Blick.ch: Diego, am 10. Januar starb Junior Malanda bei einem Autounfall. Wo haben Sie davon erfahren?
Diego Benaglio: Ich fuhr mit der Mannschaft im Bus gerade Richtung Flughafen, weil wir am Abend ins Trainingslager nach Südafrika fliegen wollten. Irgendwann machte unter uns Spielern das Gerücht die Runde, wonach Junior einen Unfall gehabt hätte. Mehr wussten wir zu jenem Zeitpunkt nicht. Als wir am Flughafen in Braunschweig ankamen, warteten Trainer Dieter Hecking und Sportchef Klaus Allofs auf uns. Sie nahmen uns zur Seite, in einen separaten Raum. Und teilten uns mit, dass Junior gestorben sei.
Der schlimmste Moment Ihres Lebens?
Es zieht dir den Boden unter den Füssen weg. Ein 20-Jähriger, einfach tot. Du kannst es erst nicht einordnen, nicht fassen. Es war ein Schock für alle, viele weinten, du kannst keinen klaren Gedanken mehr fassen. Aber einigen wurde erst bei der Beerdigung bewusst, wie endgültig alles ist.
Wie meinen Sie das?
Im Fussball fehlt im Training immer mal wieder ein Spieler für ein paar Tage. Zum Beispiel, weil er verletzt ist. Nach einer gewissen Zeit kommt er zurück. Bei Junior spürten wir dann definitiv, dass sich diese Lücke nie mehr schliessen wird.
Können Sie Ihre Gefühle während der Beerdigung in Worte fassen?
Es tat unglaublich weh, seine Familie zu sehen. Die Geschwister, die Eltern, wie traurig sie sind, wie sehr sie leiden. Gerade, wenn du selbst Vater bist, trifft es dich wahnsinnig tief. Eltern, die ihr eigenes Kind betrauern müssen, das ist das Schlimmste, was dir im Leben passieren kann.
Auch der Unfallfahrer kam zur Beerdigung. Hatten Sie Kontakt mit ihm?
Nein, gar nicht.
Es ist sicher auch schwierig für ihn. Er fuhr offenbar viel zu schnell und Junior soll nicht angeschnallt auf der Rückbank geschlafen haben.
Ich will mir kein Urteil bilden. Es ist sehr tragisch, wie das Ganze passiert ist. Das will ich nicht hinterfragen.
Sie sind gläubig. Wie ordnen Sie den Tod eines so jungen Menschen ein?
Wenn du Kinder hast, ist es schwer, das zu verstehen. Es ist nicht der normale Lauf des Lebens. Wenn jemand mit 20 gehen muss, machst du dir Gedanken, dass es einfach nicht gerecht ist.
Die Welt staunte über die Gedenkminute vor dem Bayern-Spiel. Alle Spieler standen im Kreis, applaudierten, die Fans jubelten. Wie kam die Idee, eine Gedenkminute mit so viel positiver Energie zu machen?
Fans, Spieler und Klub-Verantwortliche haben es gemeinsam entwickelt. Wir waren der Meinung, dass eine solche Gedenkminute Junior Malanda gerecht wird. Er war ein Mensch, der gerne tanzte, wenn Musik lief. Der in der Garderobe sang, wenn ihm danach war. Er war extrem lebensfroh, stets positiv und bei allen sehr beliebt. Ein super Typ, der viel zu früh gehen musste.
Hannover 96 brach nach dem Selbstmord von Robert Enke sportlich ein, nachdem alles traurig und schwer verarbeitet worden war. Im Stadion wurde zum Beispiel der Sarg aufgebahrt. War das im Hinterkopf, als man entschied, die Trauer positiv zu verarbeiten?
Es sind zwei extrem verschiedene Situationen. Das eine ist ein Selbstmord, das andere ein Unfall. Das eine mitten in der Saison, das andere in der Vorbereitung. Wir hatten ein paar Tage Zeit, die Emotionen und Trauer ein wenig zu verarbeiten.
Zwei Tage nach Malandas Tod flog man dann doch ins Trainingslager nach Südafrika. Wie haben Sie als Captain versucht, den Mitspielern zu helfen?
Ich war in der Verantwortung, aber nicht nur ich. Es hat auch geholfen, dass wir einen Psychologen dabei hatten, der solche Situationen schon erlebt hatte. Er hat damals auch die Hannover-Spieler unterstützt.
