins Bett geht und gerne auch später aufstehen würde.

Milan hat viel investiert. Nun liegt man mit 4 Siegen und 2 Niederlagen auf Rang 6. Ist es schon unruhig?
Klar! Wir haben ein Ziel, wir wollen in die Champions League. Nun haben wir schon zweimal verloren, das darf uns nicht mehr oft passieren.

Ist der Meistertitel möglich?
Möglich ist alles im Fussball. Wir haben ein gutes Team. Ob es diese Saison schon zum Titel reicht, weiss ich nicht. Aber wir haben die Qualität ganz oben mitzuspielen, da bin ich sicher.

Sie spielten in der Serie A bisher jede Minute. Schon beim FCZ, dann bei Wolfsburg und in der Nati waren Sie sofort Stammspieler. Warum?
Ich weiss nicht. Ich bin halt ein ... Wie soll ich sagen?

Ein Winner-Typ ...
Nein. Vielleicht gefällt den Leuten ja meine Art, wie ich spiele.

Bei Milan verteidigte jahrelang Klublegende Paolo Maldini auf der linken Seite. Ein schweres Erbe?
Eine Legende bei Milan. Aber ich mache mir keinen Druck. Ich bin nicht Maldini. Ich bin Rici. Ich spiele meinen Fussball. Wenn die Leute mich gern haben, schön. Wenn nicht, eben nicht. Ich denke, sie haben Freude an mir. Dieser Klub hat soviel Tradition. Ich habe die Champions-League-Auftritte in den 90er-Jahren als Bub im TV gesehen. Da habe ich gedacht: Wow! Was für eine Mannschaft, da würde ich gerne mal spielen. Jedes Mal, wenn ich nun das T-Shirt anziehe, merke ich, welch grosses Leibchen das ist.

Sie treten schon alle stehenden Bälle. Eine Ehre?
Klar. Aber die Mailänder wussten ja, wen sie verpflichten. Ich habe auch beim VfL Freistösse und Penaltys getreten.

In der Nati überliessen Sie den Penalty gegen Lettland Blerim Dzemaili, der verschoss. Wer stand da zuoberst auf dem Zettel?
Fabian Schär oder ich. Wohl ich. Ich glaube, dass Blerim als dritter Schütze auf dem Zettel stand. Er wollte unbedingt schiessen, hatte den Ball in den Händen. Warum sollen wir streiten. Das gibt kein gutes Bild gegen aussen ab.

Verstehen Sie Italienisch?
Ja, eigentlich alles. Nur mit Reden habe ich noch Mühe. Aber das ist kein Problem. Mit Montolivo und Calhanoglu spreche ich Deutsch. Mit anderen Spanisch.

Sie und Nicole haben Anfang August zusammen mit Calhanoglu und dessen Freundin in Portofino ein Boot gemietet. Die Paparazzi-Bilder waren sofort auf dem Netz ...
... ja. Das geht sehr schnell hier. Deshalb musst du auch überlegen, wann du ans Meer fährst. Besser nicht nach einer Niederlage.

Klingt entspannt. Noch in Deutschland wollten Sie, dass keine Fotos von Nicole gemacht werden.
Am Anfang wollte ich sie schützen. Ich war der Meinung, dass mein Privatleben niemanden was angeht. Und auch Nicole wollte nicht in die Öffentlichkeit. Das will sie auch jetzt nicht. Aber wir sehen es entspannter. Ich will nichts verbergen, ich bin sehr glücklich mit ihr.

Die Frau Ihres älteren Bruders Roberto ist schwanger mit Zwillingen. Onkel Rici tönt gut, nicht?
Klar! Ich freue mich sehr. Ich werde nicht nur Onkel, sondern auch Götti. Cico übrigens auch.

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Seit Sommer 2017 beim AC Milan unter Vertrag: Ricardo Rodriguez.
Foto: TOTO MARTI

Wie weit ist die Familienplanung bei Nicole und Ihnen fortgeschritten?
So weit sind wir noch nicht. Nicole ist aber die Frau, mit der ich mir vorstellen kann, Kinder zu haben.

FCZ-Fans träumen davon, dass irgendwann alle drei Rodriguez-Brüder gleichzeitig für Zürich auflaufen. Realistisch?
Warum nicht? Aber im Moment denke ich nicht so weit. Keiner weiss, was morgen ist. Vielleicht komme ich mal zum FCZ zurück. Vielleicht auch nach Wolfsburg. Zu weit in die Zukunft zu denken, bringt nichts. Ich versuche die Gegenwart zu geniessen.

Konnten Sie das schon immer?
Vielleicht denke mittlerweile schon ein wenig anders. Es passieren so viele Dinge auf der Welt. Auch ich habe schwere Schicksalsschläge erlebt. Man muss den Moment geniessen, nichts ist selbstverständlich. Mein Leben ist nicht selbstverständlich. Dass ich bei Milan spielen kann, dass es mir gut geht. Ich bin dankbar, auch dass ich mich über Kleinigkeiten freuen kann.

Sie freuen sich über Kleinigkeiten?
Sicher! Ich habe ja eigentlich alles, was ich brauche. Kleinigkeiten machen mir Freude. Noch mehr Freude macht mir, wenn ich jemand anderem eine Freude machen kann.

