Beim 0:4 vor einer Woche in Lissabon lässt sich die Nati von Portugal regelrecht vorführen. Gregor Kobel nennt den misslungenen Auftritt beim Namen. Der Nati-Goalie sagt nach dem erlösenden Schlusspfiff: «Das war ein Scheiss-Spiel bis zum Schluss. Es ist schwierig, das zu analysieren…»
Die 15 Minuten vor der Pause dürften wohl die schlechteste Viertelstunde einer Nati seit Jahren gewesen sein: Angriff um Angriff bricht über die Schweizer hinein: Zweimal trifft Cristiano Ronaldo ins Netz, zwei weitere Hochkaräter lässt der Superstar netterweise noch liegen. Vielleicht aus Mitleid mit den hilflosen Schweizern. Vielleicht auch aus Mitleid mit seiner Mutter, die auf der Tribüne wegen der Gala-Vorstellung ihres Sohnes an Schnapp-Atmung leidet.
Letztmals ein 0:4 kassierte die Nati 2008 in einem Test gegen Deutschland. Auch Trainer Murat Yakin ist nach der portugiesischen Lehrstunde bedient, sagt: «Heute müssen wir keine Ausreden suchen, der Gegner war in allen Phasen besser.»
Es sind Ronaldos Tore 116 und 117 im 188. Spiel für Portugal. Die Nati scheint CR7 zu liegen: Beim 3:1 im Halbfinal der Nations League 2019 traf er gleich dreifach!
Weitere Ronaldo-Tore gegen die Schweiz werden nicht dazukommen. Zumindest nicht am Sonntag in Genf. Der Mega-Star ist nicht in die Schweiz gereist. Genau wie der Dortmunder Raphael Guerreiro und Routinier Joao Moutinho.
Ronaldo-Frust in Genf
Als Grund nennt der portugiesische Verband «Aufwandsmanagement». Portugals Trainer Fernando Santos sagt: «Körperliche Probleme sind es nicht. Es ist normales Management. Es würde keinen Sinn machen, mit 26 Spielern in die Schweiz zu reisen, wenn nur 23 im Kader sein können…»
Anders formuliert: Die Reise nach Genf lohnt sich für das Trio nicht. Ronaldo wird geschont. Macht den Anschein, als würden die Portugiesen die Schweizer von vor einer Woche auf die leichte Schulter nehmen. Wer kann’s ihnen verübeln nach dem schwachen Auftritt von vor einer Woche?
Xhaka: «Vielleicht ist es gut, dass Ronaldo fehlt»
Übel nehmen es dem portugiesischen Verband alle CR7-Fans in der Schweiz und die vielen in der Schweiz lebenden Portugiesen. Sie alle sind nun frustriert und schieben den ganz grossen Ronaldo-Frust. Denn nicht zuletzt wegen des fünffachen Weltfussballers ist das Stade de Genève für am Sonntag mit 26'300 Fans ausverkauft.
Was heisst die Abwesenheit von CR7 für unsere Nati-Stars? Sind das gute oder schlechte Neuigkeiten? Für Captain Granit Xhaka beides. Er sagt: «Wir wollen uns mit den Besten messen. Und Ronaldo ist der Beste. Deshalb ist es schade. Aber wir wissen natürlich auch, dass er gegen uns auch gerne trifft, deshalb ist es vielleicht gut, dass er fehlt.» Xhaka ergänzt: «Aber auch ohne ihn, wird die Aufgabe sicher nicht leichter für uns.»
«Es wird eine andere Mannschaft auf dem Platz stehen»
Egal, wer von den portugiesischen Superstars gegenübersteht und wer nicht, die Nati will eine Woche nach der Peinlich-Pleite Revanche nehmen. Zuversichtlich, dass es klappen könnte, macht nicht nur die zweite Halbzeit beim 0:1 gegen Spanien, sondern auch die Personal-Situation. Yakin sagt: «Wir haben was gut zu machen. Es wird eine ganz andere Mannschaft auf dem Platz stehen als noch in Portugal.» Im Gegensatz zum Hinspiel in Lissabon dürfte Yakin seine Verteidigung auf drei von vier Positionen umstellen. Abwehrchef Manuel Akanji hat sich gegen Spanien zurückgemeldet. Und man hofft, dass der zuletzt angeschlagenen Nico Elvedi grünes Licht gibt. Rechts verteidigt Silvan Widmer statt Kevin Mbabu. Einzig hinten links dürfte wieder Ricardo Rodriguez auflaufen.
Eine gelungene Revanche wäre eminent wichtig: Eine weitere Pleite kann sich die Nati nicht leisten, will sie nicht schon nach dem vierten Spieltag der Nations League quasi als Absteiger aus der Gruppe A feststehen. Zudem ist die Nati im WM-Jahr 2022 noch ohne Sieg. Yakin schiebt vor dem Knüller all die Statistiken und negativen Gedanken zur Seite. «Wir fokussieren uns ganz auf unsere Aufgabe.»