Spontan lupft er sie in die Höhe. Hält sie so, als ob er sie über die Schwelle tragen wollte. Die beiden schauen sich an und lachen herzhaft. Vom Heiraten sind die zwei Frischverliebten aber noch weit entfernt. «Wir sind erst fünf Monate zusammen», sagt Dimitri Oberlin und strahlt übers ganze Gesicht.
Kennengelernt hat er seine Marlene im Stadion von Salzburg, wo sie neben dem Studium als Red-Bull-Botschafterin Geld verdiente. «Es war Liebe auf den ersten Blick», sagt die hübsche 24-jährige Österreicherin und schwärmt von ihrem Dimi. «Er ist liebenswürdig, ehrlich und ehrgeizig in allen Bereichen. Macht er so weiter, wird er alle seine Ziele erreichen.»
Immer wenn es geht, besucht sie ihren 18-jährigen Schatz in Altach, gleich an der Schweizer Grenze. Sie wohnt noch in Salzburg und arbeitet mittlerweile als freischaffende Fussball-Journalistin für die «Kronen-Zeitung». Über ihren Freund darf sie nicht schreiben. Marlene kümmert sich um die unteren Ligen, «ums Unterhaus» wie sie sagt.
6 Tore in 6 Spielen
Und Oberlin ist der Mann der Stunde im Oberhaus, in der österreichischen Bundesliga. Der Leihspieler von Salzburg trifft für Altach fast nach Belieben. Sechs Tore in sechs Spielen. Dazu ein Assist der Marke Weltklasse. Der schnelle und trickreiche Stürmer schiesst Altach quasi im Alleingang an die Spitze. «Hier kann ich voll und ganz auf den Fussball fokussieren. Das war genau das, was ich gebraucht habe», sagt Oberlin.
Etwas, das ihm zuletzt in Salzburg nicht gelingen wollte. Nachdem er zum 2. Mal in die zweite Mannschaft abgeschoben wird, gehts bergab. «Ich war ein wenig enttäuscht, hinzu kamen familiäre Probleme. Da habe ich den Fokus verloren und bin mit Kollegen in Salzburg oft in den Ausgang gegangen ...»
Diese Zeiten sind vorbei. Oberlin ist verliebt. Und Oberlin lebt in Altach, gut 6500 Einwohner zählt das Nest. Es gibt einen «Hirschen» und eine «Sonne», dazu zwei Cafés. Mehr nicht. Wird einem 19-jährigen, der seine ersten Jahre in der 1,8-Mio.-Metropole Yaoundé (Kamerun) verbracht hat und später in Zürich und Salzburg wohnt, da nicht langweilig? «Nicht unbedingt. Es scheint, als wäre diese Ruhe genau das, was ich gebraucht habe», sagt Oberlin und schmunzelt. Der Stürmer verbreitet gute Laune, er lacht viel. Sei es im Gespräch oder im Umgang mit Marlene.
«Ich wäre glücklich, wenn Petkovic anruft»
Zürich ist im Moment weit weg. Zürich und der FCZ, den er im Sommer 2015 Hals über Kopf verlassen musste, obwohl ihm alle davon abrieten. Der Klub, der Verband und auch sein Freund, Nati-Star Breel Embolo. Er habe weg müssen, weil er keine Perspektiven mehr gesehen habe, sagt Oberlin. Weil ihn Trainer Urs Meier Woche für Woche vertröstet habe. Weil er jedes Wochenende in die U21 abgeschoben wurde. Bis auf zwei Minuten gegen Aarau bekommt er in den zwei Jahren als Mitglied der 1. Mannschaft keine Einsätze.
Gavranovic, Etoundi, Sadiku, Chikhaoui und Chermiti stehen dem Juwel vor der Sonne. «Es war eine schwierige Zeit. Ich hatte das Gefühl, dass der Trainer mich nicht mag, also was sollte ich anderes machen?» Oberlin flieht nach Österreich. Und da ist er nun so richtig durchgestartet.
Mit Verspätung und mit 6 Toren. Bei unserem Nachbarn führt er die Torjägerliste an. Altach freuts. Marlene auch. Und vielleicht bald Nati-Coach Vladimir Petkovic? Oberlin: «Wenn mich Herr Petkovic anrufen würde, wäre ich glücklich.»
Im Moment spielt Oberlin noch für die Schweizer U21. Doch Kamerun kämpft um die Dienste des Doppelbürgers.