Es droht Zoff wegen CC und Lausanne
Alles zum grossen Abstimmungstag im Schweizer Fussball

Die Messer sind gewetzt. Das Gemetzel kann steigen. Liga gegen Klubs. Komitee gegen Klubs. Klubs gegen Klubs. Romandie vs. Deutschschweiz. Zwei Beschlüsse. Und danach Gerichte.
Publiziert: 28.05.2020 um 20:18 Uhr
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Aktualisiert: 29.05.2020 um 11:22 Uhr
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Wie stimmen die Schweizer Fussballklubs am Freitag ab? (Archivbild)
Foto: Urs Lindt/freshfocus
Alain Kunz

Solch eine ausserordentliche Generalversammlung wie diesen Freitag hat die Swiss Football League (SFL) in ihrer 91-jährigen Geschichte noch nicht erlebt. Okay, die Situation ist ja auch aussergewöhnlicher als jemals zuvor. Und deshalb sind die Klubs auch uneiniger als jemals zuvor.

Die SFL ihrerseits will ihre Interessen durchbringen. Kompromisslos. Gnadenlos. Man ist fast geneigt zu sagen: Im Stil von Sion-Boss Christian Constantin. Und die Klubs drohen bereits jetzt mit dem Gang vor die Gerichte.

Sogar das Wort «Diktatur» fällt

Einer nimmt gar kein Blatt vor den Mund: Lausanne-Vizepräsident Stefan Nellen. Exekutive von Präsident Bob Ratcliffe, Statthalter von Weltunternehmen Ineos, stellt eine ketzerische Frage: «Wenn ich das Gebaren des Komitees sehe, so muss man das doch als diktatorisch bezeichnen – nicht? Das Komitee und die Liga, welche ja die Klubs vertreten, hat nicht das Recht so zu funktionieren.»

Was er meint mit «so»: Dass zum Beispiel die drei Vorschläge, die man einst den Klubs in Bezug auf eine allfällige Qualifikation von neu verpflichteten Spielern in der unterbrochenen Saison, nun vom Tisch sind. Es gibt keine Optionen mehr.

Wenn die Klubs am Freitag beschliessen, die Saison am 19. Juni fortzuführen, dann ohne neue Spieler. Die dürfen nicht eingesetzt werden. Also darf der FC Sion den eben von Neuchâtel Xamax geholten Serey Die diese Saison nicht auflaufen lassen. «Die hintergehen uns doch», sagt CC, der der Leidtragende sein wird von etwas, was den Anruch einer Lex Constantin hat. Arbeitsrechtlich ist das nämlich kaum haltbar.

So wird CC reagieren

Die Diskussionen werden hitzig sein. Doch am Ende wird abgestimmt. Und weil die aktuellen grossen Vier (YB, Basel, FCZ, Servette) sowie praktisch die gesamte Challenge League für Weiterspielen ist, wird am 19. Juni die Saison fortgesetzt.

Ausser ein Gericht erlässt eine superprovisorische Massnahme. Eine solche wird CC verlangen, weil er durch das Spielen über den 30. Juni hinaus mit dem Einsatz von Spielern, deren Verträge dann ausgelaufen waren und verlängert werden mussten, das Wettbewerbsrecht verletzt und die Chancengleichheit nicht gewahrt sieht.

Ein Rechtsgutachten der Liga soll dem Begehren von CC eine zehnprozentige Erfolgschance eingeräumt haben, in welchem sich der Walliser Architekt seinerseits durch ein Rechtsgutachten bestärkt sah. Nellen sagt dazu nur: «Rechtsgutachten bestätigen immer die Meinung desjenigen, der sie in Auftrag gibt und zahlt.» Haben auch deshalb die Waadtländer ihrerseits auch Gutachten erstellen lassen?

Für Aufstockung brauchts plötzlich Zweidrittelmehrheit

Danach gehts um die Aufstockung der Super League auf zwölf Teams. Mit einfacher Mehrheit beschliessbar, weil die Grösse der SFL (20 Klubs) nicht angetastet wird. Zitat Liga-CEO Claudius Schäfer, vor gut zwei Wochen: «Es braucht nur eine einfache Mehrheit.»

Doch was steht in den Dokumenten, die Anfang Woche vom Komitee ausgearbeitet und den Klubs am Dienstag zugestellt wurden? Es braucht nun doch plötzlich eine Zweidrittelmehrheit. Weil es sich dabei um eine Reglementsänderung handle, die der Zustimmung des Verbandsrates des SFV bedürfe. Schäfer marschiert da trittsicher in Constantinschen Spuren, der sich des Adenauerschen Bonmots «Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern» mit grosser Regelmässigkeit befleissigt.

Reisst der Röstigraben auf?

So hat der Antrag von Lausanne-Sport natürlich keinerlei Chancen. Da muss man sich nicht mal Gedanken machen darüber, wie unrealistisch oder gar idiotisch er sein mag: Er ist chancenlos. «Ich liebe die Schweiz deshalb so sehr, weil sie echt demokratisch ist. Nun kann ich nur hoffen, dass die Demokratie auch hier noch siegt. Doch wenn ich sehe, wie das Komitee mit seinen Stimmen jegliche Initiative abblocken kann, so ist das alles andere als Fairplay. Das geht in einem demokratischen System eigentlich nicht.»

Und so kommt es wohl, wie es kommen muss: Lausanne, das dafür ist, die Saison zu beenden, droht damit den Internationalen Sportgerichtshof in Lausanne anzurufen.

Damit sind zwei Dinge klar: Auch nach den morgigen Entscheidungen wird nicht alles klar sein. Und der Röstigraben lebt im Fussball wie seit Jahrzehnten nicht mehr! Das kann noch heiter werden am Freitag in der Heimstätte des Meisters…

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