«Wir können die Europa League gewinnen»
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BLICK-Reporter Kreis zum FCB:«Mit Donezk wartet ein anderes Kaliber im Viertelfinal»

FCB-Terrier Xhaka vor Viertelfinal gegen Donezk
«Wir können die Europa League gewinnen»

Warum Taulant Xhaka (29) seinen Bruder Granit mit Sprüchen aufzieht. Weshalb sein FCB national enttäuscht, aber international überzeugt. Und was er von Coach Marcel Koller hält.
Publiziert: 08.08.2020 um 23:33 Uhr
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Aktualisiert: 12.08.2020 um 08:10 Uhr
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Taulant Xhaka würde seine Karriere gerne beim FC Basel beenden.
Foto: TOTO MARTI
Stefan Kreis

BLICK: Taulant Xhaka, haben Sie Kopfschmerzen?
Taulant Xhaka: Nein, warum meinen Sie?

Weil Sie den Viertelfinal-Einzug gegen Frankfurt wohl noch kräftig gefeiert haben, oder?
Es geht, wir haben in der Kabine ein Bierchen getrunken, aber nicht mehr. Ich habe ein Kind zu Hause, da kann ich nicht mehr gross feiern (lacht).

Können Sie nach solchen Spielen überhaupt schlafen?
Es ist immer schwierig. Man ist noch voller Emotionen, energie­geladen. Nach Abendspielen habe ich immer Mühe mit dem Schlafen.

Ist es nicht einfacher, nach dem Spiel runterzufahren, wenn man vor leeren Rängen spielt?
Das macht keinen grossen Unterschied. Wenn das Spiel anfängt, dann blendest du aus, dass keine Zuschauer da sind.

Als frischgebackener Vater ists sowieso schwierig mit Schlafen, oder?
Nein, überhaupt nicht. Unser Kleiner schläft sehr gut. Er geht um 9 Uhr ins Bett und schläft bis 6 Uhr durch. Da haben wir grosses Glück.

Wie hat sich Ihr Leben seit der Geburt des Sohnes verändert?
Es ist eine grosse Veränderung, man hat mehr Verantwortung, kann nach Siegen nicht bis spät nachts wegbleiben. Meine Frau braucht meine Unterstützung zu Hause.

Sind Sie auf dem Platz motivierter, seit Sie Vater sind?
Nein, fussballerisch hat sich nichts geändert, ich habe schon vor der Geburt immer 100 Prozent gegeben. Aber mein Kleiner motiviert mich schon, ich will für ihn gewinnen. Auch wenn er noch nicht richtig realisiert, dass ich Fussballer bin. Er war bereits einmal im Sta­dion, gegen YB. Wir haben gewonnen, er ist ein Glücksbringer. Mein Ziel ist, dass er mich irgendwann mal spielen sieht und mich auf dem Feld bewusst wahrnimmt.

Dafür müssten Sie Ihren im Juni 2021 auslaufenden Vertrag aber verlängern.
Ich habe immer gesagt: Wenn der Präsident mir einen Vertrag bis zu meinem Karriereende hinlegen würde, dann würde ich sofort unterschreiben. Mein Ziel ist es, meine Karriere beim FCB zu beenden. Ich will für keinen anderen Verein mehr spielen.

Würden Sie in der aktuellen Situation für den FCB auf Geld verzichten?
Darüber habe mir noch keine Gedanken gemacht, aber Geld spielt eine untergeordnete Rolle. Der FC Basel muss mir das Vertrauen geben, dann bleibe ich mein ganzes Leben lang.

Sie haben sich mit dem FCB schon zum dritten Mal für einen Europa-League-Viertelfinal qualifiziert. Wie hoch ist dieser Erfolg sportlich einzuschätzen?
Das ist sensationell. Wir können stolz auf uns sein. Wir haben bewiesen, dass wir international auf hohem Niveau mithalten können. Wir haben in zehn Spielen bloss vier Gegentore kassiert und 20 geschossen. Die Mannschaft hat Qualität.

Ist es für den FCB möglich, die Europa League zu gewinnen?
Auf jeden Fall. Wir müssen vor niemandem Angst haben und können jeden Gegner besiegen. Wenn wir weiterhin so spielen, dann hat keine Mannschaft ein leichtes Spiel gegen uns. Wir glauben fest daran. Wir haben Selbstvertrauen. In einem einzigen Spiel kann alles passieren.

Nun wartet mit Donezk aber ein anderes Kaliber als Frankfurt. Was sind die Stärken der Ukrainer?
Sie haben eine gute Mischung, stellen eine starke Defensive, stehen sehr kompakt. Und offensiv haben sie vier, fünf Brasilianer. Die sind schnell, technisch stark! Das ist eine Champions-League-Mannschaft und ein ganz harter Brocken. In meinen Augen ein Favorit auf den Europa-Leauge-Sieg.

