Expertin ist sich sicher:
Frauen spielen auch in Zukunft fairer als Männer

Alle sind sich einig: Im Frauenfussball herrscht mehr Respekt vor der Gegnerin als bei den Männern vor dem Gegner. Wieso eigentlich? Ein Trainer und eine Trainerin aus der AXA Women's Super League über die Unterschiede im Fussball.
Publiziert: 27.10.2022 um 00:12 Uhr
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Aktualisiert: 27.10.2022 um 07:19 Uhr
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Voller Einsatz im Final des Axa Women's Cup zwischen GC und FCZ diesen Frühling.
Foto: Benjamin Soland

Heute simulieren Frauen beim Fussball seltener als Männer. Tun sie dies jedoch in Zukunft öfter? Weil sich der Frauenfussball bei seiner langsamen Kommerzialisierung dem Männerfussball anpasst? Diese Fragen stehen bei den Interviews mit einer Cheftrainerin und einem Cheftrainer der AXA Women's Super League im Raum. Beide, Eric Sévérac (Servette Chênois) und Imke Wübbenhorst (YB), haben bereits Männer trainiert und können die Geschlechter vergleichen. Denn: Über die Gegenwart sind sich alle einig. Wenn eine Fussballerin länger auf dem Platz liegt, dann ist sie verletzt. Sie simuliert nicht.

Eric Sévérac (51) hat in seiner Karriere als Coach mehr Männer als Frauen trainiert. Er war unter anderem Ausbildungschef von Meyrin und Chefcoach des traditionsreichen Genfer Vorortsvereins Etoile Carouge, damals in der 1. Liga Promotion. Seit 2017 zeichnet er für die Erfolge der Frauen von Servette Chênois verantwortlich, führte sie in der Vorsaison in die Champions League. Die Titelverteidigung in der AXA Women's Super League verpasste sein Team erst im knappen Penaltyschiessen gegen den FC Zürich. «Ich glaube schon, dass das Reklamieren und Simulieren zunehmen wird», sagt er.

«Der Frauenfussball gewinnt an Wichtigkeit und an Zuschauerinnen und Zuschauern.» Damit stiegen der Druck und die Verlockung, auch mal zu unfaireren Mitteln zu greifen.

Servette-Trainer Eric Sévérac.
Foto: C. Di Caprio / Servette FC

Über Druck spricht auch Imke Wübbenhorst (33), seit dieser Saison Trainerin der YB-Frauen. Zuvor hatte sie unter anderem den BV Cloppenburg und die Sportfreunde Lotte in den fünft- und vierthöchsten Männerligen Deutschlands gecoacht. In die vierte Liga schaffte es abgesehen von ihr sonst nur Inka Grings, aktuell beim FCZ, als Trainerin. Wübbenhorst hat bei Red Bull Leipzig hospitiert, damals noch unter Julian Nagelsmann.

Simulieren statt Pfiffe kassieren

Wübbenhorst sieht den Druck aber weiterhin im Fussball der Männer. «Das ist doch der Grund, warum Fussballer gerne mal simulieren.» Vielleicht verliert man einen Zweikampf unglücklich. Statt von Zehntausenden Zuschauern ausgepfiffen zu werden, lege man sich hin und täusche ein Foul vor.

Über die Zukunft des Simulierens im Frauenfussball ist sie dezidiert anderer Meinung als Kollege Sévérac. «Allen, die bei den Frauen involviert sind, ist doch klar, dass dies eines der wichtigsten Merkmale ist: die Fairness.» Deshalb werde dieses Verhalten eher noch gefördert. Heisst: Frauen simulieren in Zukunft noch seltener. Oder überspitzt formuliert: Die sprichwörtliche Fairness der Fussballerinnen ist auch ein Marketingelement, das es zu pflegen gilt.

Imke Wübbenhorst im Wankdorfstadion.
Foto: Sven Thomann

Übrigens: Dass der Frauenfussball fairer als der Männerfussball ist, scheint nicht bloss ein Gerücht (oder eben: Marketing) zu sein. Der Schweizerische Fussballverband SFV verfügt über eine umfassende Datenbank, in der unter anderem der Fairplay-Quotient (Anzahl Strafpunkte pro Spiel) nach Ligen aufgeschlüsselt wird. In einem Spiel der AXA Women's Super League werden normalerweise drei (oder genauer: 2,75) Strafpunkte verteilt. In einem Match der Super League der Männer sind es acht (bzw. 8,30) Strafpunkte. Solche Punkte sammelt man in erster Linie mit Gelben und Roten Karten, wobei es bei Platzverweisen nach dem Grad der Unsportlichkeit mehr oder weniger Zähler gibt: Drohungen, Tätlichkeiten oder Bespucken eines Gegners werden stärker sanktioniert als eine ungefährliche, taktische Notbremse.

Warum gibt es überhaupt diese Verhaltensunterschiede zwischen Männern und Frauen auf dem Fussballplatz? Trainerin und Trainer beobachten die Ansätze bereits an den spielfreien Tagen.

