Achtung: Traditionalisten könnten beim Lesen dieser Steilpass-Ausgabe eine harte Zeit haben. Denn der Fussball steht womöglich vor einer grossen Regel-Revolution. Wie die Regelhüter des International Football Association Board (IFAB) am Mittwoch nämlich mitteilen, wolle man schon bald Zeitstrafen im Profifussball testen.
Die Zeitstrafen sollen bei vorsätzlichen oder besonders unsportlichen Fouls zum Einsatz kommen und einen Spieler für eine bestimmte Anzahl von Minuten ausser Gefecht setzen. So will man beispielsweise dem ewigen Reklamieren beim Schiedsrichter ein Ende setzen. Die Zeitstrafen wurden bereits in unteren englischen Amateurligen getestet und haben Wirkung gezeigt. Sollte die neue Regel dann bei der nächsten IFAB-Jahrestagung im März 2024 angenommen werden, könnte sie bereits ab der kommenden Saison getestet werden.
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Fussballer also wie beim Eishockey oder beim Handball auf die Strafbank setzen? Bisher undenkbar. Wie genau das Projekt dann aussehen würde, ist derzeit noch nicht klar. Momentan würden Protokolle und ein System für die Erprobung entwickelt werden, heisst es von Seiten der Regelhüter. «Wir müssen dafür etwas entwickeln, das funktioniert und des Spitzenfussballs würdig ist», ist für Pierluigi Collina (63), den Schiri-Chef der Fifa, klar.
Feingefühl bei der Auslegung!
Ich finde den Gedanken dahinter gut. Doch man muss aufpassen, dass man dabei das richtige System auswählt und nicht übers Ziel hinausschiesst. So finde ich, dass Zeitstrafen nur bei Unsportlichkeiten wie beispielsweise übertriebenem Reklamieren zum Einsatz kommen sollten. Zudem sehe ich eine grosse Chance bei der Schwalben-Problematik. Man stelle sich vor, jede Schwalbe wird mit einer bestimmten Zeitstrafe geahndet. Dann will ich sehen, wie viele Spieler sich noch bei jeder Gelegenheit theatralisch fallen lassen und am Boden herumwälzen.
Bei der falschen Umsetzung könnten dagegen gelbe und rote Karten an Wert verlieren. Denn bei «herkömmlichen» Fouls während des Spiels sollte man meiner Meinung nach bei den ursprünglichen Regeln und beim Kartensystem bleiben. So auch bei Tätlichkeiten oder Beleidigungen. Feingefühl bei der Auslegung ist gefragt!
Diskutiert bald nur noch der Captain?
Die Zeitstrafen sind nicht die einzigen Regeländerungen, die zur Diskussion stehen. Ein weiterer Vorschlag, den ich sehr gut finde: Bald soll sich nur noch der Kapitän eines jeweiligen Teams beim Schiedsrichter beschweren dürfen. So will man das Problem mit den ewigen Spielerknäueln rund um die Unparteiischen bekämpfen. Ein Problem, das den klassischen Fussballfan stets auf die Palme bringt. Ausserdem würde so die Rolle des Captains, die nach meinem Gefühl im modernen Fussball etwas an Bedeutung verloren hat, wieder wichtiger werden und wäre mit einer grösseren Verantwortung verbunden. Vielleicht würde dann auch der eine oder andere Klub seine Captain-Wahl nochmals überdenken. Schliesslich sollte nicht gerade der grösste Hitzkopf den Draht zwischen Schiri und Spieler bilden.
Ein weiterer Punkt, den die Regelhüter bekämpfen wollen, ist das Zeitspiel. Die «Unterbrechungen des Spieltempos» sollen verringert werden. Klar, der Fussball muss schliesslich an den Wandel der Zeit angepasst werden und der Geduldsfaden meiner Generation Z wird ja bekanntlich immer kürzer. So schauen viele meiner Gleichaltrigen gar keine ganzen Spiele mehr, sondern nur noch die Highlight-Clips auf Youtube. Geht ja viel schneller und unkomplizierter. Doch ich schweife ab. Nachdem also bereits die Nachspielzeit revolutioniert wurde, soll nun auch beim Umgang mit Verletzungen, der Verzögerung des Wiederanpfiffs und, jetzt müssen alle Torhüter stark sein, der Sechs-Sekunden-Regel für Keeper genauer hingeschaut werden. Weniger Zeitspiel, mehr Fussball. Tönt gut.
Nein zu Nettospielzeit
Welche potenzielle Regeländerung ich aber überhaupt nicht befürworte, ist die Einführung von Nettospielzeit. Heisst: Ein Spiel dauert 60 Minuten, und bei jeder Unterbrechung würde die Uhr angehalten werden. Nach dem Ablauf der 60 Minuten ist die Partie zu Ende. Dafür bin dann auch ich einfach ein zu grosser Traditionalist. Zudem würde so auch viel Dramatik verloren gehen, etliche Spiele werden schliesslich erst in der Nachspielzeit entschieden. Nettospielzeiten sind zudem ja bei Sportarten wie Eishockey, Basketball oder Football schon genug zu sehen, da muss der Fussball nicht mitziehen. Dies schienen auch die Regelhüter so zu sehen: Bei der diesjährigen Jahrestagung wurde Nettospielzeit (vorerst) abgelehnt.
Dass der Fussball sich aber stets im Wandel befindet und sich auch in Zukunft immer mehr verändern wird, müssen auch die alteingesessen Fans akzeptieren. Ob sie wollen oder nicht.