Sepp Blatters «einziger Freund»
Die Fifa zahlte Witwe von Ex-Nati-Coach Hüssy 393'000 Franken!

Ex-Fifa-Boss Sepp Blatter nannte ihn seinen «einzigen Freund». Die Witwe des 2007 verstorbenen Nati-Coaches René Hüssy profitierte elf Jahre davon. Mit einer monatlichen Rente.
Publiziert: 07.11.2018 um 09:07 Uhr
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Aktualisiert: 17.11.2018 um 23:00 Uhr
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Weiss von nichts – Witwe Carla Hüssy (M.): «Wie bitte? Ich, eine Rente von der Fifa?»
Andreas Böni und Max Kern

Die Welt diskutiert über die Enthüllungen von «Football Leaks». Und innerhalb der Dokumente ­tauchen auch interessante ­Details aus der Fifa-Ära von Sepp Blatter (Präsident von 1998 bis 2016) auf. Es geht um Wohl­tä­tigkeits-Zahlungen, «40' 000 Franken für den Verein Showszene Schweiz, der den Prix Walo ausrichtet. 6000 Franken für Rotary Dübendorf. 120 '000 Franken pro Ausgabe des Zürcher Zoofäschts», schrieb der «Tages-Anzeiger» und ergänzt: «Aber auch kuriose Kleinzahlungen tauchen auf, etwa eine informelle 3000-Franken-Rente an die Witwe eines 2007 verstorbenen Schweizer Nationaltrainers und Sepp-Blatter-Freunds.»

BLICK-Recherchen zeigen: Es handelt sich um die 91-jährige Witwe von Ex-Nati-Coach René Hüssy, der im März 2007 verstarb. Blatter war eng mit dem ehema­ligen GC-Meistertrainer befreundet. Weinhändler Hüssy arbeitete von 1982 bis 1998 im Nebenamt als Trainer-Ausbildner und Instruktor weltweit für die Fifa. Hüssy, Kosename «Kragenbär», erhielt 2002 an der WM in Südkorea von Blatter den Fifa-Verdienstorden.

2010 sagte der damalige Fifa-Boss Blatter: «Der einzige Freund, der mir wirklich sagte, wie es ist, war der leider verstorbene René Hüssy. Dass er starb, macht mich heute noch unglücklich.»

Auch mit Hüssys Gattin Carla (91), einer gebürtigen Tessinerin, verstand sich Blatter bestens. So gut, dass er ihr die letzten elf Jahre aus der Fifa-Kasse offenbar eine monatliche Rente von 3000 Franken auszahlen liess. Diese Zahlungen sind jetzt vor einem Monat von Blatters Nachfolgern gestoppt worden.

Hüssys Witwe lebt heute zurückgezogen in einem betreuten Wohnheim am Zürichberg. BLICK besucht die Dame gestern Nachmittag. Sie ist gerade mit Mitbewohnerinnen am Bastelkurs. Und sagt später bei einer Tasse Kaffee crème: «Wie bitte? Ich, ein Rente von der Fifa? Nein, davon weiss ich überhaupt nichts.»

Rente für Miete im Wohnheim

Eine Extra-Rente aus der Fifa-Schatulle steht Hüssys Witwe rechtlich auch nicht zu, wie die Fifa mitteilt. Der Weltverband stoppte die Zahlung nun in diesem Oktober. Geht man davon aus, dass Blatter direkt nach Hüssys Tod die Witwen-Rente auslösen liess, bekam Frau Hüssy 131 Monate lang eine Rente – oder 393' 000 Franken für nichts. Es ist anzunehmen, dass die Rentenzahlungen direkt für die Mieten im Wohnheim verwendet wurden. Ein Bett in einem Altersheim kostet in Zürich bis zu 7000 Franken pro Monat.

Das meint BLICK-Fussball-Chef Andreas Böni: Fifa-Filz!

Sepp Blatter lässt der Witwe von Ex-Nati-Coach René Hüssy jeden Monat 3000 Franken überweisen. An sich eine wunderschöne Geste, aber nur auf den ersten Blick. Denn so schön die Tat an sich sein mag: Dass die Zahlung von ­Fifa-Geld bezahlt wird, ist nichts anderes als Kumpanei.

