Unentschieden. 1:1. Irgendwie versöhnlich. Nicht nur, was das Resultat betrifft. Auf dem Platz haben Hitzköpfe wie Sergio Ramos und Luis Suarez ihre Nerven im Griff. Es gibt kein Nachtreten, keine versteckten Fouls. Niemand hat das Begehren, Kopfnüsse zu verteilen.
Ist es tatsächlich ein Clasico, geraubt von jeglicher Polemik? Wers glaubt, wird selig! Die Diskussionen brechen erst nach Abpfiff an. So poltert Barça-Verteidiger Gerard Piqué gleich drauf los: «Ramos hätte vom Platz gestellt werden müssen!» Der Haudegen in Weiss kassiert bereits in der 10. Minute Gelb und balanciert in der Folge immer wieder zwischen erfolgreichem Tackling und dem Gang unter die Dusche.
Piqué fügt an: «Aber alles ist interpretierbar.» So auch die Szene, als Jordi Alba in der 50. Minute Real-Youngster Vinicius im Barça-Strafraum am Leibchen zupft. Die spanische Sportzeitung «As» findet: Das ist Penalty-würdig! Vinicius fällt zwar hin, macht aber keine Anstalten, sich beim Unparteiischen Antonio Lahoz zu beschweren.
Im Allgemeinen ist es ein erfrischender Auftritt des brasilianischen Wunderknaben. Zusammen mit Benzema und Vazquez reisst er ein ums andere Mal Löcher in die katalanischen Defensivreihen. Da wächst etwas heran, ist auch Piqué überzeugt. «Vinicius wird ein grossartiger Spieler werden.»
Bale im Tief
Mit zarten 18 Jahren gehört er bereits zur ersten Tanzgarde im weissen Ballett. Dass ihm Trainer Santiago Solari derart viel Verantwortung zutraut, hat auch mit der ständigen Absenz Gareth Bales zu tun. Der Waliser wird fast schon im Monatstakt von der Verletzungshexe besucht. Schmerzen in der Wade hier, ein Wehwehchen am Knöchel dort. Den Übernamen «Mr. Glass» hat er sich mit 18 Blessuren seit seinem Wechsel zu Real Madrid im Jahr 2013 redlich verdient.
Und der Widerstand bei den Anhängern und Experten wächst und wächst und wächst. Mit seiner Einwechslung im Camp Nou am Mittwochabend verwandelt sich Reals Sturm in ein laues Lüftchen. Dass er in der 81. Minute eine Riesenchance auslässt (siehe Video oben), passt ins Drehbuch.
Ex-Real-Star Predrag Mijatovic (50) wettert gegenüber dem Radiosender «Cadena SER» – noch vor dem Cup-Duell: «Wenn Bale spielt, könnte es eine seiner letzten Chancen sein zu überzeugen. Wir nerven uns alle über ihn.»
Nach der Partie dürfte sich daran nichts geändert haben. Genauso wie am ungeschriebenen Gesetz, dass ein Clasico mit Polemik einhergeht. Selbst bei einem versöhnlich scheinenden Remis. (sag)