Wie kann ein Psychologe in einer solchen Situation konkret helfen?
Das ist bei jedem Menschen anders. Dem einen oder anderen half es, einfach jemanden zum Reden zu haben. Offen über die Gefühle zu sprechen. In Südafrika spürte man aber auch, wie toll der Geist dieser Mannschaft ist. Jeder versuchte den anderen so zu nehmen, wie er ist. Ihm zu geben, was er gerade braucht. Darum war es auch ein guter Entscheid, ins Trainingslager zu fliegen.
Waren Sie mit Junior Malanda auch privat befreundet?
Wir hatten ein gutes, normales Verhältnis. Neben dem Platz haben wir nicht viel unternommen, da waren ja auch 11 Jahre Unterschied zwischen uns. Andere Spieler hatten mehr Kontakt mit ihm.
Im ersten Spiel ohne Junior Malanda schlugen Sie Bayern gleich mit 4:1. Wenn Sie vor dem Spiel hätten wetten müssen, ob Sie oder Manuel Neuer vier Tore kassieren, was hätten Sie gesetzt?
Gar nichts. Ich wette nicht. Aber natürlich war es sehr schön für uns, dass wir gewonnen haben. Dieses Spiel wird jeder, der dabei war, immer in Erinnerung behalten.
War es das grösste Spiel Ihrer Wolfsburg-Karriere?
Wir haben ein paar Wochen vorher einen Mannschaftskollegen verloren und dann Bayern geschlagen. Wir werden dieses Spiel immer mit Junior Malanda verbinden, es war ein Sieg für ihn, man wird auf immer und ewig dieses Spiel mit ihm verbinden. Ja, von daher war es ein ganz spezielles Spiel in meiner Karriere. Auch wenn das 5:1 über Bayern in der Meister-Saison 2008/09 schon auch etwas ganz Besonderes war.
Können Sie Bayern abfangen?
Wir schauen nur auf uns. Unser Ziel ist es, wieder international dabei zu sein. Wenn wir dann die Champions League erreichen, wäre das toll. Aber vom Meistertitel spricht hier niemand.
Wolfsburg hat 32 Millionen Euro für Schürrle, 22 Millionen für De Bruyne, 17 Millionen für Luis Gustavo ausgegeben. Ist Ihr Klub die zweite Macht nach den Bayern?
Wir sind auf einem guten Weg, dass man dahin kommt. Aber dass man sich als zweite Macht bezeichnen kann, dafür brauchts noch mehr Kontinuität. Wenn wir über längere Phasen oben bleiben, können wir das vielleicht erreichen.
Unter der Woche sorgte Ihr Mitspieler Kevin de Bruyne für Diskussionen. Er betitelte einen Balljungen als «Motherfucker».
Sicher das falsche Wort. Sicher von den Emotionen geleitet. Aber jeder, der schon in einer solchen Situation war, kann nachvollziehen, dass man mal die Beherrschung verliert. Auch wenns nicht zu entschuldigen ist.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Bayern München | 30 | 58 | 72 | |
2 | Bayer Leverkusen | 30 | 29 | 64 | |
3 | Eintracht Frankfurt | 30 | 16 | 52 | |
4 | RB Leipzig | 30 | 10 | 49 | |
5 | SC Freiburg | 30 | -4 | 48 | |
6 | FSV Mainz | 30 | 12 | 47 | |
7 | Borussia Dortmund | 30 | 10 | 45 | |
8 | Werder Bremen | 30 | -6 | 45 | |
9 | Borussia Mönchengladbach | 30 | 2 | 44 | |
10 | FC Augsburg | 30 | -7 | 43 | |
11 | VfB Stuttgart | 30 | 6 | 41 | |
12 | VfL Wolfsburg | 30 | 6 | 39 | |
13 | Union Berlin | 30 | -14 | 35 | |
14 | FC St. Pauli | 30 | -10 | 30 | |
15 | TSG Hoffenheim | 30 | -17 | 30 | |
16 | 1. FC Heidenheim 1846 | 30 | -28 | 22 | |
17 | VfL Bochum | 30 | -33 | 20 | |
18 | Holstein Kiel | 30 | -30 | 19 |