Rückkehrer Yassin Mikari erklärt
So verrückt ist der tunesische Fussball

Ob eine Million Fans an der Meisterfeier, zehn Monate keinen Lohn oder besonders freundlich gesinnte Polizisten – Yassin Mikari hat in Tunesien alles erlebt.
Publiziert: 19.12.2016 um 13:45 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 15:10 Uhr
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Heldenstatus: Yassin Mikari in Tunesien mit dem Meisterpokal.
Foto: Instagram
Sandro Inguscio und Michel Wettstein

Er spielte für den FCZ Nachwuchs, wechselte zum Stadtrivalen GC. Er kämpfte sich von der Challenge League zurück in die Super League. Er verhandelte sogar mit dem FCB. Schaffte den Sprung ins Ausland zu Sochaux.

Die Karriere von Yassin Mikari war bewegt. Doch richtig verrückt wurde sie erst, als er in die Heimat nach Tunesien wechselte!

Im Sommer 2014 klopft Club Africain Tunis bei ihm an. Der Verteidiger ist da zurück in Luzern. Galt als Transfercoup des damaligen Sportchefs Alex Frei. Als nach nur einem Jahr die Offerte aus Tunesien reinflattert, ist die Idee im Heimatland spielen zu können zu reizvoll, die finanzielle Perspektive zu lukrativ.

Mikari nimmt an und begibt sich in ein Abenteuer, das alles übertreffen würde, was er sich vorgestellt hatte. «Ich wurde in der Heimat gefeiert wie ein Held. Die Euphorie um unser Team war grenzenlos. Fast 40 Prozent der ganzen Bevölkerung Tunesiens ist Fan von Club Africain», sagt Mikari.

Das erste Jahr: ein Vollerfolg. Der Verteidiger bezieht mit Frau und Tochter eine Traumwohnung direkt am Strand. Wird Meister. «Mit dieser Fussball-Euphorie kann kein anderes Land mithalten. Über eine Million Fans kamen zur Meisterfeier!», sagt Mikari.

Die Spieler werden angehimmelt. Selbst von der Polizei! «Als mich Polizisten einmal mit meinem Auto stoppten und mich erkannten, riefen sie nur: ,Mikaaari! Du warst zu schnell und am Telefon! Aber was solls, können wir ein Trikot haben, wir eskortieren dich danach mit unseren Töffs ins Training», sagt Mikari und schüttelt lachend den Kopf. 

Doch mitten in der Euphorie folgt der Knall. Weil der Erfolg dem Sportchef gutgehalten wird, wirft ihn der Präsident und Geldgeber aus Eifersucht raus. Ab da wirds chaotisch. In der zweiten Saison verliert das Team nach vier Spielen das Derby gegen Esperance. «Der Präsident entliess danach den Trainer, den Staff und die gesamte medizinische Abteilung», blickt Mikari zurück. Und: er zahlt den Spielern zur Strafe die Löhne nicht mehr. «Wir streikten, trainierten nicht mehr, bis er zahlte», sagt der Schweiz-Tunesier.

Für ihn kommts noch schlimmer. Mikari reisst sich das Kreuzband. Kriegt seinen Lohn gar nicht mehr. «Ich musste mir einen Anwalt nehmen und Klage einreichen. Ich gewann den Fall, warte aber noch heute auf die 10 Monatslöhne, die ich zu Gute habe.»

Seit Sommer ist Mikari zurück in der Schweiz. War im Probetraining bei Aarau und dem FCZ. «Ich bin zwar 33, trainiere mit meinem Personaltrainer Stefan Kohler und bin topfit. Ich brauche noch einen schönen Abschluss meiner Karriere. Ich will nochmals Spass haben am Fussball», sagt er.

Auch wenn er das Abenteuer in Tunesien nicht bereut. Ganz so verrückt muss die nächste und letzte Station dann doch nicht mehr sein.

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