Anrüchig ist es deshalb, weil Blatter lieber das Geld seiner Firma statt sein privates dafür aufwendete. 393 000 Franken berappte der Weltfussball-
Verband an Frau Hüssy. Ein 
Betrag, den Blatter auch aus seiner privaten Schatulle hätte bezahlen können.

Zum Vergleich: Blatter bekam allein für die WM-Endrunden 2010 in Südafrika und 2014 in Brasilien rund 10 Millionen Euro an Prämien – das ergab eine 
interne Fifa-Studie.

So steht dieses Beispiel, dass Blatter eine Zahlung ohne 
Gegenleistung auslösen liess, exemplarisch für den Filz innerhalb der Fifa. Die Zahlungen flossen nur, weil Hüssy ein Freund von Blatter war.

Dass die Fifa nun die Zahlungen einstellt, ist deswegen nachvollziehbar. Denn am Ende des Tages muss man jeden langjährigen Mitarbeiter gleich behandeln.

Und wer weiss: Vielleicht zahlt ja Sepp Blatter persönlich nun die Rente weiter.

Darum gehts in den neusten «Football Leaks»-Enthüllungen

Es sind Tausende interne Dokumente, E-Mails und vertrauliche Sitzungsprotokolle, die illegal beschafft und dem «Spiegel» zugespielt wurden. Mithilfe von diesen geht das Nachrichten-Magazin zusammen mit seinem Recherche-Netzwerk auf Gianni Infantino (48) los und kommt zum Schluss: «Er ist nur der nächste Despot, der sich den Fussball untertan macht.»

BLICK fasst die Vorwürfe gegen den Fifa-Boss zusammen.

  • Der Fall Paris SG. Als Generalsekretär der Uefa soll Infantino 2014 einen Deal mit Paris SG gemacht und die Regeln des sogenannten Financial Fairplays (ein Klub darf nur ausgeben, was er einnimmt) ausgehebelt haben. Konkret wollte PSG-Boss Nasser al-Khelaifi 215 Millionen Euro pro Jahr in den Klub pumpen – und sollte dafür von Paris SG Dienstleistungen bekommen, die gemäss Experten nur 2,79 Millionen Euro wert waren. Infantino verhandelte mit dem Scheich, suchte Kompromisse. Mehr Gegenleistungen für Katar, mehr Geld für PSG. Man fand sich bei 100 Millionen Euro pro Jahr. «Damit segnete er de facto ein Finanzdoping ab», schreibt der «Tages-Anzeiger». Die Fifa hält dagegen, der Uefa-Generalsekretär dürfe bei solchen Abmachungen assistieren, «um Lösungen zu finden».

  • Der Charter-Vorwurf. Allein im Dezember 2017 sei Infantino fünf Mal mit einem Charter geflogen, schreibt der «Spiegel». Für 47'000 Euro von Zürich nach Kuwait, für 58'000 Euro von Genf über Riad nach Dubai.

  • Der Ethik-Kodex-Vorwurf. In einem E-Mail vom 17. Dezember 2017 von Fifa-Richter Vassilios Skouris an Infantino steht: «Lieber Gianni, wie versprochen schicke ich dir den Entwurf des Kodex. (...)» Falls der Boss Anmerkungen habe, solle er diese schicken. Infantino schlägt bei zwölf Artikeln Änderungen vor. Ex-Fifa-Richter Hans-Joachim Eckert sieht darin einen «klaren Verstoss gegen den Kodex und die Statuten der Fifa». Der Weltverband meint, es sei für Infantino als erfahrenen Juristen «ganz natürlich», dass er mit Skouris einen solchen Austausch pflege.

