Mike Kraus gründete die 1. Übergewichtige Fussball-Liga Deutschlands
«Wir benötigen XXXXXXL-Trikots»

Für einmal haben Dünne keine Chance. Wer in der 1. Fussball-Liga für Übergewichtige mitspielen will, muss dick sein. Welche Idee dahintersteckt, erklärt Gründer Mike Kraus.
Publiziert: 15.08.2023 um 13:43 Uhr
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Aktualisiert: 15.08.2023 um 13:49 Uhr
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In diesem Frühling hat die 1. Übergewichtige Fussball-Liga ihren Spielbetrieb aufgenommen.
Foto: Getty Images
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Daniel LeuStv. Sportchef

Blick: Herr Kraus, darf ich Sie fragen, wie schwer Sie zurzeit sind?
Mike Kraus: Das dürfen Sie, ich bin aber seit längerem nicht mehr auf die Waage gestanden. Ich schätze mal, dass ich momentan etwa 118 Kilogramm schwer bin und einen BMI von 34 habe.

Waren Sie schon immer übergewichtig?
Sagen wir es mal so: Vor Corona war es noch akzeptabel. Doch während der Zeit im Homeoffice ging es stetig rauf. Mittlerweile bin ich aber wieder dabei, etwas abzunehmen.

Sie sind der Gründer der 1. Übergewichtigen Fussball-Liga Deutschlands. Wie kamen Sie auf diese Idee?
Nach einer schweren Verletzung mit Komplikationen hatte ich aufgehört, Fussball zu spielen. Doch irgendwann hatte ich wieder das Bedürfnis, hatte aber keine Lust auf Leistungsdruck und wollte mich auch nicht einem Team anschliessen, in dem ich dann nur der Auswechselspieler bin. Deshalb suchte ich 2019 via Facebook gleichgesinnte Übergewichtige. Das sprach sich rum, und so gründete ich die Heavy Kickers.

Das ist Mike Kraus

Der 50-Jährige gründete 2019 die Heavy Kickers. Sie sind dem PSV Bork angegliedert, einem Amateurklub aus Selm (Nordrhein-Westfalen). Kraus, der für einen Stahlkonzern arbeitet und dort zum Thema Nachhaltigkeit Architekten berät, ist bei den Heavy Kickers Team-Manager und Spieler. «Meist spiele ich vorne links, ich bin aber flexibel einsetzbar», so Kraus.

Mike Kraus: Team-Manager und Spieler der Heavy Kickers.

Der 50-Jährige gründete 2019 die Heavy Kickers. Sie sind dem PSV Bork angegliedert, einem Amateurklub aus Selm (Nordrhein-Westfalen). Kraus, der für einen Stahlkonzern arbeitet und dort zum Thema Nachhaltigkeit Architekten berät, ist bei den Heavy Kickers Team-Manager und Spieler. «Meist spiele ich vorne links, ich bin aber flexibel einsetzbar», so Kraus.

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In diesem Frühjahr nahm die Liga ihren Betrieb auf. Dürfte ich mit einem Bierbäuchlein bei Ihnen mitspielen?
Nein, ein Bierbauch reicht nicht. Sie müssten schon ein echtes Gewichtsproblem haben, um mitkicken zu dürfen. Wir haben deshalb einen Einstiegs-BMI von 30 festgelegt, denn dann gilt man schon als adipös.

Wie viele Kilos bringen die Schwersten auf die Waage?
Da muss ich mal kurz überlegen. In meiner Mannschaft gibts schon Spieler, die 140 Kilo schwer sind. Und in der Liga hat es auch einige mit 150.

Wie schwierig war es, passende Trikots zu finden?
Wir hatten Glück. Als wir die Heavy Kickers gründeten und ein Zeitungsbericht erschien, meldete sich einer aus der Region, der in der Türkei Trikots herstellen lässt und der uns dann sogar den ersten Leibchensatz sponserte.

Welche Grössen benötigen Sie?
Bis zu XXXXXXL.

Das ist die 1. ÜFL NRW

Diesen Frühling nahm die 1. Übergewichtige Fussball-Liga NRW ihren Spielbetrieb auf. Zurzeit nehmen sechs Teams daran teil, mit Namen wie Big Boys, Schwere Schwerter oder Pfundskerle.

Gespielt wird quer über den Platz auf kleine Tore, mit je sieben Feldspielern. Ein Spiel dauert zweimal 35 Minuten, und es darf beliebig oft gewechselt werden.

Diesen Frühling nahm die 1. Übergewichtige Fussball-Liga NRW ihren Spielbetrieb auf. Zurzeit nehmen sechs Teams daran teil, mit Namen wie Big Boys, Schwere Schwerter oder Pfundskerle.

Gespielt wird quer über den Platz auf kleine Tore, mit je sieben Feldspielern. Ein Spiel dauert zweimal 35 Minuten, und es darf beliebig oft gewechselt werden.

Mittlerweile haben Sie Saison-Halbzeit. Welches Feedback haben Sie bislang von den Teams und Spielern bekommen?
Durchweg positives. Manche Spieler sassen vorher oft zu Hause in den eigenen vier Wänden rum. Daraus können auch Depressionen entstehen. Doch wenn die Leute sich bewegen und an der frischen Luft sind, dann ist das auch gut für die Psyche. Zudem kann man sich bei uns so geben und bewegen, wie man ist. Es gibt keine schiefen Blicke. Wir alle sind gleich, und deshalb muss man sich beim Duschen zum Beispiel auch nicht umdrehen, weil man sich für sein Übergewicht schämt.

Ihr Team liegt zurzeit auf Rang 3. Klappts noch mit dem Titel?
Natürlich sind wir scharf darauf, gut zu spielen und auch zu gewinnen, doch wir haben keinen falschen Ehrgeiz. Bei uns gibt es kein böses Blut oder ein Geschreie, da man bei uns ja auch weder auf- noch absteigen kann. Bei uns stehen wirklich der Spass und die Bewegung im Vordergrund.

Wer sich viel bewegt, der nimmt zwangsläufig auch ab. Was passiert, wenn ein Spieler unter den Mindest-BMI von 30 fällt?
Auch hier gibt es eine Regel. Es dürfen pro Team maximal zwei Spieler auf dem Platz stehen, die einen tieferen BMI als 30 haben.

Und falls in Ihrem Team immer mehr Spieler abnehmen sollten? Müssten Sie sich dann auflösen und vom Spielbetrieb zurückziehen?
(Lacht) Glauben Sie mir, das wird nicht passieren. Unseren Klub gibt es jetzt schon seit vier Jahren, und uns gehen die übergewichtigen Spieler nicht so schnell aus. Denn wer richtig abnehmen will, der muss ja auch die Ernährung umstellen. Zudem sind wir nicht alle zu dick, weil wir zu viel essen. Es gibt auch Stoffwechselerkrankungen usw. Wir werden daher in naher Zukunft nicht alle auf einmal zu dünn sein.

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