BVB-Star hat Hodenkrebs
Chefarzt erklärt, was auf Tumor-Patient Haller jetzt zukommt

Die Schock-Diagnose wurde am späten Montagabend publik: Bei BVB-Stürmer Sébastien Haller wurde ein Hodentumor entdeckt. Blick fragt den Chefarzt der medizinische Onkologie im Universitätsspital Bern, was diese Krankheit für Folgen hat.
Publiziert: 19.07.2022 um 16:05 Uhr
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Aktualisiert: 19.07.2022 um 16:07 Uhr
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Sébastien Haller kämpft gegen einen Hodentumor an, der beim BVB-Star am Montag diagnostiziert wurde.
Foto: imago/Revierfoto
Nicola Abt

Schwere Stunden für Sébastien Haller (28). Beim Neuzugang von Borussia Dortmund wurde ein Hodentumor entdeckt. Der Stürmer muss aus dem Trainingslager in Bad Ragaz abreisen. «Die Diagnose ist für uns alle ein Schock. Wir werden alles in unserer Macht Stehende dafür tun, dass er die bestmögliche Behandlung erfährt», sagt BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl (42) gegenüber «Bild». Wie gefährlich ist ein Hodentumor und wie sieht der Heilungsverlauf aus? Blick fragt nach bei Jörg Beyer, dem Chefarzt der medizinischen Onkologie im Universitätsspital Bern.

Blick: Wie macht sich ein Hodentumor bemerkbar?
Jörg Beyer:
Die Frühsymptome von Hodenkrebs sind eine zunehmende Vergrösserung des Hodens oder tastbare Knoten im Hoden. Eine fortgeschrittene Erkrankung kann wegen vergrösserter Lymphknoten in hinteren Bauchraum Rückenschmerzen verursachen.

Gibt es eine Altersgruppe, die besonders anfällig für diese Krankheit ist?
Hodenkrebs ist in der Schweiz, Europa und Nordamerika die häufigste Krebsart bei Männern ab Beginn der Pubertät bis zu einem Alter von circa 40 Jahren.

Manche Spitzensportler konsumieren regelmässig Mittel zur Leistungssteigerung. Sind sie deshalb einem erhöhten Risiko ausgesetzt?
Ein Zusammenhang zwischen Hodenkrebs und der Einnahme von zum Beispiel Anabolika oder Testosteron ist nicht erwiesen. Dennoch ist die Einnahme solcher Mittel zur Leistungssteigerung medizinisch meist nicht sinnvoll.

Weitere Sportler, die an Hodenkrebs erkrankt sind

Lance Armstrong (50), Rad

Es war am 2. Oktober 1996, als der damalige steil aufstrebende Rad-Profi Lance Armstrong im alter von 25 Jahren die Diagnose Hodenkrebs erhielt. Beim Ami hatten sich bereits Lymphknotenmetastasen im Bauchraum und der Lunge sowie zwei Tumoren im Gehirn gebildet. Bei Armstrong wurde der rechte Hoden operativ entfernt. Mit einer zusätzlichen OP und einer aggressiven, vier Zyklen beinhaltende Chemotherapie konnte er den Krebs letztlich besiegen.

Marco Russ (36), Fussball

2016 wurde im Rahmen einer Dopingkontrolle beim damaligen Frankfurter Innenverteidiger Marco Russ zufällig ein bösartiger Tumor im Hoden entdeckt. Die Diagnose Hodenkrebs warf Russ zurück, doch er kam neun Monate später wieder zurück auf den Platz. Russ spielte bis 2020 für die Eintracht – und ist dort eine Legende.

Jim Koleff (†55), Eishockey

Er wollte gerade als Assistent beim SC Bern anheuern, da ereilte den Kanadier Jim Koleff die niederschmetternde Diagnose Hodenkrebs. Zwei Jahre später fühlet er sich wieder gesund, als ihn ein Rückfall heimsucht. Metastasen des Hodenkrebses drangen in den Bauchraum vor, worauf er 1994 während seiner Zeit als Trainer beim EV Zug notfallmässig nach New York reisen musste, wo er dem Tod von der Schippe sprang. Koleff überwand auch diese Hürde, bis der Krebs 2003 zurückkehrte und Koleff den Kampf verlor.

Marc Kämpf (31), Eishockey

2017 erhielt der ehemalige SCB-Profi Marc Kämpf die Diagnose Hodentumor. «Das war ein Schock. Ich wusste nicht, was das bedeutet», erzählt er später im Blick. Noch am gleichen Tag wurde der Stürmer operiert, ihm wurde ein Hoden entfernt. Kämpf, der heute für den SC Langenthal spielt, damals: «Ich wurde gefragt, ob ich eine Prothese wolle. Das lehnte ich ab. Man kann auch mit einem Hoden leben.»

