Bayern-Boss Uli Hoeness offen wie nie
«Habe zwei Fan-Clubs im Knast»

Spitzenküche garniert mit 16-Gault-Millau-Punkten, angereichert mit einem Gang von Wurst-Fabrikant Uli Hoeness. Der Bayern-Präsident spricht im Ländle vor ausgewählten Gästen. Auch über seine Haftzeit wegen Steuerhinterziehung.
Publiziert: 10.05.2017 um 09:26 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 01:38 Uhr
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Nach seinem Gefängnisaufenthalt ist Uli Hoeness längst wieder zurück.
Foto: Bongarts/Getty Images
Aufgezeichnet von Max Kern

Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein. 108 Gäste haben bei «meet the president» je 375 Fr. bezahlt, um sich ein Vier-Gang-Menü servieren zu lassen. «Meet the president» heisst der Anlass im Ländle. Gekommen ist das meist männliche Publikum wegen Bayerns Präsident Uli Hoeness (65). Der Weltmeister von 1974, der seine Gage (20'000 Franken) wie üblich Bayern-Hilfe e.V. spendet, spricht über Robben, Ribéry & Co. Den Champions-League Final ohne Bayern. Den grössten Applaus erntet der Bayern-Boss aber, als er offen über seine 21-­monatige Haftzeit zu reden beginnt.

Hoeness über das Gerichtsurteil:
«Ich bin der einzige Deutsche, der Selbstanzeige gemacht hat und trotzdem im Gefängnis war. Ein Freispruch wäre völlig normal gewesen. Aber in diesem Spiel habe ich klar gegen die Medien verloren. Täglich waren 10 bis 12 Journalisten vor unserem Haus. Tag und Nacht. Sie haben in VW-Bussen übernachtet. Das wollte ich meiner Familie nicht mehr zumuten. Wir hätten ja Revision am Bundesgerichtshof machen können. Das wäre vielleicht ein Jahr gegangen. Dann wäre es vielleicht wieder zurück ans Landesgericht gegangen. Dann wäre vielleicht wieder ein Jahr vergangen. So wäre ich vielleicht jetzt noch im Gefängnis.»

Hoeness über sein Delikt:
«Mein wirtschaftliches Ergebnis bei der Bank Vontobel von 2001 bis 2010 war minus drei Millionen Euro. Ich habe über 40 Millionen Strafe gezahlt, inklusive 18 Millionen Zinsen und 2 Millionen Kirchensteuer. Trotzdem entschied ich mich, ins Gefängnis zu gehen. Theater gabs nur, bis ich im Gefängnis war. Nach dem zweiten oder dritten Hausbesuch hat mich die Presse danach in Ruhe gelassen.“

Hoeness über seine Erfahrungen im Gefängnis:
«Ich habe viele Dinge erlebt, über die ich nicht sprechen möchte. Ich habe Erfahrungen fürs Leben gemacht. Ich bin wie immer auf die Menschen zugegangen, habe mich der Situation angepasst. Das grösste Kompliment gabs für mich am letzten Tag von der Direktorin des Gefängnisses, die als sehr hart gilt. Sie sagte zu mir: ‹ Herr Hoeness, sie sind der Erste, der rausgeht und zwei Fanklubs hat. Einen bei den Beamten, einen bei den Gefangenen.›»

Hoeness über die Zeit nach dem Gefängnis:
«Ich dachte, es hängt mir ein Makel an, ich werde vielleicht geächtet. Doch das Gegenteil war der Fall. Wenn ich früher nach Bremen kam, haben die Leute 30 Minuten lang ‹Hoeness, du Arschloch!› geschrien. Das hat schon wehgetan. Jetzt war ich kürzlich wieder dort, da wollten 500 Leute ein Selfie mit mir machen. Da wusste ich, es war total richtig, das Urteil anzunehmen.»

Hoeness über Red-Bull-Eigner Dietrich Mateschitz, den Besitzer von Bayern-­Verfolger RB Leipzig:
«Ich habe ihm gesagt: Lieber Herr Mateschitz, wenn sie jetzt auch noch ältere Spieler verpflichten, werden sie ein ganz ernstzunehmender Gegner für uns.»

Hoeness über die über­alterte Bayern-Mannschaft:
«Die Medien machen ein Theater, wie wenn wir ein Altersheim hätten. Jedes Mal, wenn der Ribéry nach 70 Minuten raus muss, ruft er mich am Abend an und sagt: ‹Jetzt habe ich genug, ich gehe!› Wir haben eine Mannschaft, die ein bisschen in die Jahre gekommen ist, aber für mich gibts keine alten oder jungen Mannschaften, sondern nur gute und schlechte. Schauen sie sich mal die Abwehr von Juventus Turin an, da ist keiner unter 33. Und die werden wahr­scheinlich, so wie ich das sehe, Champions-League-Sieger dieses Jahr, die werden Real schlagen. Da fragt auch keiner, ob die jetzt zu alt sind. Wenn Frank Ribéry oder Arjen Robben so spielen, wie sie zum grossen Teil dieses Jahr gespielt haben, dann ist mir völlig wurst, wie alt sie sind. Das Problem für die Jungen ist ja, dass sie im Moment keine Chance bekommen. Es muss jetzt gelingen, im Schatten dieser Spieler Junge heranwachsen zu lassen, die rechtzeitig die Chance kriegen und an dem Tag da sind, wenn die anderen aufhören. Das ist die Kunst.»

