Hier lag unser Bundesliga-Star einst selbst
Schwegler besucht Nils (4) auf Krebsstation

Bundesliga-Star Pirmin Schwegler besiegte einst die Leukämie, obwohl seine Überlebens-Chancen unter 10 Prozent lagen. Nun unterstützt er den kleinen Nils (4) bei dessen Kampf gegen den Krebs. Das emotionale Treffen.
Publiziert: 16.10.2016 um 17:50 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 05:10 Uhr
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Primin Schwegler besucht Nils (4) auf der Krebsstation.
Andreas Böni (Text) und Peter Gerber (Fotos)

Alles beginnt mit einem kleinen Knubbel auf der Haut. Als Sabrina Isler den Oberkörper ihres Sohnes Nils (4) abtastet, glaubt sie an einen Zecken-Biss. Die Mutter fährt mit dem Kleinen  zum Arzt, es wird ihm Gewebe entnommen. Die Diagnose ist ein Schock: Lymphdrüsen-Krebs. «Es zieht dir den Boden unter den Füssen weg», sagt die Mutter.

Heute sitzt Nils im Berner Inselspital auf seinem Bett. Er hat gerade eine Chemotherapie hinter sich. Neben ihm steht Bundesliga-Star Pirmin Schwegler (29). Stolz zeigt der tapfere Patient seine Kette mit verschiedenen Perlen. «Das hier ist der Chemo-Kasper, den bekam ich nach der Chemotherapie. Dieser hier wurde mir geschenkt, als ich die Haare verlor. Dieses Steinchen war der Trost, dass ich nicht das Zimmer verlassen durfte. Diese steht dafür, wenn ich neues Blut bekam. Das ist der Mami-, das der Papi-Stein. Und das hier ist die Geburtstags-Perle.»

Schwegler schluckt schwer. Es sind Gedanken, die auch den Hoffenheim-Spieler sein Leben lang nie ganz loslassen werden. Es ist der 29. Juli 1988. Klein Pirmin ist 16 Monate alt, Familie Schwegler fährt ins Wallis in die Ferien. «Plötzlich hat er erbrochen, war ganz fahl», erzählt Mama Annelis, «er mochte nichts mehr machen, nicht mal mehr liegen.» Die Familie fährt zum Arzt, zwei Ambulanz-Fahrer fahren den kleinen Jungen mit Blaulicht aus dem Wallis nach Bern ins Inselspital.

«Hier vor dieser Tür standen die Sanitätsfahrer mit Pirmin auf der Krankenbahre», sagt Annette Ridolfi Lüthy. Sie ist damals die leitende Ärztin der Kinder-Krebsstation. «Man sah sofort, dass er in höchster Lebensgefahr ist. Er war weiss wie ein Leintuch, hatte den Herzschlag einer Maschine. Wir entnahmen ihm sofort Blut, er bekam gleich eine Transfusion.»

Leukämie. Blutkrebs. Eine Überlebens-Chance unter zehn Prozent. «Sein Leben stand auf Messers Schneide», sagt die Ärztin. Während mehr als 14 Monaten wird das Inselspital immer wieder zu Pirmins zweitem zu Hause. Zwölf Chemo-Therapien. 160 Mal fährt Mama Annelis von Ettiswil LU ins Krankenhaus.

«Es bedeutet mir viel, hier zu stehen», sagt Schwegler. Er hat einen Spenden-Scheck über 117 803 Franken dabei (siehe Box). «Und es berührt mich, hier mit meinen wichtigsten Frauen zu sein: Meiner Mama, meiner Frau und der Ärztin, die mir das Leben rettete.»

Annelis Schwegler kullern die Tränen über die Wangen. Auch Florent (8) hört genau zu. Auch er leidet an Leukämie, ist auf gutem Weg. «Ich kann bald nach Hause und mich ambulant behandeln lassen. Ich freue mich riesig», sagt er. Seine Familie pendelt monatelang zwischen dem Wohnort im Wallis und Bern.

«Kämpft, gebt nie auf, glaubt daran», sagt Schwegler zu den beiden kleinen Krebs-Partienten. Nils (4) hört zwar zu, ist aber gedanklich schon zu Schweglers Krücken abgeschweift. «Sind das Hockey-Stöcke, Mama?», fragt er. Er ist Fan des EHC Biel, besonders von Mathias Joggi, der ihm im BLICK-Eishockey-Extra einen mutmachenden Brief schrieb.

