Marcel Koller ist wieder auf dem Markt
«Ein Job in der Schweiz? Warum nicht!»

Marcel Koller (57) genoss in Österreich Heldenstatus – bis ihm die verpasste WM-Quali den Kopf kostete. Nun wartet er auf einen neuen Job. Ausschliessen will er nichts.
Publiziert: 27.12.2017 um 17:01 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 20:10 Uhr
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Marcel Koller, Nati-Trainer Österreichs von November 2011 bis Oktober 2017.
Foto: AP

Marcel Koller (57) hat seine Zelte in Wien abgebrochen. Sechs Jahre coachte der die Nationalmannschaft von Österreich, unter anderem an der EM 2016. Nach verpasster Quali für die WM in Russland beschied ihm der Verband Anfang September, dass sein Ende Jahr auslaufender Vertrag nicht verlängert wird.

Nun wohnt er wieder in Zürich und harrt er eines neuen Jobs. An Anfragen mangelts ihm nicht, wie er im Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» erzählt. «Verhandelt habe ich aber noch nicht. Die Mannschaft, die ich trainiere, muss Qualität haben. Als Trainer werde ich am Ergebnis gemessen, ich brauche gute Spieler.»

Will er eine Spitzenmannschaft? «Ja, das will jeder. Oder eine, die ich zur Spitzenmannschaft formen kann.»

Koller sagt, dass er auch einen Job in der Schweiz annähme. «Wenn es passt – warum nicht?» Es müsse von der Qualität passen, aber auch zwischenmenschlich, sagt Koller, der seit einem Jahr Grossvater ist.

Den Job des Schweizer Nati-Trainers bot ihm der SFV im Herbst 2013 an, als er den Nachfolger Ottmar Hitzfelds suchte. Koller sagte ab. «Ich hatte bereits mit den Österreichern über eine Weiterführung meines Vertrags gesprochen und dachte mir schon, dass die Schweizer auch noch kommen. (...) Die meisten hätten es wohl gemacht.»

Warum tat er's nicht? Koller: «Ich war noch nicht zufrieden mit dem, was ich gemeinsam mit der Mannschaft in Österreich erreicht hatte. Ich sah noch mehr Potenzial. Trotzdem ist die Schweiz meine Heimat. Ich sprach mit Familie und Freunden, aber ich wusste, dass ich auf mein Bauchgefühl hören musste.» 

Es lohnt sich: Neun Siege und ein Remis birngen den Ösis die erstmalige Qualifikation für eine EM-Endrunde ein – abgesehen vom Heimturnier 2008. Koller wird gar vom Bundeskanzler empfangen. «Da staunt man schon als Schweizer.»

Doch die EM geht schief, Österreich scheidet mit einem Punkt nach der Vorrunde aus. «Die Erwartungen im ganzen Land waren riesig, und wir konnten sie nicht erfüllen. Nach der Europameisterschaft waren wir im Jammertal. Und in der eben abgeschlossenen Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Russland haben wir halt auch nicht alle weggeputzt. Es wurde auf die Spieler eingeprügelt und auf mich.»

In Österreich gebe es nur Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt – dazwischen nichts.

Konsequenz ist Kollers Aus. Er ist gerade auswärts essen, als ihn der Anruf von ÖFB-Präsident Leo Windtner ereilt. Geschockt ist Koller nicht: «Ich musste damit rechnen.»

Immerhin gibts zum Abschluss zwei Siege. «Am Ende war es ein Superabschluss für mich. Wenn ich heute in Wien durch die Strassen laufe, halten Velofahrer und Jogger an, um mit mir zu sprechen, mir zu danken.» (mis)

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