Provinz Misiones, im Nordosten von Argentinien. Beim Spiel der Drittligisten Guaraní – Sportivo Patria kommt es in der Halbzeit zu Jagdszenen auf der Tribüne.
Wie von Sinnen gehen die Fans von Guaraní auf die gegnerischen Anhänger los. Keine Absperrung, die die Fans trennt, keine Polizei. Die gewaltbereiten Banden halten nicht einmal dann ein, als ein Fan bereits am Boden liegt: Es wird weitergetreten und -geschlagen.
In keinem anderen Land gab es je so viele tote Fussballfans wie in Argentinien: 312 Fälle zählt die Opfervereinigung «Salvemos al futbol» (Retten wir den Fussball) seit 1922.
Die sogenannten «Barras Bravas» («Wilde Banden») sind fester Bestandteil jedes Vereins. Sie organisieren den Drogenverkauf im und ums Stadion, leben vom Weiterverkauf von Tickets, erpressen Spieler und Trainer und trommeln in der Freizeit bei politischen Kundgebungen für denjenigen Kandidaten, der gerade am meisten bezahlt.
Erst vor wenigen Tagen drang die berüchtigte Fanbande «La Doce» von Boca Juniors in die Spielergarderobe ein und bedrohte Carlos Tevez und dessen Kollegen nach deren zuletzt schwachen Leistungen.
In Argentinien ist es üblich, dass sich die Profis die Gunst der gewaltbereiten erkaufen. Die Vereine lassen die Banden weitgehend gewähren. Viele, wie der ehemalige River-Präsident und Ex-Weltmeister Daniel Passarella, arbeiten Hand in Hand mit ihnen. Er muss sich jetzt vor Gericht verantworten.
Die Regierung in Buenos Aires hatte zuletzt versucht, mit Eintrittsverboten für Auswärtsfans der Gewalt Herr zu werden. Vergeblich: Die Fans reisen trotzdem an und prügeln sich nun statt im Stadion an Autobahnraststätten und auf Strassenkreuzungen.
Bei den Ausschreitungen in Misiones gab es wundersamerweise nur Leichtverletzte – und natürlich keine Festnahmen. Nicht selten stecken Sicherheitskräfte und Hooligans unter einer Decke.