Professor Dr. med. Roland Ammann sagt: «Die beiden Patienten sind in Remission, das heisst, grob sieht man nichts mehr vom Krebs. Aber sie machen weiterhin Chemo-Therapie, um die Gefahr eines Rückfalls zu vermindern.»

40 neue Patienten nimmt er im Berner Inselspital jährlich auf. Zwischen drei Monaten und drei Jahren bleiben sie in Behandlung, teils mit längeren Aufenthalten. «Unser Alltag ist schön und lustig», sagt Ammann. Zwei Mal in der Woche kommt ein Clown vorbei, um die Kinder aufzuheitern.

Gedanken an den Tod haben da keinen Platz. Vier bis sechs Kinder sterben jährlich, meistens aber zuhause. «Wir können sie gut darauf vorbereiten», sagt Dr. Ammann. «Die meisten sterben lieber zuhause. Nur selten sagt jemand, dass die Familie nicht damit klar kommt, ob das Kind im Spital sterben könne.»

Es sind Gedanken, die ratlos machen. Doch die Fröhlichkeit der Menschen, die bunten Zeichnungen, die farbigen Girlanden, der Töggelikasten, das Puppenhaus vermitteln eine Atmosphäre der Normalität.

«Hier wird man so herzlich aufgenommen, dass man sehr schnell wieder Kraft findet», sagt Sabrina Isler. Die zwei grösseren Schwestern von Nils (5 und 11 Jahre alt) helfen, wo sie können. «Wobei die ältere nicht darüber redet. Sie werde traurig, sagt sie.»

Nils hat sich seinen DVDs zugewandt. Garfield oder Bolt stehen zur Auswahl.

«Da wirds Dir hier aber nicht langweilig», sagt Schwegler. «Doch», entgegnet Nils. Lachen im Raum. Fan des EHC Biel und des FC Basel sei er, ergänzt der kleine Junge aus Brügg BE. «Soll ich also zum FC Basel?», fragt Schwegler. «Nein», sagt Nils. Er will den Film schauen und nicht über Transfers reden. Nils geht auf den Gang, holt sich Florent an die Hand und führt ihn in sein Zimmer. Pirmin Schwegler beobachtet sie gerührt: «Diese kleinen Kämpfer sind die wahren Helden. Nicht wir Fussballer.»

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117'803 Franken für krebskranke Kinder

Pirmin Schwegler (29) sammelt seit Anfang des Jahres mit der Spendenaktion «Mein Klub - meine Hilfe» Spendengelder für krebskranke Kinder. Er rief die Teilnehmenden dazu auf, für jeden Punkt  den ihr  Lieblings-Klub in der Rückrunde holte, einen freien Betrag zu spenden.

18 Fussballer, darunter Nati-Stars wie Roman Bürki, Ricardo Rodriguez oder Admir Mehmedi machen mit. «Mich hat aber auch gefreut, dass kleinere Beträge gespendet wurden», sagt Schwegler. «Einige Kinder haben einen Franken pro Punkt bezahlt. Das ist im Verhältnis fast mehr für die Menschen als für uns Fussballer.»

In der Rückrunde kamen nun so 117'803 Franken zusammen, die Pirmin Schwegler als Spende der Berner Stiftung für krebskranke Kinder übergab.

Pirmin Schwegler (29) sammelt seit Anfang des Jahres mit der Spendenaktion «Mein Klub - meine Hilfe» Spendengelder für krebskranke Kinder. Er rief die Teilnehmenden dazu auf, für jeden Punkt  den ihr  Lieblings-Klub in der Rückrunde holte, einen freien Betrag zu spenden.

18 Fussballer, darunter Nati-Stars wie Roman Bürki, Ricardo Rodriguez oder Admir Mehmedi machen mit. «Mich hat aber auch gefreut, dass kleinere Beträge gespendet wurden», sagt Schwegler. «Einige Kinder haben einen Franken pro Punkt bezahlt. Das ist im Verhältnis fast mehr für die Menschen als für uns Fussballer.»

In der Rückrunde kamen nun so 117'803 Franken zusammen, die Pirmin Schwegler als Spende der Berner Stiftung für krebskranke Kinder übergab.

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