Das Telefon klingelt lange. Dann ertönt ein freundliches bayerisches «Servus» in der Leitung. «Alles klar?», fragt Markus Babbel. Seit Mai ist der Ex-FCL-Coach Trainer bei Western Sydney. Zusammen mit seiner Familie wohnt er in der grössten Stadt Australiens. Der Zeitunterschied zur Schweiz beträgt neun Stunden. «Bald ist hier Bettzeit», sagt Babbel hellwach.
BLICK: Markus Babbel, verstehen Sie noch Schweizerdeutsch?
Markus Babbel: Natürlich. Da habe ich mit der englischen Sprache mehr Schwierigkeiten.
Wirklich?
Meine Englisch-Kenntnisse sind auf den Fussball beschränkt. Auf dem Platz verstehe ich fast alles. Um aber über Politik zu diskutieren, wäre mein Wortschatz nicht gross genug. Verhungern tue ich hier jedoch definitiv nicht.
Essen Sie Känguru-Fleisch?
Nein. Das hab ich noch nie probiert. Aber kürzlich durfte ich Kängurus in freier Natur sehen. Das war ein herrlicher Anblick.
Wo leben Sie in Sydney?
Wir haben hier ein sehr schönes Zuhause gefunden. Mit herrlichem Blick auf die Harbour Bridge. Das ist ein Genuss. In zwei Minuten bin ich bei der Opera (dem Wahrzeichen Sydneys, d. Red.). Die Stadt ist aber wirklich riesig. Wir haben hier das grosse Glück gefunden.
War der Umzug ein schwieriger Schritt für Ihre Familie?Ich hab das mit meiner Frau angeschaut. Wir sagten: Wenn wir’s jetzt nicht machen, dann machen wir’s nie. Meine Tochter ist jetzt drei Jahre alt. Würde sie bereits zur Schule gehen, dann wäre es schwieriger gewesen. So passts ideal.
Zum Sportlichen: Wie ist das Fussball-Niveau in Australien?
Schwierig zu beantworten. Meine Frau sagte nach einem Spiel im Cup, dass das Niveau besser sei als in der Schweiz. Grundsätzlich ist es aber ähnlich. Meine Aufgabe ist auch hier, junge Spieler zu schleifen und ihnen den Sprung von der Jugend in die erste Mannschaft zu ermöglichen. Eine tolle Herausforderung.
Und die Infrastruktur?
Die ist noch nicht sehr gut. Wir haben wenig Trainingsplätze. Aber das ändert sich nächstes Jahr. Dann gibts ein neues Trainingsgelände.
Was sagen Sie zu Usain Bolt? Der Sprint-Olympia-Sieger versucht sich ja als Fussballer in Australien.
Als PR-Aktion ist es sensationell. Die A-League erhält durch ihn viel Aufmerksamkeit. Aber, ehrlich gesagt, kann ich das nicht ernst nehmen.
Warum nicht?
Ich hab ihn spielen sehen. Bei aller Liebe, das reicht in 100 Jahren nicht. Als Spieler würde ich mir verarscht vorkommen. (Bolt lehnte am Mittwoch ein Angebot des maltesischen Klubs La Valletta ab, d. Red.)
Zurück zu Ihnen. Verfolgen Sie den Schweizer Fussball noch?
Absolut. Regelmässig.
Überrascht Sie der Höhenflug von Gerry Seoane bei YB?
Nein, gar nicht. Für ihn wars ein Super-Sprung von Luzern zu YB. Er ist ein sehr guter Trainer, Basel wird es extrem schwer haben. Nur leider hat die Super League ein Qualitätsproblem.
Inwiefern?
In letzter Zeit gabs in der Schweiz einen grossen Substanzverlust. Viele gute Spieler wechselten ins Ausland. Als ich in der Super League angefangen habe damals, war die Qualität höher. Aber es wird wieder besser werden. Es braucht jetzt halt wieder seine Zeit, junge Spieler nachzuziehen. Aktuell ist es eher mau.
Und was sagen Sie zum FCL?
Ich fiebere immer noch mit. Zu Beginn hatte René Weiler etwas Mühe. Mittlerweile schauts besser aus. Ganz ehrlich: Wenn ich sehe, mit welchen Spielern er arbeiten muss, da hätte ich wohl gegen den Abstieg gespielt. Aber wenns für Weiler gut läuft, dann reichts am Ende möglicherweise für einen Europa-Platz.
Es wird Zeit, das Gespräch zu beenden. Babbel muss seine Tochter ins Bett bringen. Es scheint wirklich so, als habe der Münchner in Down Under sein grosses Glück gefunden.
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Markus Babbel
Der 46-jährige Ex-Profi von Bayern und Liverpool trainierte Stuttgart, Hertha, Hoffenheim und von Oktober 2014 bis Anfang 2018 den FCL. Babbels Endplatzierungen in Luzern: 5./3./5. Seit Mai coacht er den A-League-Klub Sydney Wanderers. In Australien dabei: seine dritte Frau Tina, die er im Juni 2017 heiratete, und ihre gemeinsame Tochter (3).