Jonas Gutierrez (39), Fussball

Bei Newcastle United ist Jonas Gutierrez eine Legende. Sieben Jahre spielte der Argentinier für die Magpies und erlebte dort den Höhepunkt – aber auch den Tiefpunkt seiner Karriere. 2013 erkrankte Gutierrez an Hodenkrebs, weshalb er sich einer Operation unterzog. Im Sommer 2014 folgte zusätzlich eine Chemotherapie, womit der Krebs letztlich besiegt werden konnte. Am letzten Spieltag der Saison 2014/15 dann der Höhepunkt: Gutierrez bewahrte Newcastle mit einem Tor und einem Assist beim 2:0 gegen West Ham vor dem Abstieg.

Lance Armstrong (50), Rad

Es war am 2. Oktober 1996, als der damalige steil aufstrebende Rad-Profi Lance Armstrong im alter von 25 Jahren die Diagnose Hodenkrebs erhielt. Beim Ami hatten sich bereits Lymphknotenmetastasen im Bauchraum und der Lunge sowie zwei Tumoren im Gehirn gebildet. Bei Armstrong wurde der rechte Hoden operativ entfernt. Mit einer zusätzlichen OP und einer aggressiven, vier Zyklen beinhaltende Chemotherapie konnte er den Krebs letztlich besiegen.

Marco Russ (36), Fussball

2016 wurde im Rahmen einer Dopingkontrolle beim damaligen Frankfurter Innenverteidiger Marco Russ zufällig ein bösartiger Tumor im Hoden entdeckt. Die Diagnose Hodenkrebs warf Russ zurück, doch er kam neun Monate später wieder zurück auf den Platz. Russ spielte bis 2020 für die Eintracht – und ist dort eine Legende.

Jim Koleff (†55), Eishockey

Er wollte gerade als Assistent beim SC Bern anheuern, da ereilte den Kanadier Jim Koleff die niederschmetternde Diagnose Hodenkrebs. Zwei Jahre später fühlet er sich wieder gesund, als ihn ein Rückfall heimsucht. Metastasen des Hodenkrebses drangen in den Bauchraum vor, worauf er 1994 während seiner Zeit als Trainer beim EV Zug notfallmässig nach New York reisen musste, wo er dem Tod von der Schippe sprang. Koleff überwand auch diese Hürde, bis der Krebs 2003 zurückkehrte und Koleff den Kampf verlor.

Marc Kämpf (31), Eishockey

2017 erhielt der ehemalige SCB-Profi Marc Kämpf die Diagnose Hodentumor. «Das war ein Schock. Ich wusste nicht, was das bedeutet», erzählt er später im Blick. Noch am gleichen Tag wurde der Stürmer operiert, ihm wurde ein Hoden entfernt. Kämpf, der heute für den SC Langenthal spielt, damals: «Ich wurde gefragt, ob ich eine Prothese wolle. Das lehnte ich ab. Man kann auch mit einem Hoden leben.»

Jonas Gutierrez (39), Fussball

Bei Newcastle United ist Jonas Gutierrez eine Legende. Sieben Jahre spielte der Argentinier für die Magpies und erlebte dort den Höhepunkt – aber auch den Tiefpunkt seiner Karriere. 2013 erkrankte Gutierrez an Hodenkrebs, weshalb er sich einer Operation unterzog. Im Sommer 2014 folgte zusätzlich eine Chemotherapie, womit der Krebs letztlich besiegt werden konnte. Am letzten Spieltag der Saison 2014/15 dann der Höhepunkt: Gutierrez bewahrte Newcastle mit einem Tor und einem Assist beim 2:0 gegen West Ham vor dem Abstieg.

Welche anderen Faktoren erhöhen die Tumorgefahr?
Die bekanntesten sind Hodenhochstand bei Geburt, männliche Unfruchtbarkeit und Familien mit mehreren Betroffenen von Hodenkrebs.

Wann kann Haller auf den Platz zurückkehren?
Das hängt davon ab, wie frühzeitig der Krebs erkannt wurde. Je früher Hodenkrebs entdeckt wird, desto einfacher ist die Behandlung und die Heilungsrate ist am höchsten. Häufig ist nur die Entfernung eines betroffenen Hodens nötig. Dann ist Sport sehr schnell wieder möglich. Dies ist heute bei circa zwei Drittel der Männer der Fall.

Und wenn die Krankheit bereits weiter fortgeschritten ist?
Selbst wenn schon Metastasen (Krebszellen, die sich aus dem ursprünglichen Tumor gelöst und bereits Ableger gebildet haben. Anm. d. Red.) vorliegen, kann Hodenkrebs bei der Mehrzahl der Männer noch geheilt werden.

Haller ist nicht der einzige Fussballer, bei dem in den letzten Monaten ein Hodentumor diagnostiziert wurde. Das gleiche Schicksal widerfuhr Hertha-Star Marco Richter (23) letzte Woche. Union Berlins Timo Baumgartl (26) erhielt die Diagnose im Mai. Mittlerweile hat er alle Chemotherapien hinter sich gebracht.

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