Frauen sind intrinsisch motiviert

«Die Frauen beschweren sich schon im Training viel seltener als die Männer», sagt Wübbenhorst. Sie erklärt es sich dadurch, dass die Fussballerinnen eher intrinsisch motiviert seien als die Männer. Was sie damit meint: Sie haben andere Motive, um auf diesem Niveau Fussball zu spielen. Sie wissen, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nie ausschliesslich vom Sport werden leben können. Ihr Hauptmotor ist der Spass am Spiel – und jederzeit das Beste geben zu können. Der Antrieb kommt von innen heraus. «Bei den Männern geht es viel schneller um Geld und Prestige», erklärt Wübbenhorst. Um die grosse Karriere.

Sévérac erinnert sich an seine ersten Trainings mit dem Genfer Frauenteam vor über fünf Jahren: «Diese Passion war unglaublich, das habe ich von Anfang an bemerkt.» Er sieht im Training aber auch: «Ich muss bei den Frauen mehr erklären. Der Hauptgrund: Immer noch beginnen Frauen später mit Fussball als Männer, sie erleben nicht die gleiche Nachwuchsförderung. Also bestehen gewisse Defizite bei der taktischen Grundschulung.» Manchmal müsse man den Frauen auf dem Platz regelrecht zeigen, wie sie in der Deckung stehen sollten. Bei Männern reiche eine kurze Bemerkung. Sévérac ist zuversichtlich, dass sich das mit der Zeit ändern könnte. Schliesslich wird Frauenfussball immer mehr auch Breitensport: Dieses Jahr sind erstmals mehr als zehn Prozent der Lizenzierten beim Schweizerischen Fussballverband weiblich.

Mehr erklären muss auch Imke Wübbenhorst bei YB. Sie findet einen anderen Grund dafür: «Die Frauen wollen mehr wissen, sie fordern zum Beispiel aktiv Videostudium ein.» Männer müsse man dazu manchmal überreden.

Deshalb unterstützt die AXA den Frauenfussball

Seit August 2020 gibt es die AXA Women's Super League. Die AXA ist damit Sponsorin der höchsten Frauenfussball-Liga der Schweiz. Das Markenversprechen «Know You Can» gilt auch für dieses Sport-Engagement – die Spielerinnen der AXA Women's Super League sollen bei der Erreichung ihrer Ziele und Träume unterstützt werden. Mit dem Ziel, dass der Frauenfussball die Anerkennung erhält, die er verdient.

Seit August 2020 gibt es die AXA Women's Super League. Die AXA ist damit Sponsorin der höchsten Frauenfussball-Liga der Schweiz. Das Markenversprechen «Know You Can» gilt auch für dieses Sport-Engagement – die Spielerinnen der AXA Women's Super League sollen bei der Erreichung ihrer Ziele und Träume unterstützt werden. Mit dem Ziel, dass der Frauenfussball die Anerkennung erhält, die er verdient.

Einen grossen Unterschied zwischen dem Fussball der Männer und der Frauen machen beide Coaches bei der Verletzungsanfälligkeit aus. Zahlreiche Studien haben bereits belegt, dass Frauen ein grösseres Risiko auf schwere Knieverletzungen haben. Wübbenhorst, einst selbst Bundesliga-Spielerin: «Ich kenne viel mehr Frauen, die einen Kreuzbandriss – oder mehrere – erlitten als Männer.»

Den Grund kann Wübbenhorst als ausgebildete Biologie-Lehrerin bestens erklären. Die Beckenstellung führt dazu, dass Frauen stärker die Tendenz zu X-Beinen als Männer haben. Dazu sind die Bänder der Frau in gewissen Phasen des Zyklus geschwächt. Für viele Laien sind dies wenig bekannte Erkenntnisse, für die Spielerinnen aber nicht: «Fussballerinnen wissen um dieses Risiko, sie legen mehr Wert auf Aufwärmübungen als Männer.»

Auch Eric Sévérac weiss um dieses Risiko und sagt nicht ganz ohne Stolz: «Ich habe als Frauentrainer in meinem Team erst eine einzige schwere Knieverletzung erlebt.» Und dies bei einem heftigen Zusammenprall passiert und nicht aufgrund einer Überdehnung bei einer falschen Bewegung. Der Staff und das medizinische Personal wüssten um diese Umstände, das individuelle Training werden entsprechend gesteuert.

Das Beispiel der Knieverletzungen zeigt: Ganz gleich wird der Fussball der Frauen und der Männer nie sein. Die Verletzungsanfälligkeit ist unterschiedlich. Männer werden auf absehbare Zeit auch weiterhin schneller sprinten können. Ob in einigen Jahrzehnten aber Frauen gleich oft simulieren und reklamieren wie Männer? Ob Eric Sévérac oder Imke Wübbenhorst bei dieser Frage recht behält? Die Antwort bleibt noch offen.

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Axa Women’s Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Servette FC Chenois
Servette FC Chenois
13
21
30
2
FC Basel
FC Basel
12
21
28
3
FC Zürich
FC Zürich
13
10
26
4
BSC Young Boys
BSC Young Boys
13
17
24
5
FC St. Gallen 1879
FC St. Gallen 1879
12
16
23
6
Grasshopper Zürich
Grasshopper Zürich
12
5
18
7
FC Aarau
FC Aarau
12
-9
14
8
FC Luzern
FC Luzern
12
-14
8
9
FC Rapperswil-Jona
FC Rapperswil-Jona
13
-32
4
10
Frauenteam Thun Berner Oberland
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12
-35
2
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