Vom Videospiel zum Cheftrainer
Die Still-Brüder verzaubern die Fussballwelt

Vom Bildschirm an die Seitenlinie. Das ist wohl der Traum vieler Spieler des Fussball-Simulators «Football Manager». Zwei, die es geschafft haben, sind die Brüder Edward und Will Still. Vor allem Letzterer sorgt in der französischen Ligue 1 für ziemlich Furore.
Publiziert: 23.02.2023 um 17:10 Uhr
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Reims-Trainer Will Still hat ordentlich zu feiern. Er hat sein Team aus dem Tabellenkeller gecoacht.
Foto: Getty Images
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Nicolas HorniSportredaktor

Stade Reims steht auf Platz 15 der Ligue 1, punktgleich mit dem Tabellensiebzehnten Angers und damit dem Relegationsplatz. Deutlich zu wenig für die Ansprüche des sechsfachen französischen Meisters. Trainer Garcia wird rausgeschmissen, man befördert kurzfristig den damaligen Assistenztrainer Will Still (30), der wegen Absenz von Garcia das Team noch Tage zuvor zu einem Unentschieden gegen Paris Saint-Germain coachte. Ein Glücksgriff, wie sich später zeigen sollte.

14 Ligaspiele, keine Niederlage

Denn der in Belgien aufgewachsene Sohn britischer Auswanderer verliert nach der Beförderung kein einziges seiner 14 Ligaspiele, trotzt gar Ligakrösus PSG erneut ein Unentschieden ab. Er führt sein Team aus dem Tabellenkeller auf Platz 10. Rang 5 und damit eine mögliche Europacup-Qualifikation liegt plötzlich in Reichweite. Manch ein Fan träumt wohl schon wieder vom grossen Erfolg. Der einzige Fleck auf Stills weisser Weste: das Ausscheiden im Cup-Achtelfinal gegen Toulouse mit Ex-YBler Vincent Sierro. Wobei, da gäbe es noch einen weiteren Makel: Will Still verfügt noch nicht einmal über die benötigte A-Trainer-Lizenz. Knapp 25’000 Euro Busse muss der Klub bei jedem Spiel deshalb bezahlen. Eine Strafe, die der Klub mit dem anhaltenden Erfolg offenbar gerne hinnimmt. «Wir sind bereit, in deine Karriere zu investieren, solange du gewinnst», meinte der Klub.

Vom Bildschirm an die Seitenlinie

Nicht nur Stills Erfolg, sondern auch seine Art sorgt für Begeisterung. Er wechselt fliessend zwischen Französisch und Englisch, bringt bei Interviews immer wieder lockere Sprüche und begegnet seinen Spielern auf Augenhöhe. «Sie legen Musik auf, die ich höre. Sie reden über Dinge, die ich wahrscheinlich im Fernsehen gesehen oder mit meinen Kumpels gemacht habe. Ich mische mich zwar nicht ein, aber ich verstehe es», meint Still gegenüber «Daily Mail».

Auch wenns mittlerweile bestens funktioniert, hatte er genau vor dem Umgang mit den Spielern früher Bammel. Er erlernte das Trainer-Sein nämlich an der Konsole, fand mit seinem Bruder Edward grossen Gefallen am Videospiel «Football Manager».

Auch Edward Still ist mittlerweile Cheftrainer

Auch Wills Bruder Edward (32) hat es vom Bildschirm an die Seitenlinie geschafft. Der ältere Bruder des heutigen Stade-Reims-Trainers erbte 2015 Wills Spielanalysten-Job beim St. Truiden. Danach arbeitete er als Assistenztrainer bei Brügge und Antwerpen und gewann dort unter anderem die belgische Meisterschaft und den belgischen Pokal. 2021 übernahm er den RSC Charleroi, mittlerweile trainiert er den belgischen Erstligisten KAS Eupen.

Edward Still ist mittlerweile Trainer von KAS Eupen.
DUKAS

Auch Wills Bruder Edward (32) hat es vom Bildschirm an die Seitenlinie geschafft. Der ältere Bruder des heutigen Stade-Reims-Trainers erbte 2015 Wills Spielanalysten-Job beim St. Truiden. Danach arbeitete er als Assistenztrainer bei Brügge und Antwerpen und gewann dort unter anderem die belgische Meisterschaft und den belgischen Pokal. 2021 übernahm er den RSC Charleroi, mittlerweile trainiert er den belgischen Erstligisten KAS Eupen.

Stellt ihm der nächste Ex-YB-Star ein Bein?

Mit 17 entscheidet er sich dazu, in England eine Trainerschule zu besuchen. Nach dem Abschluss gehts zurück in die Heimat, sucht im ganzen Land nach Jobs – und bekommt letztlich die Stelle als Videoanalyst beim Erstligisten St. Truiden. Später gelangt er via Lüttich zu seinem Jugendklub Lierse, wo er plötzlich befördert wird.

Im Alter von 24 Jahren bekommt er seinen ersten Trainerjob – ist den aber letztlich wieder los, weil der Klub bankrott geht. Er wechselt den Klub und zurück zum Posten des Videoanalysten, später wird er unter Oscar Garcia Co-Trainer bei Reims – und erbt letztlich dessen Job. Bisher mit beeindruckendem Erfolg. Ob der auch am Sonntag weitergeht? Denn dann trifft Still auf Tabellennachbar Toulouse. Ob Ex-YBler Sierro erneut für Flecken auf Stills Weste sorgt?

Ligue 1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Paris Saint-Germain
Paris Saint-Germain
11
23
29
2
AS Monaco
AS Monaco
11
10
23
3
Olympique Marseille
Olympique Marseille
11
9
20
4
OSC Lille
OSC Lille
11
7
19
5
Olympique Lyon
Olympique Lyon
11
3
18
6
OGC Nizza
OGC Nizza
11
10
17
7
Stade Reims
Stade Reims
11
4
17
8
RC Lens
RC Lens
11
3
17
9
AJ Auxerre
AJ Auxerre
11
1
16
10
Toulouse FC
Toulouse FC
11
2
15
11
RC Strasbourg Alsace
RC Strasbourg Alsace
11
-2
13
12
Stade Brestois 29
Stade Brestois 29
11
-5
13
13
FC Stade Rennes
FC Stade Rennes
11
-5
11
14
FC Nantes
FC Nantes
11
-3
10
15
Angers SCO
Angers SCO
11
-7
10
16
AS Saint-Étienne
AS Saint-Étienne
11
-15
10
17
Le Havre AC
Le Havre AC
11
-15
9
18
Montpellier HSC
Montpellier HSC
11
-20
7
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