Der Sonntag ist in Deutschland Tatort-Tag. Nicht so gestern: Da hält nämlich der Özil-Krimi die Nation in Atem. In drei Teilen rechnet der 92-fache Nationalspieler auf Facebook mit seinen Kritikern ab. Medien, Sponsoren, der DFB – alle bekommen sie ihr Fett weg.
Den Knaller spart sich Özil für den Schluss auf: Um 20 Uhr setzt er den Schlussstrich unter seine DFB-Karriere. Eine Karriere, die 2014 mit dem WM-Titel ihren Höhepunkt hatte und nun mit der Affäre rund um das umstrittene Foto mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ein unschönes Ende findet.
«Ich werde nicht mehr für Deutschland spielen, solange ich dieses Gefühl von Rassismus und Respektlosigkeit spüre», begründet der 29-Jährige seinen Entscheid. «In den Augen von DFB-Präsident Grindel und seinen Helfern bin ich Deutscher, wenn wir gewinnen, aber ein Immigrant, wenn wir verlieren.»
Özils Abrechnung löst in Deutschland gemischte Reaktionen aus. Die «Bild» schiesst aus allen Rohren gegen den Deutsch-Türken. Von einem «Jammer-Rücktritt» ist zu lesen. «Mesut Özil bekennt sich nicht zu Werten wie Meinungsfreiheit oder Toleranz. Werte, für die Deutschland und der DFB stehen – aber der türkische Staatschef Erdogan nicht», heisst es im Kommentar.
Hoeness schiesst gegen Özil
In der «Sportbild» fährt auch Bayern-Boss Uli Hoeness schweres Geschütz gegen Özil auf: «Ich bin froh, dass der Spuk vorbei ist. Der hat seit Jahren einen Dreck gespielt. Den letzten Zweikampf hat er vor der WM 2014 gewonnen. Und jetzt versteckt er sich und seine Mist-Leistung hinter diesem Foto.»
Hoeness weiter: «Die Entwicklung in unserem Land ist eine Katastrophe. Man muss es mal wieder auf das reduzieren, was es ist: Sport. Und sportlich hat Özil seit Jahren nichts in der Nationalmannschaft verloren!»
Der langjährige DFB-Präsident Theo Zwanziger bedauert gegenüber der «DPA» den Rücktritt: «Ich bin tief traurig über die von Mesut Özil getroffene Entscheidung. Das ist für die Integrationsbemühungen in unserem Land über den Fussball hinaus ein schwerer Rückschlag.»
Ähnlich besorgt zeigt sich die deutsche Justizministerin Katarina Barley (SPD): «Es ist ein Alarmzeichen, wenn sich ein grosser, deutscher Fussballer wie Mesut Özil in seinem Land wegen Rassismus nicht mehr gewollt und vom DFB nicht repräsentiert fühlt.»
Özils Freundin Amine Gülse meldet sich auf Instagram mit einem einer Liebes-Botschaft. «Ich bin immer bei dir, ich bin stolz auf dich, meine Liebe», schreibt die Miss Türkei 2014.
Rückendeckung erhält Özil aus der Türkei. Justizminister Abdulhamit Gül: «Er hat mit seinem Rücktritt das schönste Tor gegen den Faschismus geschossen.» (cmü)