Der FC Basel hat Roger Federer. Und der FC Watford? Hat Sir Elton John. Den Rocket Man. Den Edelfan. Den Weltstar, der die Spieler in der Kabine besucht, sie motiviert, ihnen alles Gute wünscht. «Egal, wo er ist auf der Welt, er verfolgt jedes Spiel», sagt Almen Abdi und ist begeistert vom Musiker. «Auch wenn er ein Star ist, ist er trotzdem mit beiden Füssen auf dem Boden geblieben.»
Star? Auf dem Boden geblieben? Attribute, die auch für Abdi gelten. Während andere Fussballprofis luxuriöse Ferien in der Karibik buchen, verbringt der 28-Jährige seine freien Tage in der Heimat. Dort, wo alles begonnen hat. Auf dem Sportplatz Heerenschürli in Schwamendingen. Hier hat er als Kind zum ersten Mal gegen einen Ball getreten, wenige Meter nebenan ist er in Dübendorf ZH aufgewachsen.
Und nun, mit 28 Jahren, ist Abdi selbst zum Rocket Man geworden, geht ab wie eine Rakete, erobert England, ist definitiv reif für die Insel. Premier League. «Davon träumt jeder Fussballer», sagt Abdi. Für ihn die stärkste Liga der Welt. Weil? «Im Vergleich zu Deutschland und Spanien etliche Mannschaften Meister werden können. Nirgends hat es so viele Top-Klubs wie auf der Insel. Nirgends wird mehr Geld für die TV-Rechte bezahlt.» Und für Spielergehälter.
Aufsteiger Watford bekommt allein 170 Millionen Franken pro Saison, in der kommenden Spielzeit würde sich dieser Betrag gar verdoppeln. «Darum werden wir alles daran setzen, dass wir nicht absteigen», sagt Abdi.
Dass er in Watford bleiben wird, steht so gut wie fest. «Die Verhandlungen mit dem Klub sind weit fortgeschritten.» Noch hat er einen Vertrag bis Juni 2016, einer Verlängerung steht nicht mehr viel im Weg. Zwar wollte auch YB den Regisseur verpflichten, doch nach dem Aufstieg hat sich dieser Wunsch zur Utopie entwickelt. Wohl jeder würde die höchste englische Liga der Super League vorziehen.
«Ich freue mich auf die Herausforderung Premier League. Die Saison beginnt mit dem Auswärtsspiel in Everton und Ende Dezember spielen wir innerhalb kürzester Zeit gegen Liverpool, Tottenham und Chelsea.» Am meisten aber freut sich Abdi auf das Auswärtsspiel gegen Manchester United. «Old Trafford, der Wahnsinn!»
Doch ist der kleine FC Watford mit seinem Mini-Stadion (21 000 Fans) überhaupt bereit, die ganz Grossen des Weltfussballs zu fordern? Mit Sebastian Prödl (28, Werder Bremen) haben die Hornets einen Abwehrchef verpflichtet, weitere Neue sollen kommen. Vorallem im Sturm hat Watford noch Bedarf.
Auf der Position von Almen Abdi hingegen sucht der FC Watford zurzeit keinen Ersatz, zu gross ist der Stellenwert des Zürchers im Norden Londons. Mit neun Toren und fünf Assists hat er massgeblichen Anteil am Aufstieg. Auch in der Premier League rechnen sie fest mit dem offensiven Mittelfeldspieler, der am liebsten hinter den Spitzen agiert.
«Als klassischer Zehner in einem 4-4-2-System mit Rhombus», sagt Abdi. «Aber auch in einem 4-3-3-System fühle ich mich wohl.» Das Spielsystem sei aber sowieso zweitrangig. «Wichtig ist, dass ich mich in der Premier League durchsetzen kann.»
Denn dann würde Nationaltrainer Vladimir Petkovic kaum mehr am 28-Jährigen vorbeikommen. Seit sechs Jahren wartet er auf ein Aufgebot, seit seinem Debüt im August 2008 (beim 4:1-Sieg gegen Zypern) hat er gerade einmal sechs Einsätze für die Nati absolviert. Statt mit seinen ehemaligen FCZ-Kollegen Gökhan Inler, Blerim Dzemaili und Steve Von Bergen auf dem Rasen zu stehen, macht er das, was Elton John als Watford-Fan tut: Er schaut der Nati vor dem TV zu. Und zwar bei jedem Spiel. Die Frage ist: Wie lange noch?