Rudelbildung nach Führungstreffer in der Nachspielzeit
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River Plate – Boca Juniors:Rudelbildung nach Führungstreffer in der Nachspielzeit

Nach Tor in der Nachspielzeit eskaliert das Derby
Sieben Rote Karten bei wildem Superclasico

Das Stadtderby in Buenos Aires zwischen River Plate und Boca Juniors steht für eine der grössten Rivalitäten im Fussball. In der Nacht auf Montag kochten die Emotionen über.
Publiziert: 08.05.2023 um 16:25 Uhr
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Erst war der Jubel bei River Plate gross: In der Nachspielzeit erzielt man per Elfmeter das 1:0.
Foto: imago/Photogamma

In der 93. Minute kommts zur Rudelbildung. River Plate geht im Heimderby gegen Boca Juniors dank eines Penaltys in der Nachspielzeit in Führung, gewinnt das Duell der Erzrivalen mit 1:0. Die Situation eskaliert. Spieler, Trainer und Funktionäre können von Sicherheitsleuten kaum mehr getrennt werden.

Die Nachspielzeit dauert am Ende unfassbare 19 Minuten. Der Schiedsrichter verteilt sieben Rote Karten. Auf beiden Seiten werden je drei Spieler des Feldes verwiesen, auch Boca-Trainer Jorge Almirón (51) sieht Rot.

Eskalation nach Torjubel

Wieso kommt es zur Rudelbildung? Während die Mehrheit der River-Spieler den Torschützen bestürmt, soll einer ins Gesicht von Torhüter Sergio Romero (36), der lange Zeit bei Manchester United unter Vertrag stand, gejubelt haben. Als er seinen Gegenspieler deshalb packen und zurechtweisen wollte, seien die Teamkollegen zur Unterstützung herangeeilt, schildert der Goalie-Routinier seine Sicht gegenüber CBS Sport.

Als «schrecklichen Wahnsinn von allen Seiten», bezeichnet Enzo Pérez (37), Captain von River Plate, die Szenen. «Wir versuchten, zu trennen, zu beruhigen, wegzugehen. Aber wenn so viele Leute da sind, die nicht aufs Spielfeld gehören, und Nervosität aufkommt, wirds schwierig.»

Erfolgstrainer Demichelis mit martialischen Worten

«Wenn das Resultat nicht wie gewünscht ausfällt, kann die Leidenschaft manchmal alles andere überkommen», äussert sich Martin Demichelis (42). Der ehemalige Bayern-Akteur (von 2003 bis 2010) ist seit Januar 2023 Trainer seines Jugendvereins – er steht mit River Plate souverän an der Ligaspitze – und findet martialische Worte: «In Argentinien ertragen wir es nicht, zu verlieren – wir lassen uns lieber töten.»

Das trifft besonders im Fall der beiden Klubs aus Buenos Aires zu. Die Rivalität zwischen River Plate und Boca Juniors geht schon lange weit über das Sportliche hinaus. Einst teilten die Vereine denselben Ursprung, stammten aus dem ärmlichen Hafenviertel «La Boca». In den 1930er-Jahren zog River aber in ein reicheres Viertel und trägt seither den Spitznamen «Los Millionarios».

Superclasico eine Geschichte der Gewalt

Die Boca Juniors blieben dem Hafenviertel treu. Über die Jahrzehnte entstand eine heftige Rivalität. River gegen Boca wurde mitunter zum Klassenkampf. Auch wenn heutzutage beide Teams aus verschiedenen demografischen Schichten Fans anziehen – River und Boca sind die polarisierenden Aushängeschilder im argentinischen Fussball.

Die Geschichte des Superclasicos ist auch eine Geschichte der Fan-Gewalt. Das jüngste Beispiel ist der Final der Copa Libertadores 2018, der südamerikanischen Champions League. Aus Sicherheitsbedenken musste das Duell der Erzrivalen ins Ausland nach Madrid verlegt werden. Zuvor wurde unter anderem der Mannschaftsbus der Boca Juniors mit Steinen attackiert – mehrere Spieler wurden verletzt.

Aus Angst vor Gewaltexzessen sind in Argentinien bis auf wenige Ausnahmen keine Gästefans zugelassen. Wer sieht, wie sich in diesem hitzigen Duell sogar die Spieler vergessen, versteht warum. (dti)

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