Es ist ein kurioser Deal, den Real Madrid und Arsenal 2013 geschlossen haben: Arsenal zahlt für den Transfer des deutschen Mittelfeldregisseurs Mesut Özil 44 Millionen Euro Ablöse. Ausserdem wird in den nächsten sechs Jahren jeweils eine Million Euro fällig, vorausgesetzt, die Londoner erreichen die Gruppenphase der Champions League. Bis 2019 können die Madrilenen also mit Einnahmen aus dem Özil-Deal rechnen. Insgesamt dürften so 50 Millionen Euro in die spanische Hauptstadt fliessen.
Mehr noch: Arsenal muss Real darüber informieren, wenn der Klub Özil an einen anderen spanischen Verein verkaufen will. Die Königlichen haben daraufhin die Möglichkeit, mit dem Angebot gleichzuziehen.
Doch damit immer noch nicht genug: Sollte Arsenal Özil für mehr als 50 Millionen an einen spanischen Klub verkaufen, streicht Real 33 Prozent der Transfersumme ein. Ein ziemlich gutes Geschäft für den spanischen Hauptstadt-Klub.
Bekannt geworden ist die Vereinbarung dank einer Gruppe von «besorgten Fans», wie sich die Macher der Website «Football Leaks» bezeichnen. Wer sich hinter der portugiesischen Plattform genau verbirgt, ist unklar. Der «New York Times» sagt ein Sprecher der Gruppierung, man kämpfe für den sauberen Sport. «Fussball ist der beliebteste Sport der Welt, aber auch der undurchsichtigste. Die Praxis der Geheimhaltung von Vertragsinhalten und Geheimklauseln tötet diesen Sport.»
Sicher ist: Mittlerweile mischt die Gruppierung, die eigentlich zweifelhafte Geschäftspraktiken im portugiesischen Fussball unter die Lupe nehmen wollte, den europäischen Fussball mächtig auf. Seit letzten Herbst wurden auf der Plattform über 80 offenbar echte Verträge aus der Fussballwelt veröffentlicht.
Die Details von Gareth Bales 100-Mio.-Euro-Rekord-Transfer von Tottenham zu Real Madrid sind etwa darunter oder eine Vereinbarung von Barça-Star Neymar mit dem Softwarehersteller Konami («Pro Evolution Soccer») – aber auch Verträge des holländischen Vereins Twente Enschede mit der maltesischen Investorengruppe Doyen.
Und die haben es in sich. Die Dokumente zeigen, dass der Verein dem Investor auch dann Geld hätte zurückzahlen müssen, wenn die Spieler, an denen sich Doyen beteiligt hatte, nicht verkauft worden wären. Sprich: Der Vertrag setzte die Twente-Verantwortlichen unter Druck, Spieler wie unter anderem Dusan Tadic (mittlerweile Southampton) zu verkaufen. Und so womöglich gegen die Interessen des Klubs zu handeln.
Eine Praxis, die hinter dem Rücken des holländischen Verbandes vereinbart wurde – und die nicht mehr erlaubt ist: Seit letztem Frühjahr ist diese «Third Party Ownership» (TPO), wie die Miteigentümerschaft von Investoren an Transferrechten heisst, von der Fifa verboten. Nach den «Football Leaks»-Enthüllungen wurde Twente für drei Jahre von allen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen, der Klubpräsident trat zurück.
Wie die Macher an die Vertragsdaten kommen, ist bislang nicht geklärt. «Von einer internationalen kriminellen Vereinigung» spricht die portugiesische Polizei. Man sei Opfer einer «Cyberattacke», klagt ein Doyen-Sprecher. «Das ist ein Fall für die Polizei.»
Das stoppt «Football Leaks» offensichtlich nicht. Man habe rund 300 Gigabyte ungesichtetes Material und bekomme laufend mehr, sagen die Macher.
Weniger zimperlich ist Mark Goddard, Geschäftsführer des Fifa-Transfer-Matching-Systems. «Für uns sind alle Arten von Informationen nützlich. Diese auch», sagt er laut der Agentur AP. Aber gleichzeitig sei klar: «Die Typen sind Abtrünnige. Es wäre besser, wenn wir eine nachprüfbare und transparente Quelle hätten.» Solange es die nicht gibt, stützt man sich eben auf abtrünnige besorgte Fans.
Dementsprechend gross ist die Nervosität in der Branche. «Niemand weiss genau, was hier passiert. Aber alle wissen, dass sie nicht die nächsten sein wollen», sagt ein hochrangiger Fussballfunktionär, der nicht genannt werden will, der «New York Times».