Auf einen Blick
Seit wenigen Tagen ist Winterpause. Nein, nicht im Fussball, sondern im Fliegenfischen. Denn da geht die Saison vom Frühjahr bis zum Herbst. Spätestens im November werden die Tage so kurz, dass die Sonne nur noch selten die versteckten idyllischen Plätze an Flüssen und Bächen erreicht, die Angler für diese spezielle Variante ihres Hobbys bevorzugen.
Gut möglich also, dass Urs Fischer (58), der ein begeisterter Fliegenfischer ist, dieser Tage ins Grübeln kommt. Ohne das Hobby hat er ja Zeit, darüber nachzudenken, ob er sich wieder mal seiner anderen Leidenschaft – dem Fussball – zuwenden sollte. Diese Woche ist es schon ein Jahr her, dass sich der Zürcher und seine langjährige Liebe Union Berlin schweren Herzens getrennt haben. Und selten hat sich ein Trainer nach einer Entlassung so lange aus dem Geschäft herausgehalten, wie Fischer.
Auf das erste Interview nach dem jähen Ende des Fussball-Märchens, das er mit den Köpenickern zwischen 2018 und 2023 geschrieben hat, warten wir immer noch. Doch statt das Trauma des plötzlichen Abstiegskampfs nach Jahren des steilen Aufstiegs aus der Zweiten Bundesliga in die Champions League medial zu sezieren oder sich mit wohlplatzierten öffentlichen Auftritten im Gespräch zu halten und für den nächsten Job in Stellung zu bringen, wählte Fischer die Stille.
Die raren Worte von Urs Fischer
Nur einmal war von ihm etwas zu lesen – bezeichnenderweise gut versteckt im Stadionmagazin des SC Freiburg. Der Anlass war eine Würdigung von Kollege Christian Streich, als dieser am Ende der vergangenen Saison die Trainerjacke bei den Breisgauern an den Nagel hängte. Die beiden verbindet vor allem ihre Bodenständigkeit und Authentizität, was auch Fischer in dem Gespräch hervorhob: «Am Ende geht es darum, in den Spiegel schauen und sagen zu können: Ich bin ich selbst geblieben.»
Das Fussball-Business lehrt uns ja regelmässig, dass das längst nicht bei allen Klubs dauerhaft und erfolgreich funktioniert. Nur wenige scheinbar unbeugsame Typen bleiben sich selbst treu, wenn irgendwo Ruhm, Geld oder sonst was lockt. Wie schnell der Kultstatus verblassen kann, zeigte sich zuletzt bei Jürgen Klopp, dem wohl kaum jemand den Karriereschritt ins Red-Bull-Imperium zugetraut hätte – am wenigsten die Fans von Mainz, Dortmund und Liverpool.
Fischer wägt seine nächste Station genau ab
Auch Fischer mangelte es in den letzten Monaten sicher nicht an Angeboten. Umso mehr hat man das Gefühl, dass er genau abwägt, welche Trainerstation nach Zürich, Thun, Basel und Berlin seine nächste werden soll. Dafür ist natürlich Geduld gefragt, aber die lernt man ja beim Fliegenfischen. Und bis die Angel-Saison wieder losgeht, ist noch ein paar Monate Zeit.