Am Samstagabend schaut sich Mychell Chagas (33) das Derby zwischen Arema FC und Persebaya in der höchsten Liga Indonesiens an. Seit drei Monaten stürmt der ehemalige GC- und Servette-Spieler für den indonesischen Klub PSS Sleman. Nach dem Schlusspfiff stellt Chagas den TV ab und geht zu Bett.
Als er am Sonntagmorgen aufsteht, hat er Dutzende Anrufe, SMS und WhatsApp-Nachrichten auf dem Handy. «Meine Freunde und Familie aus der Schweiz und Brasilien wollten wissen, ob es mir gut geht», erzählt Chagas. «Erst da habe ich die furchtbaren Bilder gesehen, die sich nach dem Spiel zugetragen haben. Es ist eine Tragödie.»
In diesem Stadion brauchte auch Chagas Polizeischutz
Im ausverkauften Kanjuruhan-Stadion (42’000 Fans) in Malang, rund fünf Autostunden von ihm entfernt, hat sich nach Schlusspfiff eine der grössten Stadion-Katastrophen zugetragen. Nach dem Spiel stürmten laut Polizeiangaben 3000 enttäuschte Arema-Fans den Rasen, wo sie sich mit Ordnungskräften eine wüste Schlägerei lieferten. Die Polizei antwortete mit Tränengas und trieb die Randalierer zurück auf die Tribünen, wo es zur Massenpanik kam. Menschen wurden erdrückt und zu Tode getrampelt. Die Rede ist von über 120 Todesopfern und gegen 200 Verletzten.
«Es ist schrecklich, was da passiert ist. Das macht mich traurig», sagt Chagas. Er kennt die aufgeladene Stimmung in diesem Stadion. Vor rund einem Monat spielten er und seine Teamkollegen da 0:0 und bekamen den Frust der Arema-Fans am eigenen Leib zu spüren. «Erst mussten wir uns in der Kabine verschanzen, weil Tausende auf uns gewartet haben. Dann wurden wir in einem Militär-Konvoi in Sicherheit gebracht.» Er hat die Flucht mit seinem Handy gar gefilmt. In der Nacht vor dem Spiel zündeten die Arema-Ultras vor dem Hotel von Chagas & Co. ein Feuerwerk, um ihnen den Schlaf zu rauben.
Vor seinem Wechsel hatte man ihm über die Fussballbegeisterung in Indonesien berichtet, Chagas wollte es nicht so recht glauben. Jetzt sagt er: «Aber was hier abgeht, ist krass. Die Indonesier sind die liebsten und freundlichsten Menschen. Aber wenn es um Fussball geht, sind sie fanatisch.» Nicht nur die Fans, auch seine Mitspieler. «Meine indonesischen Teamkollegen weinen jeweils, wenn wir verloren haben. So nahe geht es ihnen …»
Neben Ex-Hopper Mychell Chagas spielt auch Ex-Lugano-Stürmer Karim Rossi (28) in Indonesien. Der Weltenbummler schiesst am Samstag seinen indonesischen Klub Dewa United mit einem Doppelpack zum 2:2-Remis. Am Abend sitzt der Schweizer vor dem Fernseher und sieht geschockt, wie beim Topspiel der Runde das Stadion zur Todesfalle wird. «Das ist sehr traurig. Ich kann gar nicht glauben, dass so etwas im Jahr 2022 noch passieren kann.»
Der Dewa-Goalgetter (7 Tore in 13 Pflichtspielen) spielt seit Sommer in Indonesien. «Ich war sehr überrascht, wie die Polizei agiert hat. Natürlich war es respektlos von den Fans, das Spielfeld zu stürmen. Aber warum wird dann Tränengas geschossen, das sogar von der Fifa verboten ist?»
Nach der tödlichen Massenpanik pausiert die Liga die nächsten zwei Wochen. Rossi: «Der Verein und der Verband müssen die Verantwortung übernehmen. Es war klar, dass das ein Hochrisikospiel ist, das hätte man besser antizipieren müssen.»
