Samstag Morgen, neun Uhr. Valentin Stocker (27) steht am Dortmunder Flughafen, wartet auf die Heimreise nach Berlin. Vor knapp elf Stunden hat er seine Hertha im Dortmunder Hexenkessel in der 51. Minute mit seinem zweiten Saison-Tor in Führung geschossen. Kurz vor Ende fliegt er nach einem harten Foul von hinten an Matthias Ginter mit glatt Rot vom Platz.
Das vorläufige Ende des Vali-Wahnsinns der letzten Wochen. Dieser war: Tor gegen Schalke, zwei Elfmeter rausgeholt, Sieg-Tor in Ungarn, Treffer in Dortmund, Rote Karte.
Valentin, gut geschlafen?
Valentin Stocker: Ja, danke. Ich schlafe immer gut, auch nach Spielen, auch im Hotel. Ich habe mir abgewöhnt, mich aufzuregen. Das ist gesünder.
Was bleibt vom Spiel für Sie: Der Treffer oder die Rote Karte?
Ich bin sehr glücklich über den Treffer, klar. Das danach war bestimmt eine dumme Aktion von mir. Aber es war die 90. Minute, du bist müde, spielst einen katastrophalen Fehlpass und versuchst dann der Mannschaft zu helfen. Ich sah den Ball, wollte ihn um jeden Preis zurückholen. Und treffe den Gegenspieler dann hinten an der Ferse. Ich wollte ihn in keiner Weise verletzen. Es sieht schlimmer aus als es war, aber die Rote Karte geht in Ordnung und es tut mir leid.
Haben Sie mit Opfer Ginter noch gesprochen?
Nein. In die Garderobe kam von den Dortmundern nur Joo-Ho Park, mein Basler Ex-Teamkollege. Ich staunte, wie gut er plötzlich Englisch und Deutsch spricht. In Basel konnte er kein Wort in keiner der beiden Sprachen.
Sie haben Nati-Kumpel Roman Bürki bezwungen. Ist es für Sie anders, alleine vor ihm zu stehen als vor anderen deutschen Torhütern?
Nein, aber man weiss, was für ein guter Torhüter er ist und wie schwierig es ist, gegen ihn zu treffen. Ich hätte gerne noch sein Trikot geholt, war aber nach Spielschluss halt schon in der Kabine und er kam nicht rüber. Aber er muss ja auch nicht in die Garderobe kommen, wenn er von mir einen reingekriegt hat... (lacht)
Sie hätten zwei schiessen können.
Ja. Aber in der ersten Halbzeit habe ich eine Chance mega überhastet, richtig doof abgeschlossen.
Dortmund-Trainer Thomas Tuchel hatte sich vor einigen Tagen beklagt, dass seine Spieler zu hart attackiert würden. Ein Mitspieler von Ihnen meint, nun seien die Fans bei jeder Aktion sofort aufgesprungen, es sei überhitzt gewesen. Hat Tuchel das Duell unnötig aufgeheizt?
Ich fand sein Vorgehen ein bisschen kontraproduktiv. Er hat die Schiedsrichter direkt unter Druck gesetzt. Aber ich will mich nicht beschweren, es waren harte Aktionen von uns und auch von ihnen dabei. Und zu den Fans: Es ist doch geil vor 80 000 zu spielen. Dafür lebst du doch, da kann es am Ende ein wenig hitzig werden.
Vor einem Monat sassen Sie noch auf der Bank. Dann: Einwechslung gegen Schalke – Tor. Drei Spiele von Anfang an – zwei rausgeholte Elfmeter, Treffer gegen Dortmund. Chance genutzt, oder?
Tiefer, als ich es war, kannst Du eigentlich nicht fallen. Ich war weit unten. Natürlich nur auf den Fussball bezogen, auf der Welt gibt es hundert Mal schlimmere Sachen. Und glauben Sie mir: Der Druck war unglaublich auf mich. Du kriegst dann die Chance und weisst, wenn du sie jetzt nicht nutzt, bist du weg. Das ist psychisch extrem. Aber manchmal musst Du auch alles in die Waagschale werfen, damit Du Dir selber im Leben dann keinen Vorwurf machen musst.
Der bequeme Weg wäre ein Wechsel zum FC Basel gewesen.
Ja. Und es ist auch klar, dass ich eines Tages zurückkehre. Aber jetzt will ich mich nochmals durchsetzen, ob in Berlin oder anderswo.
Aber wenn Sie weiter so spielen, ist Basel wieder weiter und weiter weg.
Das ist so, ja. Und für meinen Marktwert ist es sicherlich schön, was ich in den letzten vier Wochen für eine Visitenkarte abgeben konnte.
In der Nati wars ähnlich: Gegen Ungarn in der 88. Minute eingewechselt, eine Minute später das 3:2-Siegtor. Glauben Sie an Schicksal oder ist das harte Arbeit?
Ja, schon Schicksal. Wenn wir 2:1 führen in Ungarn, bringt der Trainer wohl eher einen defensiven Spieler. Das sind Dinge, die Du nicht steuern kannst.
Ihr Hertha-Trainer Pal Dardai ist Ungare. Hat er Ihnen gratuliert?
Ja, als wir im Training im Kreis standen. Aber keinen Bezug auf Ungarn genommen, keinen Spruch gemacht. Nur der Goalie-Trainer, der auch von da kommt, hat vorwurfsvoll-ironisch gesagt: „Du hast mein Land abgeschossen!“
Waren Sie nach dem Ungarn-Tor enttäuscht, dass Sie in Andorra nur ein paar Minütchen spielten?
Nein, gar nicht. Ich war froh. Der Kunstrasen ist nichts für meinen Körper. Diese Spielunterlage in Andorra war eine Frechheit, es war wie eine weiche Gummi-Matte. Auf Profi-Ebene hat Kunstrasen nichts verloren. Das ist einfach eine andere Sportart. Wenn Du dann in Dortmund auf einem solch schönen Rasen spielst, hast Du danach Tränen in den Augen.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Bayern München | 11 | 29 | 29 | |
2 | RB Leipzig | 10 | 10 | 21 | |
3 | Eintracht Frankfurt | 10 | 10 | 20 | |
4 | Bayer Leverkusen | 10 | 5 | 17 | |
5 | SC Freiburg | 10 | 2 | 17 | |
6 | Union Berlin | 10 | 1 | 16 | |
7 | Borussia Dortmund | 10 | 0 | 16 | |
8 | Werder Bremen | 10 | -4 | 15 | |
9 | Borussia Mönchengladbach | 10 | 1 | 14 | |
10 | FSV Mainz | 10 | 1 | 13 | |
11 | VfB Stuttgart | 10 | 0 | 13 | |
12 | VfL Wolfsburg | 10 | 1 | 12 | |
13 | FC Augsburg | 11 | -10 | 12 | |
14 | 1. FC Heidenheim 1846 | 10 | -2 | 10 | |
15 | TSG Hoffenheim | 10 | -6 | 9 | |
16 | FC St. Pauli | 10 | -5 | 8 | |
17 | Holstein Kiel | 10 | -13 | 5 | |
18 | VfL Bochum | 10 | -20 | 2 |