Über den verspotteten Trainer lacht jetzt keiner mehr
Wie sich Brighton zu einem Top-Klub mauserte

Brighton & Hove Albion trumpft in der Premier League gross auf und träumt von Europa. Der Verein zeigt, dass man auch ohne milliardenschwere Investoren Erfolg in der besten Liga der Welt haben kann – und hat eines der grössten Trainertalente an der Seitenlinie.
Publiziert: 15.05.2023 um 17:49 Uhr
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Brighton & Hove Albion kommt in dieser Saison nicht mehr aus dem Jubeln heraus.
Foto: Getty Images
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Brighton & Hove Albion kommt in dieser Saison nicht mehr aus dem Jubeln heraus.
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Björn Lindroos

Der Titelkampf in der Premier League ist seit Sonntagabend so gut wie entschieden. Gerade hat Titelanwärter Arsenal sein Heimspiel 0:3 gegen Brighton verloren, Manchester City fehlt noch ein Sieg zum erneuten Titelgewinn. Während die klare Niederlage für die Gunners den K.-o.-Schlag bedeutet, ist es für Brighton nur der nächste Coup in einer äusserst erfolgreichen Saison.

Die Seagulls – eine Hommage an die im Küstenort Südenglands omnipräsenten Möwen – arbeiten seit ihrem Premier-League-Aufstieg 2017 mit einer erstklassigen Strategie und extrem strukturiert. Den Verein aus dem englischen Badeort bringt nichts aus der Ruhe, so bewiesen zu Beginn der aktuellen Saison. Als man einen starken Saisonstart hinlegte und nach sieben Spielen auf Rang vier lag, kam plötzlich das grosse Chelsea und schnappte sich Trainer Graham Potter für eine Ablöse von 21 Millionen Pfund.

Das grosse Trainertalent De Zerbi

Doch Brighton schien vorbereitet und verpflichtete schnell den italienischen Strategen Roberto De Zerbi (43) als Nachfolger. Ein Trainer, der zuvor Schachtar Donezk und mittelklassige Vereine in Italien trainiert hatte. In England war er ein völlig Unbekannter. Starspieler Adam Lallana (35) kannte ihn bei seiner Verpflichtung nicht einmal, und in englischen TV-Studios wurde geätzt, er kenne doch die britische Spielweise nicht.

Doch De Zerbi strafte sie Lügen. Er lässt Fussball spielen, die jeden Geniesser mit der Zunge schnalzen lassen. Mit viel Ballbesitz versucht er die Gegner regelrecht auseinander zu nehmen. Sollten diese ein hohes Gegenpressing spielen, versucht Brighton, die anlaufenden Gegenspieler mit so vielen Direktpässen wie möglich zu umspielen. Ein Fussball, der enorme Qualität und Ruhe von jedem Spieler verlangt.

Guardiolas Lob

«De Zerbi wird in England einen enormen Einfluss haben», adelte ManCity-Coach Pep Guardiola (52) seinen Kontrahenten nach Citys Aufeinandertreffen mit Brighton. Die Südengländer verloren zwar mit 1:3, hatten aber mehr Ballbesitz als das Star-Ensemble des Leaders. Und das ausgerechnet gegen Guardiola, den Ballbesitz-Trainer schlechthin. Den Ball einfach nach vorne zu schlagen, sei für De Zerbi ein Glücksspiel. «Und da ich nicht gerne wette, trainiere ich lieber eine Mannschaft, die vorsichtig von hinten herausspielt», sagte er einst zu «Bobo TV».

Ergebnis davon sind teils extrem schön anzusehende Spielzüge und hohe Ballbesitzprozente. Doch vor allem wichtig: der Fussball ist erfolgreich. Vier Spiele vor Schluss liegt Brighton mit einer Partie weniger als die Konkurrenz auf dem sechsten Tabellenrang und kämpft um die europäischen Plätze. Die Topklubs Manchester United, Arsenal, Liverpool und Chelsea zogen gegen Brighton allesamt den Kürzeren.

Der Weltmeister in den eigenen Reihen

Und all dies schaffen die Seagulls in einer Liga, die nur so von Kommerz und Unsummen von Geld sprudelt, ohne milliardenschwere Investoren und vor allem auch ohne Superstars. Der beste Spieler im Kader heisst Alexis Mac Allister (24) und spielte sich vor allem an der WM 2022 in den Fokus. Mit Argentinien wurde er Weltmeister, bei Brighton ist er der Mittelfeldstratege, De Zerbis Fels in der Brandung. Im Sommer könnte er den Verein verlassen und 80 Millionen in die Kasse spülen. Liverpool und andere Topklubs sollen interessiert sein. 

Es wäre nicht das erste Mal, dass Brighton Spieler teuer weiterverkauft, im letzten Sommer generierte man 113 Millionen Euro Transfereinnahmen. Millionen, die geschickt wieder investiert wurden und sich jetzt auszahlen: Gewinnt Brighton den Rest seiner Spiele, spielt man in der nächsten Saison zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte europäisch. Und lässt einige der millionenschweren Gigantenklubs hinter sich.

Premier League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Liverpool FC
Liverpool FC
31
42
73
2
Arsenal FC
Arsenal FC
31
30
62
3
Nottingham Forest
Nottingham Forest
31
14
57
4
Chelsea FC
Chelsea FC
31
17
53
5
Newcastle United
Newcastle United
30
13
53
6
Manchester City
Manchester City
31
17
52
7
Aston Villa
Aston Villa
31
0
51
8
FC Fulham
FC Fulham
31
5
48
9
Brighton & Hove Albion
Brighton & Hove Albion
31
2
47
10
AFC Bournemouth
AFC Bournemouth
31
11
45
11
Crystal Palace
Crystal Palace
30
4
43
12
Brentford FC
Brentford FC
31
4
42
13
Manchester United
Manchester United
31
-4
38
14
Tottenham Hotspur
Tottenham Hotspur
31
13
37
15
Everton FC
Everton FC
31
-5
35
16
West Ham United
West Ham United
31
-17
35
17
Wolverhampton Wanderers
Wolverhampton Wanderers
31
-16
32
18
Ipswich Town
Ipswich Town
31
-34
20
19
Leicester City
Leicester City
31
-45
17
20
Southampton FC
Southampton FC
31
-51
10
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