FCZ-Boss Ancillo Canepa muss drei Talente ziehen lassen
«Ich habe keine Lust mehr auf hysterische Mütter»

Nach den Abgängen von Elvedi, Oberlin und Sow fragt SonntagsBlick bei den Canepas nach, ob sie ihr Tafelsilber verscherbeln.
Publiziert: 05.07.2015 um 00:11 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 02:26 Uhr
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Zwei für den FCZ: Ancillo Canepa ist seit 2006 Präsident des FCZ. Seine Gattin Heliane stiess 2013 in den Verwaltungsrat. Inzwischen ist sie Delegierte.
Foto: Toto Marti
Von Michael Wegmann aus Oberstaufen

Wenige Tage nachdem mit Nico Elvedi (18), Dimitri Oberlin (17) und Djibril Sow (18) drei seiner grössten ­Talente den FCZ verlassen haben, sitzen die FCZ-Bosse Heliane und Ancillo Canepa im Garten des ­Aktivhotels Evviva des ehemaligen deutschen Nationalspielers Karl-Heinz Riedle in Oberstaufen im Allgäu.

BLICK: Müssen Sie Ihr Tafelsilber verscherbeln? Oder sind die Abgänge ein Zeichen dafür, dass das Geschäftsmodell des FCZ funktioniert?
Ancillo Canepa: Das mit dem ­Tafelsilber ist absoluter Blödsinn. Wir haben diese Transfers nicht angestrebt. Wir haben konkrete Angebote erhalten, und die drei Spieler wollten weg.

Heliane Canepa: Wir haben vor allem Dimitri Oberlin und Djibril Sow von einem Wechsel abgeraten. Und klar hätte ich es auch lieber gesehen, wenn Nico Elvedi noch eine Saison geblieben wäre. Aber wir wollten ihm diese grosse Chance nicht verbauen.

Ancillo: Immerhin hat Nico bereits einige Spiele in der Super League und in der Europa League absolviert.

Der FCZ blutet nicht aus?
Heliane: Ausbluten? Blödsinn. Wir haben gerade mal drei Talente ­verkauft. In unserer Academy ­haben wir noch viele junge Spieler, die den Sprung in die erste Mannschaft schaffen können.

Also sind diese Abgänge Beweis dafür, dass das «Geschäftsmodell FCZ» bestens funktioniert?
Ancillo: Das ist übrigens auch nicht das Geschäftsmodell des FCZ, das ist das Geschäftsmodell des Schweizer Fussballs. Die Super League ist eine Ausbildungsliga. Unser Modell ist es, mit jungen Spielern zu arbeiten. Wir wollen, dass so viele Junge wie möglich den Sprung ins Profikader schaffen. Deshalb investieren wir viel Geld in die Nachwuchsabteilung. Jährlich etwa dreieinhalb Millionen Franken.

Heliane: Wir haben beim FCZ eine vorbildliche Nachwuchsabteilung. Dafür sind wir europaweit bekannt.

Ancillo: In den letzten zwölf ­Monaten haben immerhin acht Nachwuchsspieler den Sprung in die erste Mannschaft geschafft.

Heliane : Wir haben ein Talentmanagement, bieten Spezial­trainings an, betreiben mit den Jungen ­Karriereplanung und Berufsbegleitung.

Trauen Sie Nico Elvedi zu, dass er sich bei Gladbach durchsetzt?
Heliane: Ja, ich traue es ihm zu. Mit Lucien Favre hat er den rich­tigen Trainer. Lucien weiss, wie man mit Talenten umgeht.

Ancillo: Nico wird sich durchsetzen, weil er die Qualitäten hat.

Und was ist mit Sow bei Gladbach und Oberlin bei Salzburg?
Heliane: Die beiden hätten hier bleiben und versuchen sollen, beim FCZ Stammspieler zu werden. Es gibt kaum einen, der als Junior ins Ausland gewechselt ist und es geschafft hat.

Ancillo: Johan Djourou ist in der Tat der Einzige, dem das gelungen ist. Alle anderen, wie Rodriguez, Mehmedi oder Drmic waren praktisch schon Stammspieler beim FCZ ...

Heliane: ... wir wollen doch auch, dass unsere transferierten Spieler Erfolg haben und wir voller Stolz am Sonntag die Leistungsbeurteilung unserer ehemaligen Spieler in der deutschen Presse verfolgen können. Aber Spieler und ihr Umfeld sollten halt etwas mehr Geduld aufbringen und den richtigen Zeitpunkt für einen Wechsel ins Ausland abwarten.

Ancillo: Ich habe ehrlich gesagt keine Lust mehr, mich mit hysterischen Müttern herumzuschlagen, die behaupten, ihre Söhne seien mindestens so gut wie ­Embolo! Und deshalb einen Stammplatz in der ersten Mannschaft fordern.

Heliane: Deshalb schauen wir bei der Förderung neuer Talente in Zukunft auch noch stärker auf Charaktereigenschaften und das familiäre Umfeld. Aber man muss schon auch sagen, dass sich diesbezüglich vieles zum Guten ver­ändert hat. In aller Regel haben wir es mit vernünftigen Spielern, Eltern und Beratern zu tun.

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