Hoeness über sein Alter:
«Ich bin jetzt 65 geworden. Aber ich habe ja zwei Jahre Trainingslager gehabt, wo ich mich erholen konnte. Darum bin ich eigentlich erst 63 Jahre alt. Amerika erlaubt sich einen Präsidenten, der 70 ist.»

Hoeness über den chinesischen Markt:
«Die Chinesen kommen neu auf den Markt. Weil der neue Ministerpräsident beschlossen hat, dass Fussball die Sportart Nummer 1 in diesem riesigen Land sein soll. Auch in den Schulen wird Fussball Sportart Nummer 1 sein. Wir haben drei, vier Fussballschulen in China aufgebaut. Meine Idee ist: Irgendwann wird ein chinesischer Spieler beim FC Bayern spielen. Und wenn dieser Chinese bei uns spielt, wird der eine irre Nachfrage erzielen. Wenn wir am Samstag dann wahrscheinlich um zwei Uhr spielen, damit in Shanghai oder Peking in Primetime live übertragen werden kann, dann drücken 300 Millionen Chinesen auf ihr iPhone und zahlen je einen Euro, dann können sie sich etwa vorstellen, wo es hingeht.»

Hoeness über Bayerns Erfolgs-­Rezept:
«Wir haben immer versucht, sportlichen Erfolg zu erzielen auf der Basis von wirtschaftlicher Vernunft. Als ich 1979 Manager wurde mit 27, da machte Bayern 12 Millionen Mark Umsatz. Und wir hatten 7 Millionen Mark Schulden. Heute machen wir nicht mehr 12 Millionen Umsatz, sondern etwa 650 Millionen, haben eine Eigenkapital-Quote von 80 Prozent. Und im Gegensatz zu den meisten Vereinen gehen wir immer in die Festgeld-Abteilung der Bank und nicht in die Kredit-Abteilung.»

Hoeness über Merchandising:
«Mit dem Trikot- und dem Fan-Artikel-Verkauf machen wir 110 Millionen Umsatz. Der Vergleich: 1979 hatten wir in unserer Poststelle ein paar Schals, ein paar Mützen und ein paar Postkarten, jetzt machen wir an einem Spieltag wie am letzten Samstag in unserem Mega-Store in 6 Stunden 300 000 Euro Umsatz. Nur mit Fan-Artikeln.»

Hoeness über eine all­fällige Börsen-Kotierung:
«Borussia Dortmund ist ja an die Börse gegangen. Wir wurden ziemlich übel beschimpft, dass wir nicht modern sind. Ich kann mich noch erinnern: Als Heiko Herrlich damals einen Gehirntumor hatte, musste Borussia Dortmund eine Ad-hoc-Meldung machen, weil man ja als börsenkotiertes Unternehmen eine so wichtige Meldung rausgeben muss. Wenn einer bei uns einen Gehirntumor hätte, würden wir einen Teufel tun, dies an die Öffentlichkeit zu tragen. Wir haben keine Sorgen, dass andere besser sein könnten als wir, die sollen ruhig an die Börse gehen und ihre 50 Prozent verkaufen.»

Hoeness über astrono­mische Spieler-Gehälter:
«Das ist teilweise alarmierend. Die Gehaltskurven zeigen extrem nach oben. Wir werden dieses Jahr wieder ein Rekord-Jahr machen, sowohl vom Umsatz auch vom Gewinn her, aber wenn das so weitergeht, werden andere Vereine, die nicht so strukturiert sind wie wir, Verluste machen. Du kannst natürlich sagen, bei uns darf niemand mehr als 5 Millionen verdienen, aber damit kannst du heute keine Champions League gewinnen, 5 Millionen verdient der Messi in einem Monat.»

Hoeness über den Plan einer Europa-Liga:
«Das wollen einige grosse Vereine, die Spanier speziell, auch ein paar Engländer, der FC Bayern hat sich gerade kürzlich mit grossem Theater in der Liga davon distanziert, denn eine Europa-Liga würde ja zwangsläufig dazu führen, dass die Bundesliga tot wäre. Wenn Bayern und Borussia Dortmund in dieser Europa-­Liga spielen würden, wäre die Bundesliga ja ein zweitklassiges Produkt. Und das wollen wir nicht. Ob das in 20, 30 Jahren auch noch so ist, weiss ich nicht. Aber solange wir da dazu was zu sagen haben, werden wir das verhindern.»

Hoeness über die zu Ende gehende Saison mit nur einem Titel:
«Ich habe gesagt: Ein Titel ist auf Dauer zu wenig. Grundsätzlich ist der Deutsche Meistertitel ein fantastischer Titel. Als ich noch gespielt habe und wir Deutscher Meister wurden, haben wir fünf Tage gefeiert, drei Tage waren wir besoffen. Heute wird der Titel zum Normalfall, jetzt haben wir den fünften in Folge. Und jeder tut so, als wenn das so selbstverständlich wäre. Natürlich hatten wir in diesem Jahr das Pech, dass wir im Viertelfinal gegen die momentan wahrscheinlich beste Mannschaft, gegen Real Madrid, gespielt haben. Wenn ich sie jetzt gegen Atletico gesehen habe, wenn ich Juve gegen Monaco gesehen habe, würde ich sagen, wir brauchen uns weder vor Real noch vor Juve verstecken. Ich glaube, Juve, Real und wir sind momentan die drei besten Mannschaften Europas. Und da wird sich auch so schnell nichts ändern.»

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