Wer ihm einst als Fussballer den Übernamen Storch verpasst hat, wisse er nicht mehr, sagt Pius Fischbach. Weshalb man ihn denn so genannt habe, braucht man gar nicht erst zu fragen. Dafür reicht ein Blick auf seine langen Beine. Mit diesen ist er in den 70er-Jahren an der Seitenlinie rauf und runter gerannt – immer mit grosser Übersetzung.
«Ich war ein offensiver Linksverteidiger, ein wenig wie Marcelo heute. Ich weiss, das ist jetzt ein bitzeli ein vermessener Vergleich», sagt Fischbach und schmunzelt selbst über seinen Vergleich mit dem brasilianischen Ballzauberer von Real Madrid.
Highlight gegen Liverpool
Fischbach war nicht wie Marcelo. Fischbach war mehr Handwerker denn Künstler. Ein Publikumsliebling war er dennoch, auch wenn beim FCZ damals andere für die Galerie spielten: Allen voran die begnadeten Künstler Jure Jerkovic, Köbi Kuhn, Rosa Martinelli oder der fliegende Goalie Karli Grob. 1976 holen Fischbach & Co. mit dem FCZ das Double, 1977 stösst man dann im Europacup der Meister – der heutigen Champions League – gar bis in die Halbfinals gegen Liverpool vor. Noch immer der Höhepunkt der Klubgeschichte. Beim Rückspiel sind über 50 000 Fans in der Anfield Road. Fischbach: «Da war es unglaublich laut, die haben uns schon beim Einlaufen ausgepfiffen. Das hat uns eher angespornt als eingeschüchtert, dennoch waren wir chancenlos.»
Hotelzimmer-Sitzung
In bester Erinnerung ist ihm auch noch der Viertelfinal gegen Dynamo Dresden – vor allem die Teambesprechung vor dem Auswärtsspiel in der DDR, die Trainer Timo Konietzka kurzerhand in ein Hotelzimmer verlegt. «Timo war ein Fuchs. Weil ihm zugetragen wurde, dass Dynamo schon Teams abgehört haben soll, hat er uns aus Angst vor Wanzen in ein Hotelzimmer bestellt. So sassen wir also alle auf den beiden Betten und am Boden verteilt und hörten Timo zu.»
Die Hotelzimmer-Sitzung des FCZ jährt sich im März zum 43. Mal. Viele dieser FCZ-Superstars wie Konietzka, Martinelli, Zappa, Jerkovic, Grob und Kuhn sind tot – zuletzt wurde mit Fritz Künzli eine andere grosse FCZ-Legende beerdigt. «Bei unseren Treffen der Ehemaligen frage ich mich manchmal: Wo sind denn alle? Wir werden immer weniger. Klar, macht man sich da seine Gedanken», sagt Fischbach traurig. Er selbst ist mittlerweile 71, spielt Tennis, fährt regelmässig Velo und Ski und arbeitet noch immer. Und wie schon als Fussballer ist er dabei von Kunst und Künstlern umgeben.
Eigene Kunstgalerie
Der gelernte Rahmenvergolder führt seit 2002 Pius Fischbach Art, seine eigene Galerie am Bogen mitten in der herzigen Altstadt von Bremgarten. Unter anderen verkauft er da auch Werke seines Freundes Rolf Knie. Zudem organisiert der Aargauer Vernissagen und entwirft Einrichtungskonzepte für Hotels und Restaurants. «Ich arbeite sehr gerne, es macht mir Spass. Und meine Frau Trudi sagt immer: Solange er arbeiten kann, soll er.»
Er selbst glaubt, dass ihm die Arbeit gut tue, körperlich und geistig. «Einer meiner Freunde ist mittlerweile pensioniert. Seither weiss er manchmal nicht, ob er rechts, geradeaus oder links entlang gehen soll, wenn er am Morgen das Haus verlässt. Weil es ja egal ist, weil er nichts zu tun hat. Hat man keine Aufgabe, kann es schnell gehen...»
Fischbach hat eine Aufgabe, Zeit nimmt er sich dennoch. Am liebsten für seine Familie. Zuletzt war er gerade drei Wochen in Arosa in den Skiferien, mit seiner Frau, seinen Kindern und seinen beiden Enkeln. «Wenn drei Generationen noch zusammen Skifahren können, ist das doch wunderschön.»
«Ich denke, ich bin fussballsüchtig»
Obwohl er seit seinem Fussgelenkbruch vor 40 Jahren nicht mehr Fussball spielt, lässt ihn dieser Sport nicht mehr los. Fischbach fiebert bei den «Mätschlis» seines achtjährigen Enkels genau so mit wie zuhause vor dem TV bei Super- oder Champions-League-Partien. «Ich denke, ich bin fussballsüchtig», sagt Fischbach und lacht, «zum Glück haben wir zwei Fernseher zuhause, sonst wäre Trudi wohl schon lange ausgezogen.» Der Fussball ist auch in seiner Galerie allgegenwärtig. Denn längst nicht alle, die in seine Galerie kommen, wollen Bilder kaufen. Einige wollen auch nur mit dem sympathischen Ex-Nati-Spieler plaudern.
Sein bestes Länderspiel zeigte er im Herbst 1975 beim 0:1 gegen die Sowjetunion. Er spielt so gut, dass er später von seinem Gegenspieler, dem Stürmerstar Oleg Blochin, in dessen Europa-Auswahl gewählt wurde. Mit in der Auswahl: Franz Beckenbauer oder Johan Cruyff.
Der Storch aus Villmergen inmitten von Künstlern – damals auf dem Platz und heute in der Galerie.