  • Der Super-Freundinnen-Vorwurf: 2017 werden der Schweizer Ermittler Cornel Borbély und Richter Eckert als Chefs der Ethikkommission abgesetzt. Ersetzt wird Borbély durch Maria Claudia Rojas, eine Verwaltungsrichterin aus Kolumbien. Vorgeschlagen worden war sie durch den Chef des kolumbianischen Fussball-Verbands, der seinem Dachverband Conmebol schrieb, sie sei eine «Deluxe-Kandidatin», «fussballverrückt» und eine «Superamiga», eine Superfreundin von ihm. Sie stellte allfällige Ermittlungen gegen Infantino sofort ein. Und war an der WM mit Kindern vor Ort. Eckert ätzt deswegen: «Ich wüsste nicht, was die Rechtfertigung für mich gewesen wäre, die ganze WM im Fifa-Hotel zu verbringen.» Der Fifa stösst sauer auf, dass Eckert (Fifa-Gehalt lag bei 300'000 US Dollar pro Jahr) sich nun immer wieder äussert («Wir wurden gestoppt, weil wir unabhängig ermittelt haben – auch gegen Herrn Infantino selbst»). Der Standpunkt des Weltverbands: Eckert habe dem Treiben unter Sepp Blatter selbst lange zugeschaut und nicht eingegriffen.

  • Die absurden Vorwürfe, Infantino grüsse nicht, wenn er Mitarbeiter im Gang sehe, und er rauche auf der Mitarbeiterbrücke, erzählen anonyme Quellen. «Büroklatsch», nennt es die Fifa, keine harten Fakten. Wie auch die Unterstellung, dass Infantino einen Audi Q7, einen Hyundai-Geländewagen und einen S-Klasse-Mercedes 500 fahre. Nach SonntagsBlick-Informationen wollte Infantino den Mercedes zurückgeben, um den Wagen von Sponsor Hyundai zu fahren. Doch Fifa-interne Mitarbeiter stoppten die Rückgabe, da der Ausstieg aus dem Leasing-Vertrag die Fifa Geld gekostet hätte.

Das sagt die Fifa

Der Weltfussball-Verband spricht davon, dass die meisten ihrer «ehrlichen und offenen Antworten» auf mehrere Hundert Fragen vom Recherche-Desk «ignoriert» worden seien. Man habe nur das Ziel, «die neue Fifa-Führung um Infantino und Generalsekretärin Fatma Samoura zu untergraben». Die Fifa vermutet, dass frustrierte Ex-Mitarbeiter durch gezieltes Streuen falscher Gerüchte über Infantino hinter den Attacken stehen. Infantino selbst sagt: «Ich war immer auf starke Opposition eingestellt, besonders von denen, die sich nicht mehr schamlos am System bedienen können, von dem sie Teil waren.»

Ruhiger wird es um ihn kaum werden. Im Juni 2019 steht die Wahl zum Fifa-Präsidenten an. Infantino wird wieder kandidieren. (abö)

Es sind Tausende interne Dokumente, E-Mails und vertrauliche Sitzungsprotokolle, die illegal beschafft und dem «Spiegel» zugespielt wurden. Mithilfe von diesen geht das Nachrichten-Magazin zusammen mit seinem Recherche-Netzwerk auf Gianni Infantino (48) los und kommt zum Schluss: «Er ist nur der nächste Despot, der sich den Fussball untertan macht.»

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  • Die absurden Vorwürfe, Infantino grüsse nicht, wenn er Mitarbeiter im Gang sehe, und er rauche auf der Mitarbeiterbrücke, erzählen anonyme Quellen. «Büroklatsch», nennt es die Fifa, keine harten Fakten. Wie auch die Unterstellung, dass Infantino einen Audi Q7, einen Hyundai-Geländewagen und einen S-Klasse-Mercedes 500 fahre. Nach SonntagsBlick-Informationen wollte Infantino den Mercedes zurückgeben, um den Wagen von Sponsor Hyundai zu fahren. Doch Fifa-interne Mitarbeiter stoppten die Rückgabe, da der Ausstieg aus dem Leasing-Vertrag die Fifa Geld gekostet hätte.

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Ruhiger wird es um ihn kaum werden. Im Juni 2019 steht die Wahl zum Fifa-Präsidenten an. Infantino wird wieder kandidieren. (abö)

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