Galatasaray, Fenerbahçe und Besiktas beherrschen für gewöhnlich den türkischen Fussball. Seit 1956 liess sich das Istanbuler Trio bloss siebenmal den Titel entreissen. Trabzonspor setzte sich zwischen 1976 und 1984 sechsmal auf den Thron. Und Bursaspor schaffte 2010 die Sensation. Ex-FCB-Captain Ivan Ergic führte damals im Mittelfeld Regie.
Und nun das! Keiner der sonstigen Dominantoren steht an der Tabellenspitze – sondern der kleine Istanbuler Klub Basaksehir. Sechs Zähler Vorsprung auf den Zweiten Trabzon lassen die Fans vom ersten Meistertitel der Klubgeschichte träumen. Ihre Hoffnungen werden fast täglich genährt.
Soeben nahm der Klub Robinho unter Vertrag. Der Brasilianer mag 34-jährig sein – ein Star ist der Ex-Kicker von Real, ManCity, Milan und zuletzt Sivasspor noch immer.
Der Höhenflug von Basaksehir ist ohnehin nur auf den ersten Blick ein Wunder. Das Kader ist gespickt mit Stars: Ex-Barça-Ass Arda Turan (31), Ex-BVB-Profi Milos Jojic (26), der Holländer Eljero Elia (31) kicken für den Klub – ebenso der frühere Premier-League- und Real-Knipser Emanuel Adebayor (34). Der Captain heisst Emre Belözoglu (38) und gehört zu den schillerndsten türkischen Fussballern der letzten 15 Jahre.
Und zwei Namen stechen auch ins Auge: Kerim Frei, schweizerisch-türkische Doppelbürger, steht ebenso im Kader wie Ex-Nati-Captain Gökhan Inler (34). Beide gehören allerdings nicht zu den unbestrittenen Kräften. Inler spielte gar nur zweimal durch.
Kommt bald Mesut Özil?
Wie kann sich der Klub ein derart stolzes Kader leisten? Vater hinter den Erfolgen des Klubs ist Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Er liess 2014 ein neues Stadion für 17300 Fans hochziehen – durchschnittlich kommen allerdings nur 3300. Benannt ist die Arena nach Nationaltrainer Fatih Terim, einem Freund Erdogans.
Der Staatschef kickte in einem Promi-Spiel zur Eröffnung des Stadions mit. Sein Team siegte 9:4. Er traf dreimal – auch weil ihn die Gegner offensichtlich gewähren liessen. Die Nummer 12, die er trug, wird seither nicht mehr vergeben.
Der Klub hatte immer einen engen Draht zum Staat. 2014 ging er aus dem Verein der Stadtverwaltung hervor, dem Istanbul Büyüksehir Belediyespor. Gesponsert wird Basaksehir mehrheitlich von zumindest halbstaatlichen Unternehmen: Dem Bauunternehmen Marko Insaat wird eine Nähe zur Erdogan-Partei AKP nachgesagt. Die Turkish Airlines zahlen ebenso. Und als Rückensponsor fungiert die Stadt Istanbul selbst.
Insofern ist es nicht erstaunlich, dass der Klub einen nächsten grossen Namen ins Auge fasst: Mesut Özil (30). Klubchef Göksel Gümüsdag sagte zur «Bild»: «Mesut Özil ist ein sehr wertvoller Spieler. Ich hoffe, dass sich eines Tages unsere Wege bei Basaksehir kreuzen.» Vielleicht stösst er dann zum neuen türkischen Meister. (mis)