Schweizer Trainer mit Nürnberg auf Bundesliga-Kurs
Weiler rasiert die Stars – und hat Erfolg!

Er rasiert satte Stars und setzt auf hungrige No-Names: Ex-Aarau-Coach René Weiler ist mit Nürnberg auf Bundesliga-Kurs. Dabei wäre er auch in Winterthur glücklich.
Publiziert: 17.12.2015 um 10:07 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 16:42 Uhr
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René Weiler hat sich in Nürnberg bestens eingelebt.
Foto: Toto Marti
Von Stefan Kreis (Text) und Toto Marti (Fotos)

Der Blick ist finster, die Stimme tief. Der Mann meint es ernst. «Ein Sieg muss her», grummelt ein rüstiger Renter in Richtung René Weiler. «Wir geben unser Bestes», antwortet der Nürnburg-Trainer. Weiler lächelt, bestellt sich einen Punsch, spricht über die Erwartungshaltung der Fans.

«Riesig» sei sie. «Hier wird Fussball gelebt.» Als der 115-jährige Traditionsverein im Sommer 2014 zum achten Mal in der Vereinsgeschichte in die zweite Liga muss, spricht das ganze Umfeld vom sofortigen Wiederaufstieg. Stattdessen rutschen die Nürnberger in den Tabellenkeller, Coach Valérien Ismaël wird entlassen, Weiler zum Nachfolger ernannt.

Seither geht es aufwärts. Der Winterthurer kann den Abstieg verhindern, beendet die letzte Saison auf dem 9. Platz. Und nun schnuppert der «Club» wieder an den Aufstiegsplätzen, liegt punktgleich mit St. Pauli auf Platz 3, der zur Barrage berechtigt.

Seit neun Spielen sind die Nürnberger ungeschlagen, zuletzt gewann die Weiler-Elf in der Liga viermal in Folge. In Euphorie bricht der 42-Jährige trotz Höhenflug aber nicht aus. Ganz im Gegenteil. Der Coach steigt mit beiden Füssen aufs Bremspedal. «Wir wissen, woher wir kommen, und haben eine junge Mannschaft.»

Erfahrene Spieler wie Jan Polak (34), Robert Koch (29) und Jakub Silvestr (26) spielen nur noch eine Nebenrolle, Top-Verdiener Timo Gebhart (26) wurde zu Beginn der Saison von Weiler rasiert – und hat in Nürnberg keine Zukunft.

Über die Gründe möchte der Trainer nicht sprechen, nur so viel: «Das Wichtigste im Fussball ist die richtige Personalauswahl. Dazu gehört eben nicht nur die fussballerische Qualität Klasse, sondern auch der jeweilige Charakter. Wie fährt einer Auto? Wie grüsst einer? Das spielt alles eine Rolle.» Statt auf satte Stars setzt Weiler auf hungrige No-Names – und hat Erfolg.

Erinnerungen an seine Zeit beim FC Aarau werden wach. Im Frühling 2011 übernimmt er die Rüebliländer auf dem zweitletzten Platz der Challenge League. Als er den FCA dreieinhalb Jahre später verlässt, stehen ein Aufstieg und eine solide Super-League-Saison zu Buche.

Das erste Jahr nach Weiler endet im Fiasko, Aarau steigt sang- und klanglos ab. Mittlerweile ist der Klub Letzter der Challenge League. Und Marco Schällibaum ist bereits der vierte Trainer, der sich nach Weiler versucht. «Es ist schade, was in Aarau passiert», sagt Weiler, aber irgendwie scheint er es damals geahnt zu haben. Nicht ohne Grund verlässt Weiler den Klub, obwohl er noch einen gültigen Vertrag besitzt.

Mit der Kündigung verzichtet der Vater zweier Söhne auf viel Geld, steht vor einer ungewissen Zukunft. Hatte er nie Existenzängste? «Nein, so bin ich nicht. Zweifel ja, Ängste nie. Man muss auch Vertrauen haben und überzeugt sein, dass das Richtige kommen wird.» Diese Haltung werde ihm oft als Arroganz ausgelegt, sagt Weiler, dabei sei er ganz und gar nicht so.

Im Gegenteil: «Viele Leute wissen ja nicht, wer und wie ich bin. Sie glaubten, ich hätte mich verspekuliert, als ich in Aarau aufhörte. Dabei bin ich gar nicht karrieregeil, hätte mir im Sommer vor einem Jahr beispielsweise auch vorstellen können, den FC Winterthur zu übernehmen.»

Winterthur sei sein Stammklub, seine Heimatstadt. Er brauche keinen Top-Klub, um Spass am Fussball zu haben. «Hauptsache, das Umfeld stimmt, und es wird zielführend und seriös gearbeitet.»

So wie beim 1. FC Nürnberg? Da sei man auf bestem Wege dazu. Und das, obwohl der «Club» turbulente Monate hinter sich hat. Sportdirektor Martin Bader musste zu Beginn der Saison den Hut nehmen, weil er nach einer 3:6-Pleite in Freiburg den Mannschaftsbus um Mitternacht auf einer Autobahnrastätte anhalten liess, um mit Hardcore-Ultras zu diskutieren. «Das ist Nürnberg, die Fans leben für diesen Verein», sagt Weiler.

Das wurde auch gestern wieder deutlich, als 35'204 Fans ins Stadion pilgerten und 0:2-Niederlage im DFB-Pokal gegen Hertha Berlin miterlebten. Darunter auch der rüstige Rentner. Er dürfte sich damit trösten, dass sein Club auf Bundesliga-Kurs ist. 

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Hamburger SV
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