Gemeindepräsi von Saint-Barthélemy erzählt
«Galatasaray fragte nach Favres Nummer»

Wenn sich Galatasaray Istanbul bei der Gemeindeverwaltung meldet, dann sind Sie in Saint-Berthélemy VD. Dort, wo sich Dortmunds Erfolgscoach Lucien Favre (61) am wohlsten fühlt.
Publiziert: 28.11.2018 um 14:21 Uhr
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Aktualisiert: 24.12.2018 um 14:00 Uhr
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Ortsschild Saint Barthélemy in Waadt.
Foto: Pius Koller
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Stefan KreisReporter Fussball

Es klingt nach wahrer Liebe, wenn Lucien Favre über seine Heimat spricht: «Mein Herz schlägt für diesen Ort. Er war immer die Basis meines Lebens. Hier kann ich mich fallen lassen, ohne fürchten zu müssen, dass ich abstürze!» 

Saint-Barthélemy. 800 Seelen mitten im Waadtländer Nirgendwo. Eine Kirche, eine Schule, eine Beiz. Und 100 Leute, die den selben Namen tragen wie der BVB-Coach. Mehr Heimat? Geht nicht! 

Wann immer Favre ein paar freie Tage hat, tauscht er das hektische Leben im Ruhrpott gegen die ländliche Idylle der Romandie. Auffallen tut er bei seinen Besuchen aber nie, wie Gemeindepräsident Dominique Dafflon erzählt: «Letzte Woche ist er mit seinem Velo durchs Dorf gefahren und hat vor dem Gemeindehaus gestoppt. Ich habe ihn aber erst gar nicht erkannt, weil er seinen Helm so tief ins Gesicht gezogen hat. Erst als meine Frau mich fragt, ob ich Lülü gar nicht begrüssen wolle, habe ich ihn bemerkt.»

Sie hätten sich dann über Fussball unterhalten, über die Bundesliga, über den sensationellen Höhenflug, über die Herausforderung bei einem Top-Klub zu arbeiten. Etwas, was Dafflon, der Favre seit Jahrzehnten kennt, nicht für möglich gehalten hätte: «Der Druck beim BVB ist enorm, das entsprich ihm eigentlich nicht. Er fühlt sich dann am wohlsten, wenn er in Ruhe arbeiten und etwas aufbauen kann. Es hat mich erstaunt, dass er den Job überhaupt angenommen hat.»

Als Galatasaray anrief

Noch vor zwei Jahren sei das anders gewesen, da habe der türkische Spitzenklub Galatsaray Istanbul bei ihm auf der Gemeindeverwaltung angerufen: «Sie haben gefragt, ob ich Favres Nummer habe, weil sie ihn gerne als Trainer verpflichtet hätten. Dabei hätte ich denen gleich sagen können, dass er niemals nach Istanbul wechseln wird.» Statt zum hektischen Spitzenverein geht Favre nach Nizza. Und er hat dort das, was er beim FCZ, in Berlin, bei Gladbach und nun in Dortmund hat: sofortigen Erfolg. 

Seine Wurzeln hat er aber trotz persönlichem Höhenflug, trotz Millionengehalt nie vergessen. Zusammen mit seiner Ehefrau Chantal hat er in Saint-Barthélemy ein Haus gebaut, gleich neben der Schule. Und nur wenige Meter neben dem Bauernhof, auf dem er aufgewachsen ist. Der ist mittlerweile aber ebenso Geschichte, wie der Fussballplatz, auf dem der kleine Lucien einst mit 12 Jahren mit kicken begann. Mittlerweile spielen sie Paintball auf jenem Areal, wo Favre seine grosse Karriere begann. Mit 15 wechselt er zu Lausanne Sport, via Xamax und Servette gehts nach Toulouse, dann zurück nach Genf, insgesamt läuft der begnadete Spielmacher 24 Mal für die Nationalmannschaft auf. 

Favre verlor die Nerven nur einmal

Seine Trainerkarriere startet er im Nachbardorf  beim FC Echallens. Und trifft dort zum ersten Mal auf Dafflon. Der ist zu jener Zeit Spitzenschiedsrichter, als Favre mit dem Dorfklub in die NLB aufsteigt. «Lülü war uns gegenüber immer respektvoll, er hat die Schuld immer bei sich selbst gesucht und nie beim Schiedsrichter.» Nur einmal habe Favre die Nerven verloren. «Als er bei Xamax war und ich für das Spiel gegen Lausanne eingeteilt wurde, hat er gemeint, das ginge nicht. Ein Waadtländer, der Lausanne pfeift.»

Favre weiss: Waadtländer halten für gewöhnlich zusammen. Einwohner von Saint-Barthélemy erst recht. Ob sie bald eine Strasse nach ihrem berühmten Sohn benennen? Dafflon: «Das könnten wir uns überlegen, aber ich glaube nicht, dass das Favre gefallen würde.»

Schliesslich will der Mann eines auf keinen Fall: Auffallen. Sagen auch die Serviertöchter in der einzigen Beiz: «Herr Favre kommt, ist zwar sehr freundlich, sagt aber kaum ein Wort, isst und geht fast schneller wieder, als er gekommen ist. 

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