Zu Besuch bei Diego Benaglio in Monaco
«Das Leben hier ist top!»

Er sagte Chelsea ab, um ins Fürstentum zu wechseln. Ex-Nati-Goalie Diego Benaglio (34) zeigt sein Monaco und sagt: «Für die Schweiz war es noch zu früh.»
Publiziert: 25.03.2018 um 16:02 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 15:47 Uhr
«Ich setze mir keine Alterslimite!»
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Benaglio (35) im grossen Interview:«Ich setze mir keine Alterslimite!»
Andreas Böni (Text) und Toto Marti (Fotos) aus Monaco

Eine leichte Brise, gegen 15 Grad, Sonne. Diego Benaglio (34) steht am Hafen von Monaco, hinter sich zwei Schiffe. Zum einen Lady Moura, 105 Meter lang,Neupreis 200 Millionen Euro, Besitzer ist der arabische Geschäftsmann Nasser ar-Rashid. Daneben dieRoyal Romance, 214 Millionen Euro. Sie war bei der Fertigstellung die modernste Yacht der Welt, gehört dem ukrainischen Oligarchen und Putin-Vertrauten Viktor Medwedtschuk.

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Auf dem Casino-Platz von Monte Carlo: Diego Benaglio (34) zeigt seine neue Heimat.
Foto: Toto Marti

BLICK: Diego, haben Sie sich denn auch schon eine Yacht zugelegt?
Diego Benaglio:
Nein, ich schau sie mir zwar gerne an, aber das reizt mich nicht wirklich. Wenn du hier beginnst, mithalten zu wollen mit all den sehr, sehr reichen Leuten, dann bist du falsch gewickelt. Ansonsten ist das Leben in Monaco echt top, gerade wettertechnisch. Meine Familie hat sich extrem schnell eingelebt. Meine Töchter, sie sind jetzt sieben und vier, besuchen die internationale Schule hier am Hafen.

Spricht man Deutsch?
Nein, Englisch und Französisch. Am Anfang versuchte ich, zu Hause auch in diesen Sprachen zu reden, um ihnen den Einstieg zu erleichtern. Ich wurde von der Grossen aber sofort eingebremst: «Papi, hier reden wir Schweizerdeutsch!» Aber klar, meine Töchter sind in Wolfsburg geboren, haben immer dort gelebt, hatten ihre Gspänli und kennen auch die Schweiz nur aus den Ferien. Es war eine Umstellung.

Warum wechselten Sie als Nummer 2 nach Monaco?
Ich wollte nach fast zehn Jahren in Wolfsburg noch einmal eine neue Erfahrung machen. Nochmals eine andere Liga kennenlernen. Es ist aber immer auch die Frage, was die Optionen sind.

Zwei gab es: Als Ersatzgoalie zu Chelsea zu gehen ...
... Ja, Chelsea war ein Thema.

... oder als Stammtorwart zu GC.
Ich fühlte mich für die Schweiz noch nicht bereit und wollte meine Karriere im Ausland fortsetzen. Aber vielleicht wird die Super League doch irgendwann nochmal zum Thema für mich. Solange ich den Ehrgeiz wie heute spüre, möchte ich spielen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich mich besser fühle als mit 25 – im Kopf und auch körperlich. Ich trainiere viel effizienter, habe Pausen dank des Nati-Rücktritts.

Vielleicht holen Sie Gigi Buffon noch ein. Der spielt mit 40 noch.
(lacht) Nein, Buffon ist eine andere Sphäre.

Aber nochmals: Sie sind voll im Saft – warum wechselten Sie als Reservetorwart irgendwohin?
Monaco wollte zwei gleichwertige Torhüter, die sich fordern. Aber klar, Danijel Subasic wurde hier letzte Saison Meister und zum besten Goalie der Ligue 1 gewählt. Ich war nicht so vermessen, zu glauben, dass ich ihn sofort nach meiner Ankunft verdrängen kann. Aber die Aufgabe als Nummer 2 ist heute vielfältig, ich helfe jungen Spielern, bin Bindeglied im Team, komme menschlich mit allen klar – und ich kam ja auch schon auf 10 Spiele diese Saison. Ich habe beide Pokal-Wettbewerbe gespielt und kam auch in der Champions League und der Meisterschaft zum Einsatz. Ich versuche, mich jeden Tag zu zeigen und bereit zu sein, wenn meine Chance kommt.