Der Spielplan will es, dass Rossi und seine Teamkollegen das Auswärtsspiel im betroffenen Kanjuruhan-Stadion noch vor sich haben. «In ein paar Wochen spielen auf dem Rasen, wo so viele Menschen gestorben sind. Das wird echt krass!»
Das Desaster überschattet Rossis bisher eigentlich positive Eindrücke vom indonesischen Fussball. Es ist schon das achte Land, in dem der Schlaks kickt. Rossi: «Man fühlt sich hier als richtiger Star, auf der Strasse fragen die Leute noch Fotos und für die Fahrten ins Stadion brauchen wir Polizeieskorten. Wir haben 10'000 bis 12'000 Zuschauer. Aber die grossen Traditionsklubs spielen immer vor fanatischen 50'000 Fans.»
Doch nun ist es bei einem solchen Spiel mit aufgeheizter Atmosphäre zur grossen Katastrophe gekommen. (md)
Neben Ex-Hopper Mychell Chagas spielt auch Ex-Lugano-Stürmer Karim Rossi (28) in Indonesien. Der Weltenbummler schiesst am Samstag seinen indonesischen Klub Dewa United mit einem Doppelpack zum 2:2-Remis. Am Abend sitzt der Schweizer vor dem Fernseher und sieht geschockt, wie beim Topspiel der Runde das Stadion zur Todesfalle wird. «Das ist sehr traurig. Ich kann gar nicht glauben, dass so etwas im Jahr 2022 noch passieren kann.»
Der Dewa-Goalgetter (7 Tore in 13 Pflichtspielen) spielt seit Sommer in Indonesien. «Ich war sehr überrascht, wie die Polizei agiert hat. Natürlich war es respektlos von den Fans, das Spielfeld zu stürmen. Aber warum wird dann Tränengas geschossen, das sogar von der Fifa verboten ist?»
Nach der tödlichen Massenpanik pausiert die Liga die nächsten zwei Wochen. Rossi: «Der Verein und der Verband müssen die Verantwortung übernehmen. Es war klar, dass das ein Hochrisikospiel ist, das hätte man besser antizipieren müssen.»
Der Spielplan will es, dass Rossi und seine Teamkollegen das Auswärtsspiel im betroffenen Kanjuruhan-Stadion noch vor sich haben. «In ein paar Wochen spielen auf dem Rasen, wo so viele Menschen gestorben sind. Das wird echt krass!»
Das Desaster überschattet Rossis bisher eigentlich positive Eindrücke vom indonesischen Fussball. Es ist schon das achte Land, in dem der Schlaks kickt. Rossi: «Man fühlt sich hier als richtiger Star, auf der Strasse fragen die Leute noch Fotos und für die Fahrten ins Stadion brauchen wir Polizeieskorten. Wir haben 10'000 bis 12'000 Zuschauer. Aber die grossen Traditionsklubs spielen immer vor fanatischen 50'000 Fans.»
Doch nun ist es bei einem solchen Spiel mit aufgeheizter Atmosphäre zur grossen Katastrophe gekommen. (md)
«Kann mir auch vorstellen, dass nicht mehr gespielt wird»
Die Stadion-Tragödie ist der grösste, aber nicht der erste Fussball-Skandal mit Todesopfern, seit er in Indonesien spielt. «Schon beim ersten Liga-Spiel sind in einem Stadion drei Menschen verstorben, weil sie beim Eingang zu Tode gedrückt wurden. Und im letzten Monat wurden zwei Fans von gegnerischen Ultras zu Tode geprügelt. Unvorstellbar, was hier abgeht!»
Nun macht es den Anschein, als würden der indonesische Fussballverband und die Regierung nach den vielen Todesopfern in Malang reagieren. Die Runde vom nächsten Wochenende wurde umgehend verschoben. Chagas glaubt gar, dass nun die Meisterschaft abgebrochen werden könnte. «Ich kann mir vorstellen, dass nach dieser Tragödie gar nicht mehr weitergespielt wird.»
Am Montag musste Chagas trotzdem ins Training, während rund fünf Autostunden östlich beim Kanjuruhan-Stadion Tausende Indonesierinnen und Indonesier um die Verstorbenen trauerten und für sie beteten. Mit Kerzen und Blumen ...