Einmal mehr holt der FCB für die Super League die Kohlen aus dem Feuer. Muss die Schweiz euch dankbar sein?
Ich glaube, wir beweisen seit Jahren, dass wir da sind, wenns zählt. Und ich hoffe, dass uns die anderen Klubs in der Super League die Daumen drücken.

Warum überzeugt Ihr international, aber national habt Ihr 14 Punkte auf YB verloren?
Das ist schwierig zu beschreiben. Das sind komplett andere Spiele, zwei Welten. International probiert jede Mannschaft mitzuspielen, das liegt uns mehr. In der Liga stehen unsere Gegner oft hinten rein, dann wirds schwierig. Sie fahren einen Konter und plötzlich liegst du hinten.

Ist es nun ein gutes oder ein schlechtes Jahr?
Wir können nicht zufrieden sein mit dem dritten Platz. Und wir müssen in der nächsten Saison noch eine Schippe drauf legen.

Was halten Sie von Marcel Koller als Trainer?
Er stellt uns sehr gut ein, man spürt, dass er viel Erfahrung hat. Er redet oft mit den Spielern, zeigt Videos, ist taktisch sehr gut. Das hilft in jedem Spiel. Jeder weiss, was er machen muss, wo er stehen muss.

Würden Sie ihn gerne behalten als Trainer?
Von mir aus gerne, aber das entscheidet die Klubleitung.

Ist der Aufstand gegen Marcel Koller, als sich die Mannschaft beim Präsidenten über den Trainer beschwerte, vergessen?
Vergessen nicht, man hat die damalige Situation schon noch im Hinterkopf. Aber am Schluss entscheidet der Präsident, wies mit dem Trainer weitergeht. Wir Spieler müssen auf dem Platz parat sein.

Dein Bruder Granit ist mit Arsenal aus der Europa League geflogen, ihr seid noch dabei. Ziehen Sie ihn deswegen manchmal auf?
Natürlich mache ich ab und an einen Spruch. Aber Granit nimmt das locker. Er ist zurzeit in Basel und hat vor dem Spiel gegen Frankfurt gesagt, dass er fest an uns glaube und wir bis in den Final kommen können.

Granit sagt, als er von den Arsenal-Fans ausgepiffen wurde, habe das die ganze Familie schwer belastet.
Ja, aber Granit konnte immer auf die volle Unterstützung der Familie zählen.

Was konnten Sie ihm als älterer Bruder mitgeben?
Dass er ruhig bleiben soll. Dass wir alle Menschen sind und irgendwann vielleicht auch mal austicken. Wichtig ist, danach wieder ruhig zu bleiben. Ich finde, das hat er geschafft. Er ist gut aus der Krise rausgekommen.

Sie selbst haben nie im Ausland gespielt. Keine Angst, etwas zu verpassen?
Nein, ich habe immer betont, wie wohl ich mich beim FC Basel fühle.

Nach solchen Leistungen wie gegen Frankfurt werden aber Angebote kommen. Schauen Sie die überhaupt nicht an?
Natürlich schaue ich sie zusammen mit der Familie an. Aber wie gesagt: Wenn der FCB-Präsident mir einen Vertrag hinlegt, dann unterschreibe ich.

Auch wenn Sie bleiben. Der FCB wird die Mannschaft kaum zusammen halten können. Haben Sie Angst vor Abgängen?
Nein, es ist normal, dass unsere Spieler begehrt sind. Zum Beispiel Eray und Omar haben gute Leistungen gezeigt. Auch Silvan Widmer ist eine Maschine. Alle sind noch jung. Sie müssen das machen, was sie für richtig halten. Ich persönlich hoffe natürlich, dass sie bleiben.

Was halten Sie von den Nachwuchsspielern, die nachrücken könnten?
Sehr viel. Yannick Marchand beispielsweise hat enormes Potenzial. Er spielt die gleiche Position wie ich. Vielleicht ein wenig offensiver. Auch ein Tushi oder ein Vishi und weitere sind sehr gut reingekommen. Wir haben gute Junioren.

Gegen Frankfurt standen sieben Eigengewächse in der Startformation.
Das macht mich stolz, sehr stolz. Ich bin ja selber von hier, bin hier aufgewachsen, war schon früh im FCB-Nachwuchs. Es ist wichtig für die Identifikation mit dem Klub, dass wir eigene Spieler haben.

Coach Marcel Koller hingegen ist eine GC-Legende. Hat er deswegen Mühe, in Basel akzeptiert zu werden?
Nein, das darf keinen Unterschied machen. Ich persönlich habe es sehr gut mit ihm. Er gibt mir das Vertrauen. Weil ich alles reinwerfe für den Verein. Das spürt er. Weil er dasselbe tut.

Wegem dem Viertelfinal müssen Sie zum ersten Mal auf Ihren kleinen Sohn verzichten. Wie sehr schmerzt das?
Sehr, ich werde ihn vermissen. Aber das ist mein Job, das muss ich durchziehen. Und es gibt in der heutigen Zeit ja Skype.

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