Drei Spiele, kein einziger Sieg. So lautet die magere Bilanz von Jogi Löw (60) und seiner deutschen Nationalmannschaft im Länderspieljahr 2020. Dreimal verspielte sein Team die Führung. Erst gegen Spanien (1:1), dann gegen die Schweiz (1:1) und zuletzt auch gegen die Türken (3:3), gegen die man gleich dreimal den Ausgleich hinnehmen musste.
Man ist noch nicht einmal im EM-Jahr angekommen, schon gehen in unserem Nachbarland die Jogi-Diskussionen los. Sky-Experte Lothar Matthäus kritisiert Löws Defensiv-Wechsel. Auch die Personalentscheidungen bei der Kader-Nominierung geraten ins Visier der Nörgler.
Löw lässt das offensichtlich völlig kalt, seine Frisur sitzt auch im Gegenwind perfekt. Die Kritik beeinflusse ihn nicht, versichert er denn auch glaubhaft. «Ich habe die letzten zwei Tage nichts gelesen, weil es mir völlig egal ist, wer was sagt. Die Dinge, die ich mache, mache ich aus grösster Überzeugung», sagt der 60-Jährige in der Pressekonferenz vor dem Ukraine Spiel (Samstag 20.45 Uhr, live ARD).
Wie es in ihm drin aussieht, ist Löw nicht anzusehen. Klar ist aber: Der Trainer mit Schweizer Vergangenheit steht in den nächsten Partien gegen die Ukraine und gegen die Schweiz (Dienstag, 20.45 Uhr) unter Siegzwang.
Jogis Baustellen
Besonders ein Punkt, beziehungsweise ein bestimmter Spieler, wird immer wieder zum umstrittenen Thema. Thomas Müller. Der Bayern-Star spielte 19/20 womöglich die beste Saison seiner Karriere. Wettbewerbsübergreifend war Müller 14 Mal erfolgreich, 26 weitere Tore legte er auf.
Der Weltmeister von 2014 befindet sich in einer überragenden Form. Dennoch spielt er im Team von Jogi Löw keine Rolle. Er wurde aussortiert, weil Löw nach dem historisch trüben WM-Sommer 2018 mit dem Vorrunden-Knockout in Russland einen Generationswechsel vornehmen wollte. Sprich: Mehr Verantwortung den jungen Spielern schenken, damit diese sich möglichst schnell integrieren. Bis jetzt ist dieses Projekt gescheitert.
Ein weiterer Punkt, den man Löw um die Ohren schlägt, sind die Klub-Reservisten in seinem Kader. BVB-Spieler Dahoud, Schulz und Brandt, PSG-Flügel Draxler oder Chelsea-Verteidiger Rüdiger: Sie alle sitzen bei ihren Klubs meist auf der Bank. In der Nationalmannschaft aber dürfen sie eine wichtige Rolle spielen.
Ein Konzept, das Sky-Experte Lothar Matthäus (59) auf die Palme bringt. «Ich wundere mich, wenn ich sehe, dass da viele Spieler wie Nico Schulz für Deutschland auflaufen, die in ihren Vereinen auf der Bank sitzen», stänkert der Weltmeister von 1990 und folgert: «Genau deshalb schaltet für Deutschland keiner mehr den Fernseher ein.»
2014 war Deutschland noch Weltmeister und schrieb unter anderem mit dem legendären 7:1 gegen Brasilien Fussball-Geschichte. Doch diese heroischen Zeiten sind nun schon ein paar Jährchen her. In der Fifa-Weltrangliste stehen die Deutschen inzwischen nur noch auf Platz 14 (1602 Punkte) – und damit nur zwei Pünktchen vor der Schweiz (1600 Punkte).
Ob die Schweizer Nati den grossen Nachbarn bald verdrängt? Für Jogi Löw wäre das keine gute Nachricht.