So wie dem Hortleiter in Schwamendingen, dem Sie und Ihre Brüder ab und zu Fussballschuhe und T-Shirts vorbei bringen?
Ja. Jetzt wo Sie es sagen: Ich war schon länger nicht mehr da.

Warum tun Sie das?
Er verteilt diese Sachen den Kindern. Vor Jahren war ich eines dieser Kinder. Meine Brüder und ich waren in diesem Hort. Er hat viel für unsere Familie gemacht. Zum Beispiel uns ausgeholfen, wenn wir das Trainingslager nicht sofort bezahlen konnten.

Jetzt können Sie sich fast alles leisten. Was machen Sie mit Ihrem Geld?
Ich habe Menschen, denen ich vertraue, die mein Geld verwalten.

Für was geben Sie am meisten Geld aus?
Ferien und Wohnen. Manchmal auch für Kleider. Vor allem schaue ich für meine Familie. Ich will, dass es meinen Nächsten allen gut geht. Das ist das Wichtigste. Ich werfe das Geld nicht zum Fenster raus.

Sind Sie sparsam?
Je nachdem. Es gibt Momente, da kaufe ich etwas, wenn es mir wahnsinnig gut gefällt und perfekt sitzt. Dann schaue ich nicht auf den Preis. Aber oft kommt mir auch in den Sinn, wie es früher war. Und ich frage mich: Kann etwas zum Anziehen so teuer sein? Ist es das wert? Dann lege ich es zurück, obwohl ich es mir leisten könnte.

Ihre Mutter Marcela war sehr bodenständig. Sie ist im November vor zwei Jahren verstorben. Ist sie in solchen Momenten präsent?
Unsere Mutter hat dafür gesorgt, dass wir am Boden bleiben. Sie und mein Vater sind immer präsent. Sie haben uns so erzogen. Ich höre sie immer noch. Sie ist in meinem Kopf. Sie ist in meinem Herzen ... Mir geht es gut dank dem lieben Gott.

Sind Sie gläubig?
Ich glaube an Gott. Und ich bedanke mich von Zeit zu Zeit bei ihm, dass es uns so gut geht.

Gehen Sie regelmässig in die Kirche?
Nein, selten. Ich glaube an Gott, dazu muss ich nicht in die Kirche.

Besuchen Sie das Grab Ihrer Mutter oft?
Sie sieht mich auch von da oben, und sie ist in meinem Herzen. Ich muss nicht ans Grab um ihr nahe zu sein.

Wer hatte die Idee, dass alle drei Brüder mit der Nummer 68 spielen, dem Jahrgang eurer Mutter?
Cico. Und Robi und ich haben seine Idee sehr schön gefunden.

Jetzt stehen die letzten WM-Quali-Spiele gegen Ungarn und Portugal an. Die Schweiz hat noch keinen Punkt abgegeben. Kommts zum Showdown in Portugal?
Das hoffen wir! Aber erst müssen wir Ungarn schlagen. Das wird genug schwierig, auswärts haben wir mit Mühe 3:2 gewinnen können. Aber wir packen es. Ich traue uns zu, dass wir auch Portugal schlagen und die Gruppe verlustpunktlos gewinnen.

Warum so selbstsicher?
Weil ich an meine Mitspieler glaube, an mich und an den Trainer. Vladimir Petkovic wird uns gut einstellen, der Zusammenhalt stimmt. Wir werden es schaffen!

Welchen Anteil hat Petkovic?
Einen grossen. Er ist ein guter Trainer. Und er weiss, dass er uns vertrauen kann.

Ihr geniesst viele Freiheiten. Er verzichtet sogar auf Testspiele?
Vielleicht ist er der Meinung, dass Freundschaftsspiele nichts bringen. Und vielleicht denken wir Spieler ja auch so! Es passt einfach. Alle fühlen sich wohl. Wir h aben Spass und Lust. Alle sind wichtig. Und das spürt man. Wir sind ein Team. Ich freue mich riesig auf den Zusammenzug.

Wie stoppt man eigentlich Cristiano Ronaldo?
Man muss eng an ihm dran sein, ihm, wenn möglich, keine Räume lassen. Das ist aber nicht so einfach: Er ist clever, schnell, er kann dir jederzeit hinter deinem Rücken entwischen.

Sie sagten einst, Robben sei Ihr schwierigster Gegner gewesen ...
... habe ich das gesagt? Vielleicht. Robben ist sehr schnell mit den Füssen, da darfst du keine Sekunde schlafen.

Es scheint als würden Sie an grossen Aufgaben wachsen. Gilt generell: Je besser der Gegner, desto besser Rodriguez?
Das gilt doch für uns alle. Wir erstarren nicht in Ehrfurcht. Grosse Namen geben uns einen Extra-Schub. Aber auch gegen die sogenannt kleinen Nationen waren wir immer richtig eingestellt.

Was würden Sie tun, wenn beim Stand von 0:0 Ronaldo in der 90. Minute aufs Schweizer Tor lossprintet?
Dann fräse ich ihn um! Ich muss für die Mannschaft schauen. Das würden doch alle tun!

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