Was, wenn die neapolitanische Polizei Strassen sperrt und kreischende Wahnsinnige auffordert, die Schnauze zu halten? Ganz einfach: «Pipita» hat Hunger. Pipita, die Pfeifennase, 28-jährig, Argentinier, Fussballer. Und steigt der Mann mit dem unübersehbaren Riecher vom Vomero-Hügel hinab ins Zentrum Neapels, um eine Pizza zu essen, brauchts die Staatsgewalt. Pipita – das ist Gonzalo Higuain. Der Mann, der Neapel zum Spinnen bringt.
Heute setzt Higuain seinen Riecher auf dem Rasen ein, 20.45 Uhr, wenn Leader Napoli bei Verfolger Juventus ran muss.
26 Jahre war Napoli nicht mehr so nah am «Scudetto». So nah, dass Bürgermeister Luigi de Magistris ein Versprechen abgab: Holt Napoli den Titel, färbt er sich die Haare blau.
Napolis Hoffnung heisst Higuain, 24 Tore in 24 Spielen, acht Siege in Serie – Klubrekord aus der Saison 1987/88 eingestellt. Damals schoss Diego Maradona die Tore, der Säulenheilige Neapels. 88 warens zwischen 1984 und 1991, veredelt mit zwei Meistertiteln und einem Uefa-Cup-Triumph.
Erstaunlich, dass Higuain sich nun anschickt, es seinem vergötterten Landsmann gleichzutun. 2013 kam Pipita von Real Madrid. Der Trainer bei Napoli hiess Rafa Benitez. Mit dem mürrischen Spanier verband Higuain eine so tiefe Abneigung, dass nur ein Transfer zu helfen schien. Doch Präsident Aurelio De Laurentiis legte sein Veto ein. «No!», raunzte der schillernde Filmproduzent. Und ihm widerspricht in Neapel keiner.
«Provinztrainer» toppt alle
Higuain blieb, Maurizio Sarri (57) kam. Kettenraucher, gebürtiger Neapolitaner, einst Banker in der Schweiz, zuvor Trainer bei Empoli. Maradona kommentierte sein Kommen mit dem Etikett «Provinztrainer». Heute verehrt Neapel den Benitez-Nachfolger als Schöpfer der besten Offensive der Serie A. Selbst Maradona sagt inzwischen Sorry: «Sarri ist genial.»
Sarri stellt immer drei Stürmer auf. Speerspitze Higuain wird flankiert von Callejon, Insigne oder Mertens, pfeilschnell allesamt. Ständige Positionswechsel prägen das Spiel. «Dann ist Higuain am besten. Wenn er sich pausenlos bewegt», sagt Sarri. Er hat es auch geschafft, die sensible Seele von Higuain zu pflegen. «Gonzalo kann der beste Stürmer der Welt werden.» Für Napoli-Fans ist er es schon.