War es ein Fehler, Wolfsburg zu verlassen?
Nein. Am Schluss spielte ich ja auch in Wolfsburg nicht mehr immer. Man sagte mir durch die Blume, dass man mit dem jungen Goalie plant. Zudem habe ich gespürt, dass es für mich vielleicht die letzte Möglichkeit ist, nochmals eine neue Herausforderung im Ausland anzunehmen.

Benaglio steht auf dem Casino-Platz. In der Nähe bieten Immobilienfirmen ihre Wohnungen zum Verkauf an. Eine mit 338 Quadratmetern am Meer ist für 42 Millionen Euro ausgeschrieben. Für eine Million kriegt man hier umgerechnet 16 Quadratmeter, also eine Besenkammer… «Manchmal musst du dich hier kneifen und dir sagen, das ist nicht das reale Leben», sagt Benaglio.

Wie oft waren Sie im Casino?
Nie. Wir hatten einmal einen Teamanlass, aber ich habe nicht gespielt.

Haben Sie Fürst Albert schon kennengelernt?
Ja. Er kommt öfters in die Kabine, ist mit dem Verein sehr verbunden. Ein sehr sympathischer, angenehmer Mensch. Sehr offen und herzlich.

Den Helikopter-Landeplatz am Meer haben Sie schon mal gebraucht?
Einmal. Bei den Verhandlungen sind wir von Nizza hierhergeflogen, wollten alles mal von oben sehen. Aber ich fahre lieber mit dem Auto, das geht auch schnell.

Ende Mai kommt wie immer die Formel 1 hierher. Können Sie sich vorstellen, wie man hier durch die engen Strassen brettert?
Inzwischen ja, weil ich die Strecke ungefähr kenne. Es findet eine Woche nach Saisonende statt, vielleicht sind wir schon in den Ferien. Aber ich habe für drei Jahre unterschrieben und gehe stark davon aus, meinen Vertrag zu erfüllen. Einmal werde ich das Rennen bestimmt erleben.

Benaglio ist zu Fuss zum Interview gekommen. 32'000 Einwohner leben in Monaco, alles ist nah zusammen. Der Goalie ist auf dem imposanten Hügel der Stadt angekommen, steht neben dem Fürstenplatz. Hier wohnt auch Fürst Albert mit seiner Charlène und den Zwillingen. Er blickt herunter aufs Meer, wo einige Restaurants stehen. Am Abend davor haben sich dort die Formel-1-Legenden Nico Rosberg und David Coulthard getroffen.

Haben Sie Ihren Nati-Rücktritt jemals bereut?
Nein. Keine Sekunde. Es war Zeit und gut überlegt nach der WM 2014. Ich spürte, dass ich mich voll auf den Klub-Fussball konzentrieren will.

Wie oft sehen Sie Angel Di Maria vor sich, der im WM-Achtelfinal in der 117. Minute das 1:0 für Argentinien schiesst?
Sehr selten. Aber klar, diese Szene bleibt dir immer im Kopf, wie das ganze letzte Nati-Erlebnis. Die Fans von Sao Paulo, die ganzen Brasilianer im Stadion, die uns gegen den verhassten Nachbarn unterstützten. Es war ein sehr emotionales letztes Länderspiel für mich.

Auch für Ottmar Hitzfeld. Kurz vor dem Spiel starb sein Bruder.
Er kam am Morgen des Spieltags in den Frühstücksraum. Jeder merkte sofort, dass er nicht reden wollte. Er gab jedem die Hand, so konnte ihm jeder sein Beileid ausdrücken. Danach fokussierte er sich voll aufs Spiel, du hast ihm nichts mehr angemerkt. Erst nach dem Schlusspfiff kamen dann die Emotionen. Die Trauer und natürlich auch die Erkenntnis, dass wir eine riesige Chance verpasst hatten, etwas Grosses zu schaffen. Mit etwas Glück wäre vielleicht sogar der Halbfinal drin gewesen.

Per Mertesacker erzählte, er sei über das Aus im WM-Halbfinal 2006 froh gewesen. Der Druck sei unmenschlich gewesen.
Ich ziehe den Hut vor seiner Ehrlichkeit. Ich finde es sehr schade für ihn, dass er seine Karriere nicht mehr geniessen konnte. Allerdings sind einige Aussagen für mich etwas schwierig nachzuvollziehen. Ich konnte nie über eine Niederlage oder ein Ausscheiden erleichtert sein. Druck hat jeder, ob Sie als Journalist oder ich als Goalie. Man muss einen Weg finden, damit umzugehen.

