Es gibt nicht viele Dinge, die den 67-jährigen Bernard Challandes zu erschüttern vermögen. Er war Trainer in Sion und in Armenien. Das härtet ab. Was aber nicht bedeutet, dass die Glut in den Augen des Fussball-Verrückten verschwunden wäre. Ganz im Gegenteil! Und diese bedingungslose Begeisterung braucht er auch für seinen Job im Kosovo, den er im März dieses Jahres antrat. Mission: das jüngste Fifa-Baby an die EM 2020 zu bringen.
Kein Ding der Unmöglichkeit! Dank der Nations League. Die reguläre Qualifikation ist für ein Land wie Kosovo ausser Reichweite. Das hat die Quali für die WM in Russland in einer Gruppe mit Kroatien, Island, Ukraine, Türkei und Finnland gezeigt, als die Kosovaren bloss ein Pünktchen holten.
In der Nations League heissen die Gruppengegner nun Aserbaidschan, Malta und die Färöer. Machbar. In den Halbfinals und allenfalls im Final warten Teams wie Weissrussland, Georgien und Mazedonien. Und der Sieger der D-Liga fährt an die EM!
Profitiert der Kosovo von Albanien-Krise?
Der Kosovo führt seine Gruppe an. Heute gehts auswärts gegen Malta. Da sind drei Punkte Pflicht. Und dann siegt das Spiel, wegen dem im Kosovo alle aus dem Häuschen sind. «Die drehen fast durch», sagt Challandes. «Die Tickets für das Spiel im Fadil-Vokrri-Stadion in Pristina waren in wenigen Minuten weg.» Es fasst auch nur 13 429 Fans. «Eigentlich ist das Stadion viel zu klein», sagt Challandes. Aber im Moment ist das egal. Wir waren schlicht erleichtert, nach der Renovation unseres Stadions endlich auf kosovarischen Boden spielen zu können.» Die gesamte WM-Qualifikation hatte man im Exil im albanischen Shkodra spielen müssen.
Kosovo top. Albanien, Sensations-EM-Teilnehmer 2016, hingegen schwächelt, steht nach den Niederlagen gegen Israel und Schottland in der Nations League vor dem heutigen Spiel gegen die Schotten mit dem Rücken zur Wand. Dass Albanien in einem Tief steckt, sei dem Kosovo sicher entgegengekommen, sagt Challandes. «Vorher war es klar, wo ein starker kosovarischer Spieler mit albanischem Pass spielen wollte. Nun ist der Kosovo eine ernstzunehmende Alternative geworden.»
Apropos ernst nehmen: Die spanische Regierung hat dem Kosovo am Mittwoch die gleichen Rechte zuerkannt wie allen anderen Nationen. Diese Kehrtwende machten die Spanier nach der Karate-EM im eigenen Land, in welchem die Kosovaren nicht unter eigenem Namen und Flagge hatten antreten dürfen. Weil die Spanier einen Nachahmungseffekt durch katalanische und baskische Separatisten befürchtet hatte. Der Entscheid aus Madrid – ganz sicher ein Motivationsplus für die Fussbalhelden.