Herr Hitzfeld, sind Sie erschrocken, welch dilettantisches Bild die Bayern in der Transferphase abgaben?
Ottmar Hitzfeld: Nein, für mich war es nicht dilettantisch. Man wollte Sané unbedingt verpflichten und das brachte Probleme mit sich.
Welche?
Wir reden von 100 Millionen Euro Ablöse plus weiteres. Da geht’s im Poker dann nicht um eine Million, sondern um 20, 30 Millionen mehr oder weniger. Zudem sorgte die Absicht, einen solch riesigen Transfer zu stemmen, dann bestimmt intern für Diskussionen.
Warum?
Weil Sané das ganze Gehaltsniveau im Kader gesprengt hätte. Jeder Spieler hat dann das Gefühl, dass er unterbezahlt ist. Zudem fand ich es von Sané nicht korrekt, dass er sich nicht bekannt hat. Weder zu Bayern noch zu Manchester City. In der heutigen Zeit ist das lächerlich, heute musst Du Dich auf einem der vielen Kanäle äussern und dich positionieren. Aber für mich ist klar, der Deal wäre über die Bühne gegangen ohne die Verletzung.
Können Sie Pep Guardiola verstehen, dass er Sané einsetzte und damit den Kreuzbandanriss riskierte?
Ich kann nicht verstehen, dass er ihn eingesetzt hat. Ich hätte es zumindest nicht getan. Wenn Dein Verein dem Abschluss eines so grossen Deals steht, kannst Du doch Deinen Spieler in einem eher unbedeutenden Spiel nicht bringen. Aber er hat es nun bitter bezahlen müssen.
Würden Sie Sané trotzdem noch verpflichten?
Das ist eine schwierige Entscheidung für Bayern. Als Trainer würde ich Nein sagen. Ein Spieler mit dieser Verletzung ist ein halbes Jahr verletzt und braucht dann ein halbes Jahr, um ihn wieder ran zu kommen. Darum reicht es, ihn im nächsten Sommer zu holen. Ausser du kriegst ihn nun zum halben Preis.
Haben Uli Hoeness und Karl-Heinz Rummenigge den Anschluss verloren im Transfer-Geschäft?
Nein. Aber mit dem vielen Fernseh-Geld in England hat sich vieles geändert. Früher klopfte Bayern an und bekam man jeden ausser Cristiano Ronaldo und Lionel Messi. Heute ist es ganz anders.
Naja, der Satz von Hoeness: «Wenn Sie wüssten, wen wir schon alles auf sicher haben», half ihm bestimmt auch nicht.
Da meinte er Pavard und Hernandez, das sind ja auch zwei Top-Spieler. In der Abwehr hat man gute Alternativen geschaffen. In der Offensive hatte man sich zu sehr auf Sané festgefahren. Es ist dringend notwendig, dass man noch nachlegt.
Am Schluss hat man nur Ivan Perisic, der bei Inter keine Rolle mehr spielte.
Man braucht Alternativen für Coman und Gnabry, die gesetzt waren und das Double holten. Perisic kann man auf beiden Seiten einsetzen, er hat Erfahrung und Klasse. Dass Niko Kovac ihn gut kennt, ist ebenfalls ein Vorteil. Aber er ist kein Sané.
Wird Coutinho noch kommen?
Das hängt nicht von Bayern ab. Wird Neymar an Barcelona verkauft, wäre es naheliegend, wenn Coutinho verrechnet würde. Bayern hat wohl nur eine Chance, wenn Neymar zu Real geht.
Eine andere Option ist Mario Mandzukic von Juventus Turin.
Ich sehe keinen Bedarf im Sturm, weil Thomas Müller Robert Lewandowski ersetzen könnte, falls dieser sich verletzt. Und der Anspruch von Mandzukic wäre es, zu spielen. Das braucht Bayern nicht.
Die BILD berichtet, dass Uli Hoeness bald von all seinen Ämtern zurücktritt. Können Sie es nachvollziehen?
Ich habe in den letzten sechs Wochen nicht mehr mit ihm geredet. Wenn er aufhört, ist das ein Verlust für die Bundesliga, er ist ihr Gesicht. Aber ich könnte es ihm nur empfehlen. Das Leben nach dem Leistungssport mit Enkeln, Reisen und ohne Druck ist sehr schön.
Bayern-Konkurrent Dortmund hat die Transfers früh abgewickelt. Ist der BVB inzwischen professioneller als die Bayern?
Es war eine hervorragende Transfer-Politik von Dortmund. Das Problem, dass man nicht Meister wurde, sehe ich in der Abwehr. Akanji ist ein super Spieler, aber mit Mats Hummels kommt richtig viel Persönlichkeit dazu.
Hätten Sie als Bayern-Trainer sich gewehrt, Mats Hummels an den direkten Konkurrenten abzugeben?
Nein. Wenn ein Spieler weg will, dann soll man ihn ziehen lassen.
BVB-Boss Hans-Joachim Watzke hat die Meisterschaft als Ziel ausgegeben. Ist das realistisch?
Absolut. Ich finde dieses klare Bekenntnis bemerkenswert. Das hat man letzte Saison verpasst. Wenn man neun Punkte Vorsprung hat, dann muss man das Ziel Meister laut aussprechen. Schön, dass es der BVB nun gemacht hat. Zumal man das beste Kader aller Zeiten hat.
Besser als Bayern?
Die erste Elf ist bei Bayern einen Tick stärker, aber über das ganze Kader gesehen ist Dortmund ebenbürtig. Aber klar, der Druck auf den Trainer ist jetzt auch gross. Die Fans lechzen nach einem Titel. Nach sieben Jahren in Folge wäre es Zeit für Dortmund.
Schaffen Sie es?
Bayern ist weiter leicht im Vorteil.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Bayern München | 10 | 26 | 26 | |
2 | RB Leipzig | 10 | 10 | 21 | |
3 | Eintracht Frankfurt | 10 | 10 | 20 | |
4 | Bayer Leverkusen | 10 | 5 | 17 | |
5 | SC Freiburg | 10 | 2 | 17 | |
6 | Union Berlin | 10 | 1 | 16 | |
7 | Borussia Dortmund | 10 | 0 | 16 | |
8 | Werder Bremen | 10 | -4 | 15 | |
9 | Borussia Mönchengladbach | 10 | 1 | 14 | |
10 | FSV Mainz | 10 | 1 | 13 | |
11 | VfB Stuttgart | 10 | 0 | 13 | |
12 | VfL Wolfsburg | 10 | 1 | 12 | |
13 | FC Augsburg | 10 | -7 | 12 | |
14 | 1. FC Heidenheim 1846 | 10 | -2 | 10 | |
15 | TSG Hoffenheim | 10 | -6 | 9 | |
16 | FC St. Pauli | 10 | -5 | 8 | |
17 | Holstein Kiel | 10 | -13 | 5 | |
18 | VfL Bochum | 10 | -20 | 2 |