Welche Menschen fehlen Ihnen von der Nati?
Das sind einige. Mit vielen habe ich etliche Jahre zusammengearbeitet. Wir haben zusammen viel erlebt, das verbindet. Zum Beispiel Physiotherapeut Christian Meissgeier, mit dem ich von der U15 bis zur A-Nati alle Auswahlen gemeinsam durchlebt hatte. Oder Philipp Ebneter, die gute Seele und der Ruhepol der Nationalmannschaft. Aber natürlich auch Spieler wie mein Freund Stephan Lichtsteiner, mit dem ich viele Jahre das Zimmer geteilt habe.

Lichtsteiner ist jetzt 34 und will bis 2020 in der Nati bleiben.
Zurecht. Er ist für mich der Schweizer Spieler, der mit Abstand die erfolgreichste Karriere hingelegt hat. Er spielt bei einem Top-Klub und hat im Sommer vielleicht sieben Meistertitel auf dem Konto. Davon war er in mindestens fünf Saisons absoluter Stammspieler. Und er hat seine Karriere nur gemacht, weil er eine unglaubliche Mentalität hat. Er ist zum Führungsspieler gereift – und darum kann die Nati froh sein, dass er weitermacht.

Vielleicht kommt er im Sommer zu Ihnen nach Monaco.
Spieler wie ihn kann man immer brauchen.

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Persönlich

Diego Benaglio wird 1983 geboren und wächst in Spreitenbach AG auf. Bei den E-Junioren in Spreitenbach steht er ins Tor, weil der Goalie krank ist und der Trainer sagt: «Geh du ins Tor, du bist der Längste.» Auch Tennis spielt er lange. «Mein Tennis-Trainer sagte, ich solle Fussball spielen gehen, um meine Beinarbeit zu verbessern. Und ich blieb beim Fussball hängen, sozusagen in den Maschen», so Benaglio. Mit 15 hat er eine Stelle als Detailhandelsangestellter in einem Sportgeschäft, aber GC holt ihn. 2002 geht er zum VfB Stuttgart. Den Durchbruch als Stammgoalie schafft der Hüne (1,93 Meter) ab 2005 in Portugal bei Funchal auf der Blumeninsel Madeira. 2008 geht er zu Wolfsburg in die Bundesliga. Dort wird er ein Jahr später Meister und bleibt zehn Jahre, viele davon als Captain. Von der EM 2008 bis zur WM 2014 ist er Stammgoalie der Schweizer Nati, tritt danach zurück. Benaglio ist verheiratet mit Nadin und Vater von Melija (7) und Nala (4).

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Schlag aufs Knie!

Benaglio muss bei Monaco verletzt ausgewechselt werden.
Foto: REUTERS

Als SonntagsBlick Diego Benaglio (34) vor 12 Tagen in Monaco besucht, ist er hervorragend gelaunt. Fünf Wochen war er wegen Sehnenproblemen im Knie verletzt – aber zu jenem Zeitpunkt steht er schmerzfrei auf dem Platz. Bis am Samstag. Da macht der Ex-Nati-Goalie sein erstes Spiel nach der Verletzung. Beim 4:1 der AS Monaco im Testspiel gegen Genoa prallt er aber in der 35. Minute unglücklich mit einem Gegenspieler zusammen und verletzt sich erneut. Doch wie schlimm ist es diesmal? Benaglio sagt am Abend zu SonntagsBlick: «Mein Knie ist geschwollen nach dem Schlag. Ich hoffe, es ist nichts Wildes.» Eine schwere Verletzung wie ein Kreuzbandriss scheint es glück­licherweise nicht zu sein. Benaglio erklärt: «Die betroffene Stelle ist der Schienbeinknochen direkt am Ende des Kniegelenks.» Vermutet wird, dass es sich um einen Riss im Knochen handeln könnte. Wäre dies der Fall, würde Benaglio über vier Wochen lang fehlen. «Ein genaues Ergebnis haben wir erst in den nächsten Tagen, wenn die Schwellung abgeklungen ist», sagt der Goalie. Die Hoffnung, dass er im Liga-Cupfinal gegen Paris SG am kommenden Samstag im Tor steht, lebt. Bisher bestritt er alle Cupspiele.

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